Aus für Bahnchef
Neuaufstellung bei der Bahn hat begonnen
Noch bevor der Verkehrsminister das Aus von Bahnchef Lutz offiziell verkündet, beginnen die Spekulationen um die Nachfolge. So geht es bei der Bahn nun weiter.
Fabian Nitschmann, Andreas Hoenig und Matthias Arnold (dpa)
Do, 14. Aug 2025, 17:54 Uhr
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Berlin (dpa) - Mit dem vorzeitigen Aus von Bahnchef Richard Lutz ist die Diskussion um die Nachfolge des 61-Jährigen und die künftige Strategie für den Schienenkonzern voll entbrannt. "Damit wächst der Druck auf den Verkehrsminister enorm", sagte der Chef des Interessenverbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege. "Er muss nun innerhalb weniger Wochen die längst überfällige Bahnstrategie der Regierung vorstellen und den dazu passenden Vorstandsvorsitzenden gleich mit."
Lutz wird die Bahn nur noch solange führen, bis ein Nachfolger für ihn gefunden ist. Darauf haben sich Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), Lutz und der Vorsitzende des Bahn-Aufsichtsrats, Werner Gatzer, verständigt. "Die Suche nach einem neuen Bahnchef, einer neuen Bahnchefin hat mit diesem Augenblick begonnen", sagte Schnieder bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz in Berlin.
Neue Strategie am 22. September
Der Minister will am 22. September eine neue Strategie für den bundeseigenen Konzern vorstellen. "Idealerweise können wir mit der Strategie im September den oder auch die neue Vorstandsvorsitzende präsentieren", ergänzte Schnieder.
Die Strategie sei in weiten Zügen fertig, es seien lediglich noch Detailfragen zu klären. "Die Lage bei der Bahn ist dramatisch, allein wenn Sie auf die Kundenzufriedenheit, die Pünktlichkeitswerte oder die Wirtschaftlichkeit schauen", sagte Schnieder. Zuerst wollte er die Strategie klären, dann die Personalfragen.
Kritiker des Bahnchefs erhoffen sich nun eine Chance auf einen grundlegenden Kurswechsel beim bundeseigenen Konzern. "Lutz hat die angebliche Rückbesinnung auf die "Eisenbahn in Deutschland" intern nie konsequent umgesetzt", teilte der Geschäftsführer des Wettbewerberverbands Die Güterbahnen, Peter Westenberger, mit Blick auf die früheren zahlreichen Auslandsaktivitäten der Bahn mit. "Es ist dankenswert, dass er jetzt den Weg freimacht für eine neue Strategie und neue Köpfe."
Nachfolge noch völlig offen
Spekulationen über potenzielle Lutz-Nachfolger und -Nachfolgerinnen gibt es seit Wochen. Genannt wurde bereits die aktuelle Chefin der Regionalverkehrstochter DB Regio, Evelyn Palla, oder der kurzzeitige Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD). Auch der derzeitige Chef der Infrastruktur-Tochter InfraGo, Philipp Nagl, wird immer wieder erwähnt.
Allerdings herrscht Skepsis darüber, ob die tiefgreifenden Probleme beim bundeseigenen Konzern mit einem Wechsel an der Konzernspitze ausgeräumt werden können.
Grüne: Chefwechsel macht nichts besser
"Dass DB-Chef Lutz gehen wird, macht nichts besser", sagte Grünen-Politiker Matthias Gastel. Es brauche eine stärkere Kontrolle und Steuerung durch den Bund - und mehr Geld. "Die Finanzplanung der schwarz-roten Koalition hätte zwangsläufig den Stopp von Aus- und Neubauprojekten zur Folge. Auch die Elektrifizierung und Digitalisierung kämen nicht voran", sagte Gastel. Damit werde erkennbar, dass die Regierung bei der Bahn nichts verbessern möchte.
Unklar ist, wie die bisherige Strategie in der neuen aufgehen wird. "Die Bahn muss pünktlich, sicher und sauber sein", sagte Schnieder lediglich. "Der Konzern muss schneller, schlanker, schlagkräftiger und auch wirtschaftlicher werden." Konkreter wurde er nicht.
Lutz ist seit 1994 im Konzern
Lutz leitet den bundeseigenen Konzern seit Anfang 2017. Davor war er von 2010 bis 2017 Finanzvorstand der DB. Im Konzern arbeitet der 61 Jahre alte Pfälzer seit 1994, er kennt das Unternehmen und die Branche besser als viele andere. Das hat ihm jetzt aber nicht mehr geholfen.
Unter ihm hatte die Bahn ein umfassendes Sanierungsprogramm gestartet, dass sowohl die marode Infrastruktur, die betriebliche Lage und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den Blick nahm. Derzeit laufen in diesem Rahmen die sogenannten Generalsanierungen, mit denen die Bahn mehr als 40 stark befahrene Strecken bis Mitte der 2030er Jahre umfassend modernisieren will.
Schließlich sorgte zuletzt vor allem die marode und kaputt gefahrene Infrastruktur für große Probleme. Die Pünktlichkeit im Fernverkehr stürzte von 78,5 Prozent im Jahr 2017 auf 62,5 Prozent im vergangenen Jahr ab. Deutliche Verbesserungen sind bislang nicht in Sicht. Auch wirtschaftlich ist die Bahn in Schieflage - seit Jahren schreibt der bundeseigene Konzern rote Zahlen.
Neue Bundesregierung will Umbruch
Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Neuaufstellung des Aufsichtsrats und des Bahn-Vorstands angekündigt, "mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen". Diese Neuaufstellung hat nun offensichtlich begonnen.
Fahrgäste, die sich mit dem Weggang von Lutz eine kurzfristige Verbesserung der betrieblichen Lage erhoffen, dürften enttäuscht werden. Selbst Kritiker des Bahn-Managements räumen ein, dass die Probleme tiefgreifender sind und befürworten im Grundsatz den auf mehr als ein Jahrzehnt angelegten Sanierungskurs bei der Infrastruktur.
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