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Ohrenmassage mit Altersgrenze

  • Madeleine Arens & Julia Meier

  • Fr, 27. April 2001
    Zisch

     

Sensation in der Medienlandschaft (1): Bei DasDing machen Jugendliche Radio für Jugendliche - und das hört sich ziemlich gut an.

"DasDing, das ist einfach nur cool und ich wollte schließlich auch zu den Coolen gehören." Anstelle des Brustbeutels baumelt jetzt der Backstage-Pass um Nils' Hals. Er hat es geschafft: Der 22-Jährige gehört seit zwei Jahren zum Radioteam von DasDing.

Jung, wild, bunt - seit 1997 mischt der Jugendsender des SWR die Radiolandschaft erfolgreich auf. Wer hier arbeitet, hat keine Lust auf 08/15-Bürojobs. Wenn zweimal täglich einer der Ding-Coaches: "Konferenz!" ruft, dann strömen die Radiomacher - Studenten und Schüler - zusammen. Kurze, freche Radiobeiträge werden präsentiert, doch die sind das Ergebnis harter Arbeit. Mitten in die konzentrierte Stille ruft Moderatorin Conny: "Achtung Idiotenalarm!" Irgendjemand hat den Chat von DasDing mit uncoolen Sprüchen blockiert. Jetzt sind die Computerfachleute gefragt, die Moderatoren und Producer wühlen sich weiter durch das Chaos von Telefonen, Computern und Papier.

Anspannung kommt erst auf, als Doro, Moderatorin von "Sprechstunde spezial", von der enormen Verspätung ihrer Gäste erfährt. Jan Delay und Denyo 77 sollen die zweistündige HipHop-Sendung am Abend gestalten. Aber jetzt wird Doro wohl erst einmal alleine vor dem Mikrophon sitzen und denken: "Sind eben dumme HipHopper".

"Was uns nicht interessiert, interessiert die ganze Welt der jungen Leute nicht." DasDing-Moderatorin Conny

Von alldem bekommt Conny nichts mit. Sie moderiert gerade "Mahlzeit" und tanzt singend zwischen Mischpult und Computer in ihrem "Glaskasten" herum. Normal ist hier eben "alles, was du willst." Und das wissen Jugendliche selbst am Besten. Berufsjugendliche gibt es im Team nicht. Alle "Dinger" sind zwischen 14 und 25 Jahre alt. "Was uns nicht interessiert", meint Conny, "interessiert die ganze Welt der jungen Leute auch nicht." Von "üblen Themen" wie der Steuerreform lässt sie die Finger weg. Lieber machen sich die Radiomacher im Beitrag "Die Leiden der jungen Mädchen" über den Stil der Bild-Zeitung lustig.

Das Gedudel der Mainstream-Sender will beim Ding keiner hören. Stattdessen versucht man, einen Querschnitt durch die Musikpalette der Jugendszene zu liefern. Damit aber nicht nur die Leute im kleinen Sendegebiet oder bei Schulprojekten etwas von DasDing zu hören bekommen, gibt es eine Homepage, digitalen Empfang und eine Fernsehsendung.

Doros Anspannung hat sich inzwischen zu echtem Stress gesteigert. Ein kurzes Telefonat - mehr hat sie von ihren Gästen nicht gehört. Also flötet sie weiter tapfer ins Mikrophon: "In zehn Minuten sind sie da." Denyo77 hat wohl Recht mit seinem neuen Lied:"Vaul und späht". Die Studentin für Germanistik und Kunstgeschichte muss sich für ganze 75 Minuten hinter ihren Apparaten verschanzen, bis es endlich an den Glaskasten klopft. "So, die Jungs haben sich von der Autobahn verabschiedet und sind gleich bei mir in der Sprechstunde," grinst Doro erleichtert.

Innerhalb von Minuten werden die HipHopper im Studio heimisch. "Hey Leute", brabbelt Jan Delay in sein Mikro, "jetzt startet die Live-Sendung. Sag mal Denyo, bist du immer faul und spät?" - "Ne Jan, damit mein' ich eine Art von Lebenseinstellung. Eben nicht dauernd ordentlich oder sekundenpünktlich. Aber lass uns erstmal Mucke zaubern." Jetzt tanzt man nicht mehr nur im Glaskasten. Der Stress verfliegt und vor dem Studio entspannen sich sogar die mit angereisten Tourmanager der HipHopper. Die interviewen sich gegenseitig, scherzen mit den zugeschalteten Hörern und beantworten neugierige E-Mails. Die beiden machen ihr Ding so cool, dass sie eine halbe Stunde überziehen dürfen. Dann ist die "Sprechstunde" vorbei. Doch für Jan Delay ist die Party noch lange nicht zu Ende: Wer ihn nicht bei DasDing gehört hat, besucht ihn einfach am 28. Mai in der Freiburger Stadthalle.

Ressort: Zisch

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 27. April 2001: PDF-Version herunterladen

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