Umgang mit der AfD
AfD-Beamte rauswerfen? "Es gibt keinen Automatismus"
Nach der Einstufung der Bundes-AfD als gesichert rechtsextremistisch liegt diese Bewertung zwar auf Eis. Weiter diskutiert wird aber über die Frage: Was heißt das für Staatsdiener mit AfD-Parteibuch?
David Nau (dpa)
Do, 8. Mai 2025, 16:17 Uhr
Baden-Württemberg
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Stuttgart (dpa/lsw) - Welche Folgen hat die Einstufung der Bundes-AfD als gesichert rechtsextremistisch? Auch wenn der Inlandsgeheimdienst diese Einschätzung bis zu einer Gerichtsentscheidung zunächst auf Eis gelegt hat, wird über die Entscheidung des Verfassungsschutzes diskutiert.
In den Fokus gerückt sind dabei insbesondere Staatsdiener. Können Beamte mit AfD-Mitgliedschaft weiter ihre Posten behalten - oder muss sich der Staat auch vor Verfassungsfeinden schützen? Die Grünen im baden-württembergischen Landtag fordern nun eine systematische Überprüfung von Beamten mit AfD-Mitgliedschaft. Wie realistisch ist das? Ein Blick auf die wichtigsten Fragen und Antworten.
Müssen alle Beamte mit AfD-Mitgliedschaft jetzt um ihren Job bangen?
Nein. "Es gibt definitiv keinen Automatismus", sagt Kai Rosenberger, Landeschef des Beamtenbundes. Entscheidend sei immer das individuelle Verhalten des einzelnen Beamten. "Wenn jemand Funktionsträger in der AfD ist, dann ist das Risiko sicherlich höher, als wenn er normales Mitglied ist", sagt der Gewerkschafter.
Beamte, die sich in ihren Äußerungen oder ihrem Verhalten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung wendeten, müssten aber mit einer Überprüfung ihres Verhaltens und auch einer Entfernung aus dem Dienst rechnen. Als Beispiel nennt der Beamtenbund-Chef etwa AfD-Mitglieder, die im Wahlkampf öffentlich die Auflösung des Bundestages fordern. "Wer solche Parolen schwingt, der muss definitiv damit rechnen."
Er weist aber auch darauf hin, dass nicht nur rechtsextremistische Umtriebe ein Grund für eine Entlassung aus dem Dienst sein können. Er könne sich entsprechende Verfahren auch bei Linksextremisten oder etwa Befürwortern islamistischer Ansichten vorstellen.
Gelten für Beamte besondere Regeln?
Ja, sagt Judith Froese, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Konstanz. "Die Idee dahinter ist, dass der Staat auf Menschen angewiesen ist, die für ihn tätig sind und die für ihn in Erscheinung treten. Deswegen ist es elementar wichtig, dass Verfassungsfeinde nicht in den Staatsapparat eindringen."
Beamtinnen und Beamte hätten sich mit ihrem Diensteid zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekannt, argumentieren die Grünen-Politiker Andreas Schwarz und Oliver Hildenbrand, die eine systematische Überprüfung von Beamten mit AfD-Parteibuch fordern. Dieser Eid ist im Landesbeamtengesetz festgeschrieben. Mit ihm schwören Beamtinnen und Beamte unter anderen, dass sie das Grundgesetz, die Landesverfassung und das Recht achten und verteidigen.
"Die Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen Partei steht dem offenkundig entgegen", schreiben die Politiker in einem Brief an Innenminister Thomas Strobl (CDU). Das werfe vor allem für Beamte mit AfD-Parteibuch, die in der Justiz und in den Sicherheitsbehörden arbeiteten, gravierende Fragen auf.
Gab es bereits Entlassungen aus dem Staatsdienst?
