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Kot düngt das gesamte Ökosystem

dpa

Von dpa

Di, 14. Mai 2019

Panorama

Zwei Studien an unterschiedlichen Orten zeigen, wie wichtig Hinterlassenschaften einzelner Tierarten für die Biodiversität sein können.

Der Kot des Südlichen See-Elefanten fördert das Wachstum von Kleintieren.  | Foto: Picasa
Der Kot des Südlichen See-Elefanten fördert das Wachstum von Kleintieren. Foto: Picasa

AMSTERDAM/POTSDAM (dpa). Was vorne gefressen wird, kommt irgendwann einmal hinten wieder raus. Das ist eine der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten bei allen Tieren. Und offenbar können solche Hinterlassenschaften für ein ganzes Ökosystem überlebenswichtig sein. Das belegen zwei Studien, die unabhängig voneinander entstanden, aber fast zeitgleich erschienen sind. Während die einen Forscher ihre Proben in Eiseskälte nahmen, dürften die anderen heftig geschwitzt haben.

Wo Pinguine und Robben hinmachen, da lebt die Antarktis auf. Die Hinterlassenschaften von Pinguinen und See-Elefanten wirken sich einer Studie zufolge positiv auf die Artenvielfalt in ihrer Umgebung aus. Vor allem Stickstoff verteile sich weit über die Grenzen der Tierkolonien hinaus und bilde die Lebensgrundlage unter anderem für Kleintiere wie etwa Insekten und Milben, schreiben niederländische Forscher in der Fachzeitschrift Current Biology.

Das Team um Stef Bokhorst von der Universität Amsterdam untersuchte drei Orte auf der Antarktischen Halbinsel. Die Halbinsel erstreckt sich weit nach Norden Richtung Südamerika und hat ein relativ mildes Klima – im Sommer werden sogar Plusgrade gemessen. Auf den untersuchten Flächen gibt es große Kolonien von Südlichen See-Elefanten und drei Arten von Pinguinen – Adeliepinguine, Eselspinguine und Zügelpinguine.

In der Umgebung der Kolonien, in denen pro Quadratkilometer bis zu 230 000 Pinguine und bis zu 25 000 Robben lebten, analysierten die Forscher Böden, Pflanzen und Tiere. Um besonders große Tierpopulationen fanden sie noch in Entfernungen von mehr als tausend Metern die positiven Effekte der Pinguin- und Robbenverdauung.

In Moosen und Flechten identifizierte das Forscherteam dort im Vergleich zu benachbarten Arealen achtmal mehr wirbellose Tiere wie etwa Springschwänze, Milben und Fadenwürmer. Der Artenreichtum geht der Studie zufolge anscheinend vor allem auf erhöhte Stickstoffkonzentrationen zurück. "Wir sehen, dass der Kot von Robben und Pinguinen teilweise als Ammoniak verdunstet", erläutert Forscher Bokhorst. "Das Ammoniak wird vom Wind ins Inland getragen, gelangt in den Boden und gibt den Stickstoff frei, den Lebewesen brauchen, um in dieser Landschaft zu überleben."

Tausende Kilometer entfernt, in der Nähe des Äquators, sind andere Forscher auf ähnliche Ergebnisse gestoßen – bei Nilpferden. Diese transportieren mit ihrem Kot große Mengen Silizium vom Land ins Wasser. Sie nehmen das in Gräsern steckende Silizium beim Fressen auf und scheiden es bei ihren Ruhepausen im Wasser wieder aus. Das berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Science Advances. Da Silizium lebensnotwendig für das Wachstum von Kieselalgen sei, die am unteren Ende der Nahrungskette stehen, spielten die Nilpferde eine entscheidende Rolle im Ökosystem afrikanischer Seen und Flüsse.

Die Forscher hatten die Bedeutung des Kots in einem Naturschutzgebiet in Kenia untersucht. Den Großteil des Tages dümpeln die Tiere dort im Wasser. Nachts verlassen sie Flüsse und Seen und grasen an Land. Dabei nahmen die beobachteten Nilpferde zusammen täglich etwa 800 Kilogramm Silizium auf, das in den Pflanzen steckt. Während die meisten anderen weidenden Tiere das Silizium an Land wieder ausscheiden, landet der Dung der Nilpferde häufig im Wasser. Für Organismen wie Kieselalgen ist Silizium lebensnotwendig. Die Einzeller bilden Sauerstoff und stellen in vielen Ökosystemen die Grundlage der Nahrungskette dar.

Ressort: Panorama

  • Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der BZ vom Di, 14. Mai 2019:
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