Süße Geheimnisse
Petra Kistler
In St. Gallen leben Männer, die sich sehr für Spitzenwäsche interessiert: Bis heute gilt die Klosterstadt in der Ostschweiz als die Hauptstadt der Stickerei.
o wenig Stoff – und solch ein Höllenlärm. Die Nadeln führen sich auf wie Furien. Stich auf Stich, das Auge kann nicht mithalten, so schnell tanzt der schwarze Faden über den weißen Stoff. 390 Mal in der Minute. Ein zarter Rand aus Blüten und Ranken entsteht, daumenbreit und 16 Yard, 14,6 Meter, lang. Die Stoffindustrie rechnet immer noch mit englischen Maßen. Die Ornamente werden erst auf Zellulose gestickt und dann in Aceton gesteckt: Der Unterstoff löst sich in der ätzenden Lösung auf, übrig bleibt exquisite Spitze. 24 Stunden laufen die acht riesigen Stickmaschinen bei der Altherr AG in Grabs im Rheintal, und das an fünf Tagen in der Woche. "Das macht 60 Millionen Stiche im Jahr", rechnet Inhaber Max Altherr vor. Lohnstickereien wie seine gibt es ...