Zischup-Interview mit einer Teeniemama

"Als das Kind strampelte lösten sich alle Zweifel auf"

Wenn ein Mädchen schwanger wird, ist das erstmal ein großer Schock. Es verändert das ganze Leben. Paula K. (Name geändert) wurde mit 17 schwanger. Heute ist ihre Tochter zehn und sie glückliche Mutter, erzählt sie im Interview.  

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Mit Hilfe eines Ultraschallbildes kann man das Kind im Bauch genau erkennen.  | Foto: dpa
Mit Hilfe eines Ultraschallbildes kann man das Kind im Bauch genau erkennen. Foto: dpa
Zischup: Das war damals sicherlich eine schwere Entscheidung, ob du das Kind abtreiben sollst oder nicht. Warum hast du es nicht getan?
Paula: Es war wirklich eine schwierige Zeit. Ich war damals in der 12. Klasse, anderthalb Jahre vor dem Abitur. Und es war klar, dass der Vater des Kindes sich nicht dafür interessieren würde, er stritt es sogar ab. Aber ich hatte Eltern, die zu mir hielten. Sie halfen mir "Ja" zu sagen zu dem neuen Leben, zu Martha.

Zischup: Also waren sozusagen deine Eltern die zweiten Eltern deiner Tochter?
Paula: So habe ich das nie gesehen. Ich trug das Kind im Bauch, meine Eltern waren die Großeltern. Aber es war schon sehr wichtig, dass sie mir zur Seite standen. Meine Mutter versprach mir, während des Abitur-Jahres viel auf die Kleine aufzupassen. Das hat mir die Entscheidung auch erleichtert, denn ich wollte mir ja mit dem Kind nicht meine Zukunft verbauen. Was sicherlich auch wichtig war: Die religiöse Prägung meiner Eltern. Als überzeugte Christen ist für sie jedes Kind ein Kind Gottes, ein Geschenk. Davon haben sie mir viel weitergegeben. So wurde aus Martha sogar noch ein Wunschkind, kann man sagen.

Zischup: Also war wegen deiner religiösen Erziehung schon klar, dass du nicht abtreibst?
Paula: Ich kann mich erinnern, dass es vor der Schwangerschaft in den Sommerferien unter Freunden eine Diskussion um das Thema Abtreibung gab. Da habe ich ganz fest die Position vertreten: Mein Bauch gehört mir! Es ist also allein die Entscheidung der Schwangeren, ob sie das Kind austrägt oder nicht. Als ich dann selbst in der Situation war, fühlte sich das dann aber ganz anders an. Da habe ich dann doch gespürt, dass mich meine Erziehung mehr geprägt hat, als ich das vorher wahrnahm und dieser Fötus in mir vielleicht doch ein Lebensrecht hat.

Zischup: Wie ging es weiter, als du dich dann entschieden hattest, das Kind zu bekommen?
Paula: Es gab noch viele Stunden des Zweifels. Aber als ich dann das Kind in mir spüren konnte, als es strampelte, lösten sich die Zweifel auf. Was aber blieb, war die Ungewissheit.

Zischup: Und die Angst?
Paula: Ja, auch Angst. Aber wenn ich ehrlich bin, erinnere ich mich gar nicht mehr so richtig daran.
Ich hatte einfach auch viel zu tun.

Zischup: Wie lief das dann weiter in der Schule? Du musstest doch sicher in Mutterschutz?
Paula: Martha kam Ende Juli zur Welt, da hatten gerade die Sommerferien begonnen. Nach den Ferien hatte ich vom Schulleiter eine Befreiung bis zu den Herbstferien. Ich ging trotzdem in die Unterrichtsstunden, die ich für sehr wichtig hielt und sich mit der Versorgung von Martha vereinbaren ließen.

Zischup: Wie hast du das hingekriegt, ein Baby und das Abitur?
Paula: Irgendwie ging es. Dank meiner Eltern und Geschwistern und vielleicht auch, weil ich das Ganze viel lockerer sehen konnte, als die anderen.

Zischup: Warum das?
Paula: Die anderen saßen verkrampft vor den Abi-Vorbereitungsbüchern und hirnten sich voll. Ich versuchte auch zu lernen, aber es gab plötzlich etwas Wichtigeres.

Zischup: Also hattest du nicht mehr so gute Noten?
Paula: Das blieb etwa gleich. Ich konnte weniger lernen, das war klar. Aber mein neues Bewusstsein als Mutter zahlte sich aus. Und das hat man vermutlich auch in den vielen Aufsätzen, die man in Deutsch, Englisch, Geschichte und so weiter geschrieben hat, gemerkt. Irgendwie habe ich besser über den Tellerrand gesehen als viele andere.

Zischup: Vielleicht hatten die Lehrer einfach nur Mitleid – oder mehr Verständnis?
Paula: Kann schon sein, das Abitur habe ich aber wirklich ganz gut hinbekommen. Und da gab es ja auch Zweitkorrektoren, die nichts wussten von meiner Mutterschaft.

Zischup: Und der Vater? Hat er jemals noch eine Rolle in deinem und Marthas Leben gespielt?
Paula: Der Vater war eine flüchtige Ferienbekanntschaft. Er lebt in einem anderen Land. Aber ich habe ihm natürlich mitgeteilt, dass Martha lebt und seine Tochter ist. Seine Lügen haben mich anfangs sehr verletzt und auch schockiert. Aber auch er war noch sehr jung. Wir haben Kontakt gehalten. Heute besuchen wir ihn manchmal in den Sommerferien. Martha weiß aber nicht, dass er ihr Vater ist.

Zischup: Was machst du heute?
Paula: Ich bin Ärztin und arbeite in einer großen Klinik. Meine Familiensituation hat sich sehr erfreulich entwickelt, weil ich über ein Stipendiumprogramm meinen heutigen Freund kennengelernt habe, der kein Problem damit hat, dass ich schon eine so große Tochter habe. Wir sind eine richtige Familie.

Zischup: Weiß Martha, dass er nicht ihr leiblicher Vater ist?
Paula: Ja, sie hat aber damit bisher kein großes Problem.

Infobox: Teenie-Schwangerschaften in Deutschland – ein Problem?
Eine Studie von Wissenschaftlern in Deutschland zeigt, dass der Umgang von Jugendlichen mit ihrer Sexualität und dem Thema Verhütung sehr reif und verantwortungsvoll ist. Das zeigen auch die sinkenden Schwangerschaften bei Jugendlichen in den letzten Jahren. Wurden 2001 von 1000 Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren durchschnittlich 9,1 schwanger, waren es 2006 nur 7,3. Dagegen gibt es in anderen Ländern viel höhere Geburtsraten bei Jugendlichen. In den USA gibt es fünfmal so viele Schwangerschaften unter 18 und in Großbritannien ist geplant bereits im Kindergartenalter Sexualerziehung einzuführen.

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