Zwei Brüder und ein Mord

Die zwölfjährige Katharina Beck belegte mit ihrem Krimi den ersten Platz beim Wettbewerb des Literatur Forums Südwest.  

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Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett. Katharina Beck auch nicht. Im Gegensatz zu Mimi jedoch, kann Katharina auch Krimis schreiben. Jetzt hat die zwölfjährige Schülerin der Ettenheimer Heimschule St. Landolin beim Krimi-Schreibwettbewerb des Literatur Forums Südwest den ersten Platz belegt. Von über 60 eingesandten Beiträgen kürte die Jury ihren Krimi "Mord, Rauschgift und sonstige Nettigkeiten" zum Sieger. Die JuZ druckt den Erstling in voller Länge ab.

Es war an einem regnerischen Sonntagmorgen, wohl mitten in der Nacht so gegen 7 Uhr, als jemand einen Dauertest mit meiner Türklingel durchführte und gleichzeitig versuchte, mit dröhnenden Fausthieben meine Tür einzuschlagen.

Und sowohl die Lautstärke, als auch der Inhalt seiner Worte waren alles andere als das, was ich mir nach einer durchzechten Nacht unter "sanft geweckt werden" verstehe. "Polizei, öffnen Sie sofort die Tür", schrie mein neuer unbekannter Freund erneut. Ein heiseres "Moment, ich komme" war alles, was ich schlaftrunken hervorbrachte. Als ich es schließlich doch noch schaffte, die Türe zu öffnen, bevor sie von der Staatsgewalt eingeschlagen wurde, entdeckte ich eine wild entschlossene Besuchergruppe, die fast gleichzeitig versuchte, meine Wohnung zu erstürmen.

Kommissarin Halbrund: Zugegeben, eine attraktive junge Frau

"Ist ihr Name Michael Bauer", schrie mich der Rädelsführer der Polizeibande an, der mich vermutlich für einen Hörgeschädigten hielt. Ich antwortete ihm mit einem ebenso lauten "Ja". Jetzt schob sich eine zugegebenermaßen attraktive junge Frau an den Beamten vorbei und gab sich als Kommissarin Halbrund zu erkennen. Im Gegensatz zu ihrem sympathischen Aussehen klang das, was sie zu mir sagte, aber wesentlich unfreundlicher: "Ich verhafte Sie wegen des Verdachts, ihren Bruder Uwe Bauer ermordet zu haben. Außerdem habe ich einen Durchsuchungsbefehl."

Von einer Sekunde zur anderen war ich hellwach. "Mein Bruder ist ermordet worden?", stammelte ich ganz ungläubig. Ich hatte das Gefühl, mich ganz schnell hinsetzen zu müssen, doch bevor ich dazu kam, lag ich bereits auf dem Boden. Als ich wieder meine Augen öffnen konnte, reichte mir ein vollbärtiger, grimmig dreinblickender Polizeibeamter in grüner Uniform ein Glas Wasser. Trotz der niederschmetternden Situation fand ich, dass Frau Halbrund auch aus dieser Perspektive einen erfreulichen Anblick bot.

Die anderen Polizeibeamten in Uniform durchwühlten meine Wäsche, leerten meine Schubladen und durchsuchten jeden Winkel meiner Wohnung. Ich hätte eigentlich nicht gedacht, dass die Unordnung in meinen Räumlichkeiten noch zu steigern ist, aber die fleißigen Ordnungshüter gaben sich alle Mühe und waren sehr erfolgreich. Plötzlich rief einer zur Kommissarin: "Frau Halbrund, sehen Sie, was ich gefunden habe." Er hielt einen Alukoffer gefüllt mit Päckchen, die allesamt ein weißes Pulver enthielten, in den Raum und meinte fachmännisch, nachdem er etwas Pulver gekostet hatte, "Marihuana" und zwar von der besseren Sorte.

