Parteitag

Wie die AfD im Land an die Macht gelangen will

Die AfD gibt sich vor der Landtagswahl geschlossen und bohrt ein Loch in die Brandmauer. Welche Ziele die Partei verfolgt - und warum ihr das Staatsministerium trotzdem versperrt bleiben dürfte.  

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Die AfD will Frohnmaier bekannter machen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Stuttgart (dpa/lsw) - Die Südwest-AfD hat in Hechingen ihre Kampagne vorgestellt und ihr Wahlprogramm festgezurrt. Der Landesverband glaubt fest an einen Wahlerfolg - und reicht der CDU die Hand. Der Weg ins Staatsministerium dürfte der Partei aber verwehrt bleiben. 

Wie sieht die Wahlkampagne der AfD aus?

Die Rechtspopulisten setzen vor allem auf die Themen Wirtschaftskrise, Migration, innere Sicherheit. Auf den Plakaten fordern sie unter anderem Bürgergeld nur für Deutsche oder ein Ende der Energiewende, dabei wird gegen "Klima-Idiotie" und gegen das Verbrenner-Aus gewettert. 

Die AfD bespielt mit ihrer Kampagne auch Unsicherheiten und Ängste in der Bevölkerung - und macht sich mit vagen Slogans die "Stadtbild"-Äußerungen von Kanzler Friedrich Merz (CDU) zunutze. So sind auf den Plakaten unspezifische Slogans zu sehen wie "Du siehst es doch auch", "Es sind zu viele" und "Sie nutzen uns aus". Auf einem Großplakat posiert Frohnmaier grinsend mit einem Besen über der Schulter, dazu der Spruch: "Unser Stadtbild soll schöner werden."

"Diese Plakate laden dazu ein, sich Gedanken zu machen", kommentiert Landeschef Markus Frohnmaier die Kampagne. Sie würden ein viel verbreitetes Gefühl in der Bevölkerung aufgreifen, das die AfD adressieren wolle. Es werde auch auf der Metaebene gearbeitet, sagte Frohnmaier.

Wie steht die AfD aktuell in den Umfragen? 

Mitte Oktober lag die Partei bei einer Umfrage des Instituts Infratest dimap in der Sonntagsfrage bei 21 Prozent – ein Höchststand bei den Infratest-Erhebungen. Damit überholte sie erstmals in dieser Umfrage auch die Grünen (20 Prozent). Die CDU kam auf 29 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Landtagswahl 2021 erreichte die AfD nur 9,7 Prozent der Stimmen. 

"Wir blicken voller Optimismus auf die Wahl", sagt Frohnmaier. Man habe im Landesverband die Streitigkeiten der Vergangenheit überwunden, nun könne man ganz anders "performen". Am Ende des Wahlkampfs wolle man gleichauf mit der CDU liegen. Frohnmaier setzt auch auf Rückenwind aus Berlin durch andauernde Debatten in der schwarz-roten Bundesregierung. Sänze sagte, er halte sechs bis sieben Direktmandate für die AfD für möglich.

Warum wird die AfD aller Voraussicht nach trotzdem nicht regieren? 

Weil keine andere Partei mit der AfD zusammenarbeiten will. CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel betont, dass er nicht einmal einen Espresso "mit denen" trinken würde. Das Rennen um das Staatsministerium dürften Hagel und Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir also unter sich ausmachen. 

Der einzige Weg für die AfD, doch den Ministerpräsidenten zu stellen, wäre also die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament - und das gilt, auch wenn sich die Partei im Umfragen-Aufwind befindet, als ausgeschlossen.

Trotzdem will die Partei mitgestalten - wie möchte sie das anstellen?

Die AfD würde eine CDU-geführte Minderheitsregierung im Landtag unter bestimmten Voraussetzungen tolerieren. Wenn die richtigen Themen angepackt würden, dann würde die AfD auch zustimmen, kündigt Frohnmaier an. "Wer effektiv Politik gestalten will, wird nicht an der AfD vorbeikommen." Er nannte die Senkung der Energiepreise, die Rückführung aller Ausreisepflichtigen und die Stärkung der Polizei als Bedingungen. "Dann sind wir für alles in diesem Bereich offen." Die Union müsse auch ein Interesse daran haben. Es werde Zeit, dass die Brandmauer falle, so Frohnmaier. Man würde zudem darauf bestehen, dass Experten in die Regierung kämen, sagte Co-Landeschef Emil Sänze.

Warum würden derzeit so viele Menschen AfD wählen? 

Es gibt verschiedene Erklärungen für das Umfragehoch. Die Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien ist groß. Die sich ausbreitende Wirtschaftskrise und steigende Lebenshaltungskosten machen vielen Menschen Angst. Streits und Debatten um Themen wie Rente oder Wehrpflicht in der schwarz-roten Koalition von Kanzler Friedrich Merz (CDU) tragen ihren Teil dazu bei. Im Bund liegt die AfD derzeit in Umfragen etwa gleichauf mit CDU/CSU. Die AfD profitiert von ihrem Protest-Narrativ – insbesondere bei Themen wie Migration. Und: Auch in anderen Ländern ist der Rechtspopulismus auf dem Vormarsch. 

Außerdem professionalisiert sich die Partei: Im Südwesten etwa zeigt sich der Landesverband nach jahrelangen Grabenkämpfen derzeit geordnet wie nie. Früher gab es auf AfD-Parteitagen regelmäßig Tumulte, Grabenkämpfe wurden auf offener Bühne ausgetragen. Heute herrscht weitgehend Einigkeit nach außen: Beim letzten Parteitag in Heilbronn wurde Frohnmaier von knapp 400 Delegierten zum "Ministerpräsidentenkandidat" gewählt, bei nur einer Gegenstimme - ein Abstimmungsergebnis wie im chinesischen Volkskongress. 

Wer ist eigentlich Markus Frohnmaier? 

Frohnmaier gilt als einer der einflussreichsten Vertreter des rechten Flügels seiner Partei. Geboren in Rumänien, adoptierte ein schwäbisches Paar ihn als Säugling, holte ihn aus einem Kinderheim. Frohnmaier arbeitete sich von der Hauptschule zum Jura-Studium hoch, brach dieses allerdings ab - was ihm in der eigenen Partei immer wieder den Vorwurf des Berufspolitikers einbringt. 

Er ist Mitbegründer der mittlerweile aufgelösten AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative. Seit 2017 sitzt er im Bundestag für die AfD. Er gilt als enger Vertrauter von Weidel, deren Sprecher er einst war. Er ist stellvertretender Vorsitzender und außenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Den Job in Berlin will er auch behalten, sollte er - was ziemlich sicher sein dürfte - nicht Regierungschef in Baden-Württemberg werden. Frohnmaier bezeichnet sich deshalb als "Ministerpräsidentenkandidat", nicht als Spitzenkandidat. Für den Landtag kandidiert er nicht. 

Wohin will die AfD inhaltlich im Wahlkampf? 

Trotz extremistischer Einstufung durch den Verfassungsschutz präsentiert sich die AfD als bürgerliche Partei und als konservative Alternative zur CDU. Man wolle sich klar auf den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg konzentrieren, sagte Frohnmaier. Außerdem werde man auf die Leib- und Magenthemen der AfD, innere Sicherheit und Migration, setzen. Die Rechtspopulisten sprechen sich zudem gegen das Verbrenner-Aus, gegen zu viel Bürokratie und für mehr Abschiebungen aus.

© dpa‍-infocom, dpa:251123‍-930‍-330281/1

Schlagworte: Markus Frohnmaier, Friedrich Merz, Emil Sänze

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