Grubenunglück als Startsignal

Seit 70 Jahren dienen in Deutschland Blutspenden als Lebensretter

Ohne Blutkonserven hätten viele Patienten keine Überlebenschance. Viele Bergleute waren – wegen eines Unglücks knapp zwei Jahre zuvor – 1952 beim ersten offiziellen Blutspendetermin in Deutschland dabei.  

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Blutkonserven werden im Zentrallabor d...dedienstes  gefiltert und aufbereitet.  | Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)
Blutkonserven werden im Zentrallabor des DRK-Blutspendedienstes gefiltert und aufbereitet. Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)
Eine gewaltige Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosion erschütterte am 20. Mai 1950 die Zeche Dahlbusch in Gelsenkirchen. 78 Bergleute starben, denn zur Versorgung der Verletzten fehlten Blutkonserven. Sie mussten aus Frankreich herangeschafft werden. Das war das Startsignal für die Gründung eines deutschen Blutspendedienstes, berichtet das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das den Dienst damals im staatlichen Auftrag aufbaute.

Vor 70 Jahren, am 29. Februar 1952, fand der wohl erste offizielle Blutspendetermin in Deutschland statt – in Gelsenkirchen mit 95 Blutspendern, viele von ihnen ebenfalls Bergleute. Heute werden deutschlandweit jeden Tag 14 000 bis 15 000 Blutspenden benötigt, vor allem für Krebspatienten und für Unfallopfer. Das Deutsche Rote Kreuz ist nach wie vor der wichtigste Anbieter, der bundesweit rund drei Viertel der Spenden abdeckt. Dazu kommen private Unternehmen und eigene Blutbanken großer Kliniken.

Fast jeder zweite Mensch in Deutschland hat nach Untersuchungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in seinem Leben schon mindestens einmal Blut gespendet. Nach einem Gesundheitscheck werden dabei 500 Milliliter Blut abgenommen. Ein Labor untersucht die Spenden auf Krankheitserreger wie Hepatitis und HIV. Danach wird das Blut mit Zentrifugen in seine Bestandteile aufgeteilt. Direkte Blutübertragungen vom Spender zum Patienten, wie früher üblich, sind heute die absolute Ausnahme.

Lange vorbei sind auch die Zeiten, in denen Ehrenamtliche das gespendete Blut in Glasflaschen regelmäßig schütteln mussten, damit es nicht verklumpte. Heute landet das Blut in Einmalbeuteln und bleibt dort während der kompletten Weiterverarbeitung bis zum Verschweißen für die Auslieferung an die Krankenhäuser. Für das Schütteln gibt es automatische "Schüttelwaagen".

Personalintensiv ist das Sammeln und Verteilen aber weiterhin: Allein der Blutspendedienst West des Roten Kreuzes, der NRW, Rheinland-Pfalz und das Saarland versorgt, beschäftigt 1300 Menschen plus Zehntausende ehrenamtliche Helfer. Im zentralen Labor des DRK-Blutspendedienstes West in Hagen werden jeden Tag rund 3500 Blutspenden verarbeitet. Von dort aus müssen sie bei Bedarf rund um die Uhr an Kliniken geliefert werden. "Wir fahren sehr viel Blut jeden Tag viele Kilometer quer durchs Land", sagt der Sprecher des DRK-Blutspendedienstes, Stephan David Küpper.

Die Bestandteile der Spende haben unterschiedliche Aufgaben: Die roten Blutkörperchen, mengenmäßig gut die Hälfte der Spende, sind für die Versorgung der Körperzellen bei hohen Blutverlusten erforderlich. Aus dem Blutplasma entstehen auch Medikamente etwa für die Krebstherapie. Blutplättchen sind lebenswichtig, weil sie eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung spielen.

Zeit ist dabei kostbar: Die klassische Blutkonserve hält laut dem Deutschen Roten Kreuz 42 Tage. Gespendete Blutplättchen müssen sogar innerhalb von vier Tagen übertragen werden. Krankenhäuser und Notfallmediziner können das Blut deshalb nur bedingt aufbewahren und sind auf Kontinuität angewiesen.

Die Ferienzeit dämpft wegen der vielen Auslandsurlauber regelmäßig die Spenderzahlen – das sei der normale Spendenzyklus, sagt Küpper. Im vergangenen Sommer kamen aber Corona und die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit vielen überschwemmten oder nicht zugänglichen Spendelokalen hinzu. Blutkonserven wurden knapp, wie die Bundeszentrale Ende Juli 2021 warnte.

Aktuell sei die Lage gut, sagt der DRK-Sprecher. Aber sobald Corona-Restriktionen aufgehoben werden und die Bevölkerung auch durch das wärmere Wetter mobiler werde, gingen erfahrungsgemäß die Spenderzahlen wieder zurück. "Deswegen würden wir uns freuen, wenn öffentliche Arbeitgeber das Blutspenden als Arbeitszeit anerkennen. Das würde uns sehr helfen."
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