Familienausflug

Silvester im Kloster? – Nein, danke!

Begeistert war ich nicht, als meine Eltern für unsere Familie die Woche Urlaub um Silvester in einem vietnamesischen Kloster, dem "Europäischen Institut für angewandten Buddhismus", bei Köln gebucht hatten. Ich befürchtete, dass ich mich zu Tode langweilen werde. Doch da hatte ich mich gründlich geirrt.  

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Es wurde nämlich richtig lustig und nett, als ich mich erst einmal an die Grundsätze der Menschen im Kloster gewöhnt hatte. Zum Beispiel essen die Mönche und Nonnen in diesem Kloster vegan und im Schweigen. Sie kauen jeden Bissen lang genug und sind sehr dankbar für ihr Essen. Am Anfang hat es bei mir mit dem Schweigen leider nicht so gut geklappt, da ich die ganze Zeit kichern musste, wenn sich mein Blick mit dem eines anderen Mädchens kreuzte. Außerdem war das Essen auch nicht immer so leicht zu essen. Einmal gab es zum Beispiel Frühlingsrollen und ich hatte mir nur einen Löffel mitgenommen. Das wurde ein bisschen schwierig. Am Ende hab ich sie einfach in die Hand genommen und musste nur noch mehr lachen. Meine Schwester hatte es sogar noch schwerer, sie hatte nur Stäbchen. Letztendlich stieg sie auch auf ihre Hände um.

Außerdem wird im Kloster mindestens einmal am Tag langsam spazieren gegangen. Das ist die sogenannte Gehmeditation. Dabei setzen die Mönche und Nonnen jeden Schritt ganz bewusst und lassen ihre Gedanken nicht schweifen, sondern denken an das Hier und Jetzt, weil sie sich der Erde, auf der sie wandeln, verbunden fühlen möchten. Ich persönlich fand das ein wenig langweilig, und auch das mit den Gedanken klappte nicht so ganz, aber ich fand diese Idee trotzdem sehr interessant, da ich noch nie von so etwas gehört hatte und auch von ihrer Leidenschaft dafür fasziniert war.

Das wahrscheinlich Schwierigste war die Glocke der Achtsamkeit. Das ist eine große Glocke, die mehrmals über den Tag verteilt läutet. Wenn man sie hört, sollte man mit allem aufhören, mit dem man sich gerade beschäftigte, kurz in sich gehen, seine innere Ruhe finden und lächeln. Thich Nhat Hanh, der vietnamesische Mönch, der das Kloster gegründet hat, sagte einmal, man könne auch das Klingeln des Telefons als Glocke der Achtsamkeit benutzen.

Für uns Teenager gab es dort sogar ein extra Programm. Wir wurden von zwei sehr netten vietnamesischen Nonnen betreut, die aber gut Deutsch sprechen konnten. Wir aßen zusammen und übten für eine Aufführung am Silvesterabend. Außerdem halfen wir beim Gemüse schnippeln, was sich jetzt wahrscheinlich schlimmer anhört, als es wirklich war.

Das komplette Kloster war gut drauf. Sie nahmen nicht alles so schrecklich ernst und verstanden viel Spaß. Vor allem am Silvesterabend bei der Aufführung wurde das deutlich. Wir führten ein vietnamesisches Theaterstück auf, bei dem wir reiche Jünglinge spielten, die von einem Mädchen beraubt wurden und sie daraufhin überall suchten, dann aber Buddha begegneten, der sie fragte, ob es wichtiger sei das junge Mädchen zu finden oder zuerst sich selbst. Unsere Kostüme waren nicht so professionell, wie man vielleicht denken würde. Wir hatten einfach irgendetwas umgebunden, das im Entferntesten an ein Tuch erinnerte. Manche hatten eine Tischdecke, andere einen Duschvorhang umgebunden, und mein Kostüm erinnerte eher an einen Kinderschlafanzug. Das Problem an den Tüchern war, dass sie während der kompletten Aufführung runterrutschten. Wir alle versuchten verzweifelt, sie irgendwie festzuhalten. Einer der Mönche, der auch mitspielte, hatte noch dazu eine lustige Langhaarperücke auf. Die flog ihm die ganze Zeit runter, was das Publikum noch mehr zum Lachen brachte.

Ich hatte mir die Zeit dort viel langweiliger und ernster vorgestellt und ich war sehr froh, mich geirrt zu haben. Insgesamt war es eine sehr nette Zeit und ich könnte mir gut vorstellen, noch einmal dorthin zu fahren. Vielleicht werden es nächstes Mal sogar zwei Wochen.

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