2021 wurde der damalige AfD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Staatsanwalt Thomas Seitz aus dem Staatsdienst entfernt. Gegen ihn war seit 2016 ein Disziplinarverfahren gelaufen. Als Grund für die Entfernung aus dem Staatsdienst führte der zuständige Dienstgerichtshof für Richter migrantenfeindliche, islamfeindliche und die Justiz delegitimierende Äußerungen von Seitz an. Dessen Verhalten mache es unmöglich, dass er in Zukunft nochmal als Staatsanwalt tätig werden könne, hieß es.
Wie häufig Entlassungen aus dem Beamtenverhältnis im Südwesten sind, ist unklar. "Entsprechende Zahlen liegen nicht vor", teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit. Beamtenbund-Chef Rosenberger kennt nur wenige Fälle, in denen Beamte am Ende tatsächlich aus dem Dienst entfernt werden. "Ich bekomme das alle paar Jahre mal mit", sagt er. Bisher habe sich beim Beamtenbund auch noch kein Mitglied gemeldet, das der AfD angehört und nun die Sorge hat, dass Konsequenzen drohen.
Die Grünen wollen Überprüfungen von AfD-Mitgliedern. Was spricht dafür?
Fraktionschef Andreas Schwarz und sein Vize Oliver Hildenbrand argumentieren, dass die AfD die Werte des Grundgesetzes bekämpfe und die Demokratie gefährde. Die Politik müsse die Demokratie vor ihren Feinden schützen. Die Landesregierung muss aus Sicht der Grünen-Abgeordneten deswegen Maßnahmen ergreifen, um den Staat vor Verfassungsfeinden in den eigenen Reihen zu schützen.
Und was dagegen?
Beamtenbund-Chef Rosenberger hält systematische Überprüfungen in der Praxis für schwer umsetzbar. Denn: Der Staat wisse meist gar nicht, ob seine Beamte Mitglieder einer Partei seien oder nicht. "Ein Parteibuch fällt unter den Datenschutz und muss bei der Einstellung nicht angegeben werden."
Das Innenministerium hatte bereits zuvor für ein abgestimmtes Vorgehen aller Bundesländer gefordert. "Die Frage, wie sich eine AfD-Mitgliedschaft auf Beamtinnen und Beamte auswirkt, sollte in einzelnen Ländern nicht unterschiedlich entschieden werden", sagte eine Sprecherin. "Hier ist ein Flickenteppich zu vermeiden." Das Thema müsse auf der nächsten Innenministerkonferenz im Juni in Bremerhaven gründlich besprochen werden. Pauschale Entscheidungen seien derzeit "nicht angezeigt", sagte die Ministeriumssprecherin.
Würde sich die Lage verändern, sollte die AfD irgendwann verboten werden?
Ja, meint Rechtswissenschaftlerin Judith Froese von der Uni Konstanz. "Sollte es zu einem Verbot der AfD kommen, hätten wir eine ganz andere Situation." Stelle das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, dann sei damit auch zwingend die Auflösung der Partei verbunden, erklärt die Professorin. "Wenn ein Beamter Mitglied in einer verbotenen Partei oder einer Ersatzorganisation ist, gilt das in der Regel als schweres Dienstvergehen." Dann könnten auch einschneidende Disziplinarverfahren bis hin zur Entfernung aus dem Dienst zulässig sein.
Was ist Hintergrund der ganzen Debatte?
Der Verfassungsschutz hatte am Freitag mitgeteilt, dass er die Bundes-AfD als gesichert rechtsextremistisch betrachtet. Die AfD hat gegen die Einstufung inzwischen Klage eingereicht. Bis zu einer Gerichtsentscheidung über ein Eilverfahren bezeichnet das Bundesamt die Partei nicht mehr öffentlich als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Der Inlandsgeheimdienst gab im Rechtsstreit mit der AfD eine sogenannte Stillhaltezusage ab.
In Baden-Württemberg wird der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet. Dagegen klagte die Landespartei mehrfach. Ende März war sie mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart gescheitert.
© dpa-infocom, dpa:250508-930-514527/4