Als die große Flut kam

Die Elbe hat Konrads Haus in ein großes, stinkendes Schwimmbad verwandelt. Jetzt geht es ans Aufräumen.  

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Dieses Jahr nahmen die Sommerferien für Konrad (9) einfach kein Ende. Als es Zeit war, wieder zur Schule zu gehen, blieb er zu Hause. Normalerweise hätte Konrad das schön gefunden. Doch nichts ist noch normal. Nirgends. Die Schule ist geschlossen und zu Hause ist nichts mehr so, wie es mal war: Die Küche ist weg, das Wohnzimmer auch, die Zimmer seiner Geschwister Richard (11) und Caspar (2) sind fast leer. Sie haben all ihre Spielsachen verloren. Und ihre Spielkameraden sind auch alle weg.

Konrad, Richard und Caspar leben mit ihren Eltern in Bitterfeld, einer kleinen Stadt im Osten Deutschlands. Und in Bitterfeld und der Umgebung hatte es so viel geregnet, dass die Flüsse über die Ufer traten und alles überschwemmt haben. Eines Nachts, sie wussten, dass es irgendwann soweit sein würde, fuhr die Polizei durch die Stadt und rief über Lautsprecher: "Alle Menschen müssen ihre Häuser verlassen, die Flut kommt." Drei Taschen hatten sie vorher schon gepackt, mit ein paar Spielsachen, ein bisschen Kleidung. Da dachten sie noch, es würde alles in wenigen Tagen vorbei sein. Doch es sollte anders kommen. Konrad, seine Geschwister und seine Eltern wurden auf einem nahe gelegenen Berg in einer Schule untergebracht, dort waren sie erst mal in Sicherheit vor dem Wasser. Ihre Betten waren einfache Matten, ihr Zimmer eine Art Turnhalle. Das fand Konrad am Anfang ganz lustig. Aber bald wurde ihm langweilig. Als sie ihr Haus verlassen mussten, hatte er seine Diddlmäuse, seine Dragon Boy Z und sein Schachspiel mitgenommen. Aber jetzt wurde ihm langweilig, denn all seine Freunde waren woanders untergebracht worden.

Im Fernsehen sah er die Bilder von den Häusern und Autos, die einfach weggespült worden waren. Was war wohl aus seinen Spielsachen, aus den Katzen, aus der Wohnung geworden?  Erst nach zehn Tagen bekamen sie die Katastrophe  zu sehen. Statt das Auto zu nehmen, holte sie das Technische Hilfswerk mit einem Schlauchboot ab und brachte sie zum Haus.

Goldfisch als Geisterfahrer

Denn wo einst Straßen waren, stand jetzt das Wasser. Seltsam sah das aus. Die Schaukel im Garten stand bis fast zum obersten Balken unter Wasser,  vom Apfelbaum lugten nur noch die höchsten Äste wie aus einem See heraus.

Konrad wusste nicht so recht, ob er das nun abenteuerlich oder schrecklich finden sollte. Irgendwie war es zuerst beides. Doch dann wateten sie ins Haus. "Als wir die  Tür öffneten, kamen uns Korkplatten entgegengeschwommen. Die sind sonst fest auf dem Boden, also als Teppich." Eigentlich eine aufregende Vorstellung: Das ganze Haus ein großes Schwimmbad. Durch das Wohnzimmer schwimmen, durch den Flur. Aber an schwimmen war nicht zu denken: Das Wasser war braun-grün, stank nach Moder und nach Klo, "und ständig haben wir uns die Füße angestoßen, weil irgendetwas durch die Gegend schwamm", erzählt Konrad. Sogar ein Goldfisch begegnete ihm in einem der Zimmer, und überall schwammen tote Regenwürmer.

Seit ein paar Tagen können Konrad und seine Eltern wieder jeden Tag ins Haus zurück. Jetzt müssen sie aufräumen, kaputte Möbel, Spielsachen und Kleider entsorgen. Aber an Wohnen ist noch längst nicht zu denken: Die Wände sind noch immer nass. "Meine Eltern sagen, wir können vielleicht Weihnachten wieder zu Hause feiern", hofft Konrad. Inzwischen hat die Schule wieder begonnen und sie sind bei Oma und Opa untergekommen. "Da ist es auch schön." Nur die Katzen haben beschlossen, wieder im alten Zuhause zu wohnen. Wasser mögen sie zwar nicht, Chaos auch nicht, aber immerhin ist es die alte, vertraute Umgebung.

Ronja Vattes

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