Kabinettsbeschluss

Steuerentlastungen sollen Firmen zum Investieren bringen

Die schwache Wirtschaft ankurbeln, das hat Priorität für Schwarz-Rot. Das erste Gesetz kommt schnell - doch die Kostenverteilung macht einigen Sorge.  

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Vizekanzler Klingbeil hat sein erstes Gesetz durchs Kabinett gebracht.  | Foto: Michael Kappeler/dpa
Vizekanzler Klingbeil hat sein erstes Gesetz durchs Kabinett gebracht. Foto: Michael Kappeler/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will mit Steuerentlastungen dafür sorgen, dass die Wirtschaft wieder mehr investiert und aus der Krise kommt. Dafür beschloss das Kabinett in Berlin ein milliardenschweres Paket mit erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten für Maschinen und Elektrofahrzeuge, das Firmen zu Investitionen animieren soll. 

"Wir kurbeln mit unserem Wachstumsbooster jetzt die Wirtschaft an. Damit sichern wir Arbeitsplätze und bringen Deutschland wieder auf Wachstumskurs", erklärte Finanzminister Lars Klingbeil. Nach vier Wochen im Amt legt der Vizekanzler damit sein erstes größeres Gesetz vor. 

Für die schwarz-rote Koalition ist die Ankurbelung der schwachen Wirtschaft eins der dringendsten Themen. Denn Deutschland droht, das dritte Jahr in Folge ohne Wachstum zu bleiben. Nach dem Kabinettsbeschluss berät deshalb auch bereits in dieser Woche der Bundestag erstmals über das Paket. Ziel ist laut SPD ein Beschluss in Bundestag und Bundesrat noch vor der Sommerpause Mitte Juli. 

"Investitionsbooster"

Firmen sollen ihre Ausgaben für Maschinen und Geräte im laufenden und in den nächsten zwei Jahren degressiv von der Steuer abschreiben können - und zwar mit bis zu 30 Prozent. Dadurch sinkt der buchhalterische Gewinn und damit die Steuerlast. Bei degressiver statt linearer Abschreibung kann direkt nach der Anschaffung ein größerer Teil der Investitionen steuermindernd genutzt werden - und später dafür weniger. Die Maßnahme entlastet damit vor allem in der unmittelbaren Phase nach einer Investition.

Daher findet der Steuerexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Tobias Hentze: "Es bleibt ein befristeter Effekt. Die Steuerlast kehrt in den Folgejahren zurück – eine strukturelle Entlastung ist das nicht."

Mehrere Branchenverbände, etwa aus der Energiewirtschaft und der Elektroindustrie mahnten bereits zusätzliche Entlastungen an. Wichtig seien etwa schnell günstigere Strompreise. 

Senkung der Körperschaftsteuer

Wenn der sogenannte Booster ausgelaufen ist, soll ab 2028 schrittweise die Körperschaftsteuer sinken - und zwar von derzeit 15 Prozent auf 10 Prozent im Jahr 2032. Das soll den Unternehmen langfristige Planungssicherheit geben und den Standort Deutschland aufwerten. Denn Experten halten die Steuerbelastung deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich schon lange für zu hoch und nicht wettbewerbsfähig. Ab 2032 soll die Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen dann knapp 25 Prozent - statt aktuell knapp 30 Prozent - betragen. 

Zudem soll der Steuersatz für Gewinne sinken, die nicht ausgeschüttet werden, sondern im Unternehmen bleiben – wo sie damit für Investitionen zur Verfügung stehen. Auch die steuerliche Forschungsförderung soll ausgeweitet werden, damit Unternehmen mehr in Forschung und Entwicklung investieren. 

Die Linke im Bundestag befürchtet allerdings, dass geringere Unternehmensteuern kaum zusätzliche Investitionen auslösen. Zuletzt hätten Firmen in solchen Situationen eher "Geld gebunkert", erklärte der Finanzpolitiker Christian Görke. 

E-Autos als Dienstwagen

Der Kauf eines reinen Elektroautos soll für Unternehmen steuerlich attraktiver werden. Auch hier soll eine degressive Abschreibung gelten: Wer sich ein neues betrieblich genutztes E-Auto anschafft, könnte dann im Kaufjahr 75 Prozent der Kosten steuerlich abschreiben.

Im auf den Kauf folgenden Jahr ließen sich dann noch 10 Prozent absetzen, im zweiten und dritten Folgejahr jeweils 5 Prozent, im vierten Folgejahr 3 Prozent und im fünften Folgejahr 2 Prozent. Die Sonderregelung soll für Käufe nach dem 30. Juni und vor dem 1. Januar 2028 gelten. 

Kosten und Kritik

Laut Gesetzentwurf entgehen dem Staat - Bund, Ländern und Kommunen - durch das Paket bis 2029 Einnahmen von knapp 46 Milliarden Euro ("volle Jahreswirkung"). Das Volumen wächst dabei über die Jahre an: In diesem Jahr wird die Entlastung für Firmen auf 2,5 Milliarden Euro beziffert, 2028 dann auf 12 Milliarden Euro.

Vor allem in den Anfangsjahren, wenn die Superabschreibungen wirken, müssen die Gemeinden einen überproportional großen Teil der Kosten tragen - ihnen entgehen nach Rechnung des IW Köln von 2025 bis 2028 Steuereinnahmen von rund 11 Milliarden Euro. Im Bundesrat könnte es daher Widerstand gegen die Pläne geben. 

Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt deutete das bereits an: "Ein Investitionsbooster ist sinnvoll – aber wer bestellt, muss auch bezahlen", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Ähnlich sein SPD-Kollege Alexander Schweitzer aus Rheinland-Pfalz: Inhaltlich sei das Vorhaben richtig, sagte er dem Deutschlandfunk. "Aber es darf eben nicht sein, dass es nur auf den Deckel der Länder und Kommunen geht."

Die Gewerkschaft Verdi forderte den Bund auf, die absehbaren Steuerausfäle der Kommunen vollständig zu übernehmen. Sonst würde die finanzielle Notlage vieler Städte und Gemeinden deutlich verschärft.

© dpa‍-infocom, dpa:250604‍-930‍-628080/1

Schlagworte: Alexander Schweitzer, Mario Voigt, Christian Görke

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