Schlagende Verbindung

Christoph Palmers handfeste Treue führt zum jähen Ende einer steilen Karriere / Von Bettina Wieselmann.  

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W as schön ist, sieht Kunstfreund Christoph Palmer, wenn er vom Schreibtisch seines kleinen Zimmers aufblickt und das Plakat von der idealen Renaissance-Stadt Pienza sieht. Was dem Politiker Palmer wichtig war, hängt als Ausschnitt aus der New York Times an der Tür daneben: Christoph Palmer und Kanzler Kohl auf einem Foto vereint.

Schön ist sonst nichts in diesem kargen Zimmer im zweiten Stock in der Ulrichstraße 19, einer Landtagsdependance, wo neben dem einstigen Villa-Reitzenstein-Residenten nur noch die Drucksachenstelle und der Petitionsausschuss untergekommen sind. Auch wenn der Terminkalender noch voll ist, die kroatische Konsulin Rat sucht, Waldorfschuleltern beim Stuttgarter Abgeordneten, der sich in ersten parlamentarischen Vorstößen versucht, vorstellig werden oder Palmer als Präside des Diakonischen Werks Württembergs gefragt ist, richtig wichtig ist er nun nicht mehr.

"Man ist schnell aus dem System draußen", hat Christoph Palmer inzwischen erfahren. Achteinhalb Jahre war er sehr drinnen, erst als Staatssekretär im Kunstministerium und danach als Erwin Teufels Medien- und Europaminister. Er konstatiert es kühl, gibt sich betont gelassen. "Ich bin nicht das grantelnde Sturzopfer. Es war schon richtig so." Bloß keine Emotionen zeigen. Nicht noch einmal.

"Ich breche jetzt auch nicht mit der Politik." Christoph Palmer

Einmal, am 24. Oktober, am Abend der Stuttgarter OB-Wahl, hat der 42-jährige CDU-Kreisvorsitzende Gefühle gezeigt. Ausgerechnet er, der doch immer mit dem distanzierten Habitus dessen auftritt, der sich bis ins Letzte im Griff hat, kontrolliert in jeder Situation: Überdreht, schier außer sich umarmte Palmer zunächst Freunde wie Gegner, als es entgegen allen Befürchtungen doch gelungen war, den alles andere als PR-gängigen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster im Amt zu halten.

Während der Wahlfeier schlug Palmer unvermittelt zu: Backpfeifen trafen den Bundestagsabgeordneten Joachim Pfeiffer, der ein Freund und nicht nur Parteifreund Palmers ist. Freilich war Backpfeiffer auch ein Kritiker einer weiteren Amtszeit Teufels und machte daraus wider alle Absprachen (wie Palmer sagt), gewissermaßen ohne Rücksicht auf Verluste, auch kurz vor der OB-Wahl keinen Hehl.

Eine Gemengelage aus persönlicher Enttäuschung und noch nicht abgefallener Anspannung habe sich in der "unverzeihlichen emotionalen Aufwallung" entladen. Hinzu kam wohl auch: Minuten bevor sich Palmer aus Amt und Würden schlug, hatte er Teufel an der Tür des Ratskellers verabschiedet, wissend, dass der Ministerpräsident tags darauf seinen Rücktritt ankündigen würde.

Dass Teufels Ziehsohn ("in vielen Fragen ticken wir gleich") auch um die eigene Karriere fürchtete, würde er nie sagen. Im Gegenteil. Er sei "vermutlich jetzt deshalb so gelassen und gar nicht aus der Spur geworfen, weil ich nie erpicht darauf gewesen bin, beruflich in die Politik zu gehen". Mag sein. Gegangen ist es dann doch ganz anders: Palmer wurde Mitglied im Stuttgarter Gemeinderat, Berater der CDU-Landtagsfraktion. Zwei Jahre immerhin hatte der promovierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler an der Polizeihochschule in Villingen-Schwenningen eine Politik-Professur inne. Bis ihn Erwin Teufel 1996 nach Spaichingen rief und dem mandatslosen Parteifreund den Staatssekretärsposten anbot - "nicht im Leben habe ich damit gerechnet".

Fleißig, begabt, machtbewusst: Christoph Palmer hat zu gern an den Stellschrauben der Politik gedreht, um ihr für immer den Rücken drehen zu wollen: "Ich habe das Fenster nicht offen, aber ich breche jetzt auch nicht mit der Politik", sagt er. Erst einmal aber will er eine ganz andere Herausforderung suchen. Gespräche gebe es, Entscheidungen noch nicht. Doch die Voraussetzungen dafür stünden nicht schlecht: "Man hat sich ja einen gewissen Namen aufgebaut." Mit dosiertem Understatement, doch ausreichend selbstbewusst sagt Christoph Palmer das, nicht ohne hinzuzufügen, dass ihm in "über 1000 Briefen" Bedauern über seinen Rücktritt entgegenschlug. Und durch den Stolz scheint ein wenig Emotion zu scheinen.

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