Bundesaufnahmeprogramme

Pakistan schiebt erneut Afghanen aus Aufnahmeprogramm ab

Mehr als 2.000 Menschen aus Afghanistan warten in Pakistan auf ihre Ausreise nach Deutschland. Doch dann werden sie in ihren Unterkünften von Sicherheitskräften überrascht.  

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Geflüchteter Afghane in Pakistan (Archivbild)  | Foto: Nabila Lalee/dpa
Geflüchteter Afghane in Pakistan (Archivbild) Foto: Nabila Lalee/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Islamabad (dpa) - Behörden in Pakistan haben erneut mehrere Afghanen festgenommen, die fest mit einer Ausreise nach Deutschland rechnen. Mindestens 20 Menschen seien in der Nacht zum Donnerstag in Abschiebezentren in der Hauptstadt Islamabad gebracht worden, sagte ein lokaler Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Die Bundesregierung hat laut Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) Kenntnis davon. Die pakistanischen Behörden seien informiert, dass unter den Betroffen der jüngsten Maßnahmen auch Menschen im deutschen Aufnahmeprogramm seien, sagte Dobrindt am Rande seiner Sommerreise durch Sachsen-Anhalt. 

Auf die Frage, ob bereits nach Afghanistan abgeschoben Menschen nun zurückgeholt würden, antwortete Dobrindt, es bestehe über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein Kontakt zu diesen Menschen und es gebe auch Unterstützung für sie. Es werde zudem in jedem Einzelfall geprüft, ob eine rechtsverbindliche Verpflichtung zur Aufnahme bestehe. Und es werde eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt.

Monatelanges Warten auf Ausreise nach Deutschland

Derzeit warten mehr als 2.000 Afghanen im Rahmen der verschiedenen Aufnahmeprogramme in Pakistan auf eine Ausreise nach Deutschland. Sie sind ehemalige Ortskräfte oder gelten als besonders gefährdet. Da die deutsche Botschaft in Kabul seit dem Fall Afghanistans an die islamistischen Taliban im August 2021 geschlossen ist, durchlaufen sie in Pakistan ein Prüfverfahren. Allein bis zum Gespräch mit den Sicherheitsbehörden vergehen oft Monate. 

Afghanen in Pakistan sagten der dpa, es habe am Mittwoch Razzien in mehreren Unterkünften gegeben. Diese dauerten auch am Donnerstag an. Ein Besitzer eines Gästehauses in Islamabad sagte, sieben Familien seien in seiner Unterkunft festgenommen worden. In einem anderen Gästehaus wurden nach Angaben eines Wächters neun Familien am Donnerstag von Behörden mitgenommen. 

Der dpa liegen auch Aussagen eines Afghanen vor, der bereits in die Grenzstadt Peschawar gebracht wurde. Ein anderer Bewohner der Gästehäuser berichtete von Familien, die aus Furcht vor weiteren Verhaftungen bereits ihre Koffer gepackt hätten. Laut Reporter ohne Grenzen hat die pakistanische Polizei auch einen Journalisten mit Aufnahmezusage sowie seine Familienmitglieder bereits am Mittwoch in ein Abschiebelager gebracht. Die Organisation forderte die Bundesregierung auf, sich für seine Freilassung einzusetzen.

Die Zeitungen "taz" und "Welt" berichteten unter Berufung auf mit der Angelegenheit betraute Personen, dass bereits weitere Afghanen in ihre Heimat abgeschoben worden seien. Die Organisation Kabul Luftbrücke berichtete ebenfalls von Personen, die nach Afghanistan zurückkehren mussten.

Pakistan schiebt seit 2023 massenhaft Afghanen ab

Es war nicht unmittelbar klar, ob die Geschehnisse mit den allgemeinen Maßnahmen Pakistans gegen Migranten und Flüchtlinge aus Afghanistan zusammenhängen oder sich gezielt gegen Afghanen im deutschen Aufnahmeprogramm richten. Es ist davon auszugehen, dass die pakistanischen Behörden wissen, in welchen Gästehäusern sich Afghanen befinden, im deutschen Aufnahmeprogramm sind.

Pakistan hatte Ende 2023 mit der Massenabschiebung unregistrierter afghanischer Flüchtlinge begonnen. Seit April weist das Land auch registrierte Menschen aus. Langfristig plant Islamabad die Ausweisung von drei Millionen Afghaninnen und Afghanen. Beobachtern zufolge will Pakistan mit den Massenabschiebungen den Druck auf die islamistischen Taliban in Afghanistan erhöhen.

Aufnahmeprogramme gestoppt

Nach der Machtübernahme der Taliban wurden in Deutschland verschiedene Aufnahmeverfahren für Afghanen eingerichtet. Andere Aufnahmeprogramme, etwa für die Bundeswehr tätige Ortskräfte, existierten bereits seit Jahren. Die neue Bundesregierung von Union und SPD stoppte die Programme Anfang Mai. 

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom 20. Juni warten rund 2.400 Afghaninnen und Afghanen in Pakistan darauf, dass sie ein Visum bekommen. Unter den Afghanen mit Aufnahmezusage sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums etwa 350 ehemalige Ortskräfte deutscher Institutionen mit ihren Angehörigen. In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik, dass sich die Aufnahmeverfahren zu lange hinzögen. Die pakistanischen Behörden hatten bereits in den vergangenen Monaten mehrere Afghanen mit Aufnahmezusage für Deutschland vorübergehend festgenommen. 

Kritik an deutschen Behörden

Von Kabul Luftbrücke hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung, dass die Organisation ständig neue Hilferufe erreichten. Pakistanische Sicherheitskräfte würden teils Gewalt anwenden und es lägen der Organisation auch Berichte vor, dass Familien getrennt würden. "Die Deutsche Botschaft Islamabad kann die Betroffenen offenkundig nicht effektiv schützen", hieß es. Kabul Luftbrücke forderte die umgehende Ausstellung der Visa für die Betroffenen.

© dpa‍-infocom, dpa:250814‍-930‍-910698/3

Schlagworte: Alexander Dobrindt, Monatelanges Warten

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