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Wer twittert, soll zahlen

Johannes Dieterich
  • Di, 05. Juni 2018
    Panorama

     

Ugandas Präsident will Nutzung sozialer Medien besteuern.

Der ugandische Präsident Yoweri Museve...n, Gerüchte und Tratsch zu verbreiten.  | Foto: AFP
Der ugandische Präsident Yoweri Museveni wirft sozialen Medien vor, dass sie nur helfen würden, Gerüchte und Tratsch zu verbreiten. Foto: AFP

JOHANNESBURG. Immer mehr Oppositionspolitiker in Uganda nutzen soziale Medien, um ihre politischen Botschaften zu verbreiten. Präsident Yoweri Museveni ist davon zusehends genervt, weswegen er nun eine Abgabe auf Online-Dienste wie Whatsapp, Facebook und Twitter erhebt. Spötter sprechen von einer "Klatschsteuer". Wie sie berechnet werden soll, ist noch unklar.

Der 73-jährige Staatschef Ugandas hat es nicht leicht. Zwar ließ er kürzlich die Verfassung ändern, um für den Rest seines Lebens weiter regieren zu können. Doch jetzt muss er mit anschauen, wie sich junge Oppositionspolitiker neumodischer Kommunikationsmittel bedienen, um sich Gehör und einen Sitz im Parlament zu verschaffen: Zuletzt ist dem Allround-Performer Robert Kyagulanyi Ssentamu alias Bobi Wine über Facebook, Instagram und Twitter eine beeindruckende politische Karriere gelungen – er vertritt inzwischen als Parlamentarier den zentralugandischen Wakiso-Distrikt.

Auch die unbotmäßige Menschenrechtsaktivistin Stella Nyanzi nutzt die Sozialen Netzwerke, um den seit 32 Jahren amtierenden Staatschef anzugreifen: Zuletzt hat sie Museveni auf Facebook einen "Hodensack" genannt.

Das hat der autoritäre Herrscher nun satt. "Der über diese Netzwerke verbreitete Klatsch kostet uns dermaßen viel Geld, dass wir darauf eine Steuer erheben sollten", schrieb Museveni vor geraumer Zeit in einem Brief an seinen Finanzminister. Drei Monate später ist sein Wunsch Gesetz. Vergangene Woche verabschiedete das Parlament in Kampala eine Novelle, die auf Online-Dienste wie Whatsapp, Facebook, Skype, Twitter oder Instagram eine besondere Abgabe erhebt: Eine "Klatschsteuer", spotten die ugandischen Medien. Die Abgabe soll 200 Schillinge am Tag betragen, was in etwa fünf Cents entspricht. Aufs Jahr umgerechnet läppern sich so 18 Euro zusammen – immerhin zwei Monatsgehälter des ugandischen Mindestlohns.

Wenn man die "Klatschdienste" einen Tag nicht benutze, müsse man auch nichts bezahlen, versucht Planungsminister Bahati David zu beruhigen. Was die Frage aufwirft, ob die Regierung lieber Ruhe oder lieber Einnahmen haben will? Denn als zweite Rechtfertigung für die neue Steuer wird die leere Staatskasse angeführt. Der ostafrikanische Staat steht derzeit mit zwölf Milliarden US-Dollar in der Kreide, was beinahe zwei Jahreshaushalte ausmacht. Klatschen die Ugander wie bisher weiter, werden jährlich 240 Millionen Dollar in die Staatskasse gespült. Das wäre zwar nicht genug, um das klaffende Loch zu stopfen – aber zumindest ein Anfang.

Auch der Verkauf von Bibel und Koran soll besteuert werden

Fachleute verweisen allerdings darauf, dass die Klatschabgabe einer Doppelbesteuerung gleichkomme, weil die Kunden bereits Mehrwertsteuer für ihr Telefonguthaben bezahlen. Vermutlich werden Ugandas höchsten Richter den Streit um die "Klatschsteuer" entscheiden müssen – es sei denn, die Sondersteuer scheitert bereits an ihrer Einführung. Bislang ist nämlich ungeklärt, wie das mit Klatschsteuerberechnung technisch funktionieren soll. Dass die Regierung Willens ist, Geld in die Staatskasse zu spülen, zeigen auch zwei andere Ideen: So ist eine Ein-Prozent-Abgabe auf alle mobilen Geldüberweisungen geplant. Bereits beschlossen wurde eine Steuer auf den Verkauf von Bibeln und Koranbüchern.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 05. Juni 2018: PDF-Version herunterladen

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