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Alexander Gerst und das fliegende Gehirn

Michael Heilemann
  • Mi, 06. Juni 2018
    Panorama

Der Roboter Cimon ist auf der ISS Helfer in allen Lagen / Tagsüber unterstützt er die Astronauten bei der Arbeit, abends erzählt er Witze.

-  | Foto: Airbus
- Foto: Airbus
Künstliche Intelligenz (KI) im All – das kann bekanntlich böse enden. Man erinnert sich an "HAL 9000", den bösartigen Supercomputer in Stanley Kubricks Filmklassiker "2001: Odyssee im Weltall".

Mit Cimon, dem robotischen Begleiter Alexander Gersts auf der Raumstation, wird es aller Voraussicht nach besser laufen. Das signalisiert schon sein Gesicht, das von einer Designfirma aus Stetten am Bodensee entworfen wurde. Er blickt ungleich sympathischer drein als sein Bruder im Science-Fiction-Film, dessen rotes Auge die Astronauten auf Schritt und Tritt verfolgte. Cimons robotisches Vorbild war in den 1980er-Jahren in der Zeichentrickserie "Captain Future" Professor Simon Wright, das "fliegende Gehirn" mit Sensoren, Kameras und Sprachprozessor.

Cimon – die Abkürzung steht für Crew interactive mobile companion – wurde von Airbus in Friedrichshafen weitestgehend im 3-D-Druckverfahren hergestellt. Er ist so groß wie ein Medizinball und ungefähr fünf Kilo schwer – mithin ein massiger Kerl, was auch in der Schwerelosigkeit nicht ganz irrelevant ist. Denn er schwebt frei durch die Module der Station.

Ultraschallsensoren, die Abstände messen, sorgen dafür, dass es dabei nicht zu Kollisionen und womöglich zur Verletzung von Astronauten kommt. Überhaupt die Sensorik: Cimon hat "Augen" (Kameras) und "Ohren" (mehrere Mikrofone zur Richtungserkennung und auch zur Spracherkennung). Er bewegt sich mit Hilfe von zwölf Ventilatoren fort, mit denen er sich in alle Richtungen drehen kann, also auch rotieren. Wird Cimon, der mit Watson-KI-Technologie von IBM arbeitet, angesprochen, wendet er sich dem Astronauten zu. Er kann mit dem Kopf nicken, den Kopf schütteln und selbstständig oder auf Kommando seinem Gegenüber folgen. Er kann natürlich auch selber sprechen – und nicht nur "Hallo, ich bin Cimon" sagen: Weitere rund 1000 Sätze sind in der Datenbank abgespeichert.

Laut Airbus arbeitet er vorgegebene Checklisten oder Prozeduren nicht etwa schematisch ab, sondern tritt "in einen echten Dialog" mit den Astronauten, die er erkennt. Er wird auf bestimmte Personen trainiert, in diesem Fall Gerst, mit Stimmproben und Fotos. Der fliegende Butler, der nach Gersts Rückflug auf der ISS bleiben soll, ist Helfer in allen Lagen. Er assistiert den Astronauten bei der Arbeit, indem er via Sprachsteuerung Dokumente und Medien lädt, wodurch der Mensch seine Hände für anderes frei hat. Er fungiert als fliegende Kamera, wenn es gilt, etwas zu suchen, Inventarlisten zu erstellen oder Experimente zu dokumentieren. Nach Dienstende verwandelt sich Cimon in einen Entertainer, der Wunschmusik abspielt oder Witze erzählt. Netter Geselle.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 06. Juni 2018: PDF-Version herunterladen

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