Ein katzenartiger Sprung durchs offene Fenster

Panik ergriff mich, und was ich jetzt tat, hätte ich mich unter normalen Umständen nie getraut. Mit einem katzenartigen Sprung verließ ich zur Überraschung meiner Besucher meine Wohnung im ersten Stock durchs offene Fenster. Zu meiner Überraschung hatte ich kaum Schaden genommen und meinen Schlafanzug konnte man auch noch als solchen erkennen. Ich rannte so schnell ich konnte und war bald in sicherem Abstand zu meinen Verfolgern. Ich versteckte mich in den Büschen einer nahe gelegenen Parkanlage. In meiner Not fiel mir Anna ein, eine Bekannte, mit der ich kurzzeitig eine engere Beziehung hatte, bis sie erkannte, dass ich doch nicht ihr Traummann war. Aber wir haben uns in Freundschaft getrennt, und sie würde mich auch vermutlich nicht für einen Mörder und Drogendealer halten. Es ist manchmal von Vorteil, wenn einen bestimmte Personen für unfähig halten, etwas Außergewöhnliches zustande zu bringen.

Eine Buschsafari durch die Parkanlagen

Meine barfüßige unfreiwillige Buschsafari durch die Parkanlagen brachte mich Gott sei Dank unbemerkt zum Haus, in dem Anna wohnte. Frierend und zitternd vor Angst, stand ich vor Annas Wohnung und hatte wohl noch nie so starke Sehnsucht nach ihr wie in diesem Moment. Sie muss mich nicht sofort erkannt haben, denn sie erschrak fürchterlich und knallte sofort wieder die Wohnungstüre zu. Nur dank meiner übernatürlichen Überredungskünste gelang es mir, sie zu erneutem Öffnen der Tür zu bewegen.

Nachdem ich ihr meine Geschichte erzählt hatte und ich mir in ihrer Dusche neues Leben einhauchte, berieten wir gemeinsam das weitere Vorgehen. "Mach dir keine Sorgen", sagte sie spontan, "niemand, der dich kennt, würde dir ernsthaft so etwas zutrauen." "Die Polizei sieht das aber etwas anders", sagte ich mit einer gewissen Hoffnungslosigkeit. Außerdem wurde mir erst jetzt richtig bewusst, dass mein Bruder ermordet wurde. Tiefe Trauer überkam mich, und ich konnte meine Tränen trotz größter Anstrengungen nicht mehr zurückhalten, obwohl der Kontakt zu ihm nie besonders eng war.

Zwischenzeitlich hat die Kommissarin wohl die Verfolgung aufgegeben. Und tatsächlich waren die Beamten in ihr Polizeirevier zurückgekehrt und hatten sofort eine Großfahndung veranlasst. Obwohl ich im Moment in Sicherheit war, machte ich mir Sorgen darüber, wie ich jemals meine Unschuld beweisen sollte. Außer Anna würde mir keiner glauben, schon gar nicht die Polizei! Deshalb musste ich meine Unschuld beweisen! Mit Kleidern von Annas Bruder machte ich mich auf den Weg zu der nächsten Telefonzelle.

Ich musste meinen Anruf bei der Polizei kurz halten, denn dann konnten sie das Gespräch nicht zurückverfolgen. Deshalb rief ich drei Mal an. Das erste Mal sagte ich nur: "Ich bin's, Michael Bauer" und legte gleich wieder auf. Beim zweiten Mal schrie ich in den Hörer: "Ich bin unschuldig, ich war's nicht!" Beim dritten Anruf flüsterte ich: "Ich rufe wieder an." Danach rannte ich zu Anna zurück, die schon auf mich wartete mit der Zeitung in der Hand. Die Schlagzeile auf der ersten Seite lautete: Drogendealer ermordet eiskalt eigenen Bruder!

Unterschlupf bei Anna, die weiß, was ein Gejagter braucht

Ich tauchte eine Weile bei Anna unter, und sie versorgte mich mit allem, was ich brauchte. So langsam dämmerte es mir, warum die Polizei mir den Tod an meinem Bruder anhängen wollte. Ich hatte am Tag seiner Ermordung von einem Rauschgiftsüchtigen erfahren, dass mein Bruder ein Drogendealer sein soll. Als ich ihn dann zur Rede stellte, sagte er, dass er machen könnte, was er wolle, und wir stritten so laut, dass verschiedene Leute stehen blieben. Als er schließlich voller Zorn wegrannte, stolperte er über einen Stein und blieb liegen. Ich näherte mich der Stelle, wo er stürzte, aber in der Dunkelheit konnte ich ihn nicht sehen, also ging ich davon aus, dass er aufgestanden war und weiterlief.

