Michael Northrops "Schieflage" - F steht für Follidiot

Michael Northrops Schulgeschichte entwickelt sich zu einem Psychothriller für Jugendliche.  

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Alles fängt an einem ganz normalen Dienstag an, irgendwo an einer Highschool in den USA, wo Rucksäcke verboten sind, seit ein Junge angeschossen wurde. Die Schüler sind nach ihrem Vermögen, beziehungsweise ihrer Lernbereitschaft, eingeteilt; der lässig-coole Ich-Erzähler Mike geht in die 10 F: "10 F steht für zehnte Klasse, Förderunterricht. Ganz einfach, was? Nee, das F steht für Follidiot, alberten die anderen Schüler immer rum, aber wenn wir vier in der Nähe waren, hielten sie lieber die Fresse."

Mit "wir vier" meint Mike: Tommy, Mixer, Bones und sich selbst. Als Tommy im Matheunterricht ausrastet, sein Pult umschmeißt und verschwindet, verliert die Gruppe das Gleichgewicht. Wo ist Tommy? An dieser Frage entzündet sich die Geschichte, die sich zu einer Art Psychothriller entwickelt. Denn bei den Freunden regt sich ein Verdacht – gegen den kauzigen Englischlehrer, Mr. Haberman. Der hatte am Tag des Verschwindens die neue Lektüre, "Verbrechen und Strafe", mit einem kuriosen Experiment vorgestellt: Alle sollten mit einem Knüppel auf die große, schwere Tonne einschlagen, um zu erraten, was drin ist. Die geäußerten Vorstellungen wurden an der Tafel notiert; Mike kommt auf "irgend eine Art Fleisch".

Eine Woche später wird für Mike nichts mehr normal sein: Die Jungs haben dem Englischlehrer einen Besuch abgestattet – der dramatisch war! Dabei war schon vorher einiges in Schieflage: Mike verlor als Kleinkind ein Auge – nachdem sein Vater ihn mit einem Schraubenschlüssel verdroschen hatte. Auch die Kleinstadt ist nicht gerade idyllisch: Die Bahnlinie ist stillgelegt, Siedlungen sind verlassen, wer hier ein Haus hat, kettet einen Hund davor. Diesem tristen Hintergrund steht Mikes frischer, beredsamer Ton gegenüber. Immer wieder adressiert er das Publikum, gibt Hinweise, deutet etwas an. Spricht so wirklich ein Förderschüler? Ist Mike nicht zu smart, um in diese Klasse zu gehen? Er ist der Einzige, der die Lektüre liest und sich mit der Figur des Mörders Raskolnikow auseinandersetzt, wenn auch nur, um dem Lehrer auf die Spur zu kommen. Immer neue Theorien entwickelt Mike, was Tommy und den Inhalt der Tonne angeht, und der Leser folgt seinen Fantasien – wie Mixer und Bones – bereitwillig. Aber Achtung: Mikes Wahrnehmung ist eingeschränkt. Als er beobachtet, wie Bones die alkoholisierte Klassenschönheit vergewaltigt, und nicht eingreift, ahnen wir es schon: Beim nächsten Mal wird er ihn auch nicht stoppen können. Dass sich die Story in der deutschen Übersetzung so spannend liest wie im Original, ist der gelungenen Übertragung von Ulrich Thiele zu verdanken. Nach der Lektüre will man gleich weiter lesen: "Verbrechen und Strafe" von Fjodor M. Dostojewski.
– Michael Northrop: Schieflage. Roman. Aus dem Amerikanischen von Ulrich Thiele. Loewe Verlag, Bindlach 2013. 240 Seiten, 6,95 Euro. Ab 13.

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