Mein Gewissen machte mir nun mächtig zu schaffen. Hätte ich gründlicher suchen müssen, war er vielleicht doch schwerer gestürzt als ich annahm und hatte er sich gar eine schwere Kopfverletzung zugezogen, an der er verstorben ist. War ich am Ende sogar tatsächlich Schuld an seinem Tod, weil ich einfach weitergegangen bin? Aber ich hatte doch meinen Bruder nicht getötet. Plötzlich war ich mir gar nicht mehr so sicher, und eine schreckliche Angst überkam mich. Was, wenn ich doch Schuld an seinem Tod hatte?

Gewissheit auf dem nächsten Polizeirevier

In den nächsten Nächten konnte ich nicht mehr schlafen, und Alpträume verfolgten mich. Ich aß nichts mehr und lag nur noch teilnahmslos im Bett. Ich war fest entschlossen, mich der Polizei zu stellen. Anna verstand mich nicht mehr, denn sie war wohl die Einzige, die nach wie vor an meine Unschuld glaubte. Doch ich musste Gewissheit haben und ging zum nächsten Polizeirevier. Auf dem Weg dorthin taumelte ich mehr als ich ging, stolperte über den Randstein, rempelte vorbeigehende Passanten an, lief vor fahrenden Autos und führte Selbstgespräche. Als ich endlich mit letzter Kraft dort ankam, kippte ich vor Schwäche um.

Die mir bekannte Stimme der Kommissarin Halbrund ließ mich aufblicken. Sie lachte und meinte, bisher sei ihr noch nie ein Mann zu Füßen gelegen, und ich hätte dies bereits zweimal geschafft. Sie beugte sich zu mir herunter und sagte: "Während Sie sich versteckten, haben wir gearbeitet und eine Menge Spuren verfolgt. Sie haben mit den Drogen nichts zu tun. Wir wissen, dass Ihr Bruder ihre Wohnung ohne Ihr Wissen als Versteck benutzt hat. Und was den Mord betrifft, haben wir Zeugenaussagen, die bestätigen, dass Ihr Bruder nach ihrem Streit noch am Leben war und den Bahnhof verließ. Bis zur endgültigen Aufklärung des Falles bleiben Sie aber weiterhin verdächtig und müssen wegen Fluchtgefahr unsere Gastfreundschaft in Anspruch nehmen. Erholen Sie sich erst in der Zelle, bevor wir Sie vernehmen. Wir müssen noch einige offene Fragen klären, zum Beispiel, was Sie als angebliches Unschuldslamm veranlasst hatte, aus dem Fenster zu springen."

Kontakte zu der Drogenmafia

Bereits eine Stunde später saß ich wieder im Büro von meiner Lieblingskommissarin. Sie war äußerst freundlich zu mir und ich befürchtete schon Schlimmes. Aber es kam ganz anders. Die Beamten des Rauschgiftdezernats hatten herausgefunden, dass mein Bruder versucht hatte, die Drogenmafia zu betrügen und deshalb erschossen wurde. Die echten Täter waren gefasst und hatten bereits alles gestanden.

Ich war mächtig erleichtert und gleichzeitig völlig verwirrt, die Ereignisse haben mich überrollt. Als ich wieder meine Fassung fand, spielte ich der Kommissarin den empörten, zu Unrecht verdächtigten Staatsbürger vor. "Entschuldigen Sie bitte den Irrtum, wie kann ich das jemals wieder gut machen?", fragte mich lächelnd Susanne, wie ich seither Frau Halbrund nenne. "Ich habe da ein paar Ideen, am besten besprechen wir das bei einem Essen, denn jetzt habe ich mächtig Hunger."

Ich bin zwar damals nicht ins Gefängnis gekommen, doch seither lässt mich Frau Hauptkommissarin Halbrund bzw. neuerdings Frau Bauer nicht mehr aus den Augen.

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