Auch mal etwas alleine durchziehen
Das ZDF zeigt die Reportage "Ungleiche Zwillinge".
Heide-Marie Göbbel
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Mehr als hundert "diskordanter Down-Syndrom-Zwillinge" – wie sie in der Humangenetik genannt werden – gebe es in Deutschland, erzählt Schuler. Sie besucht zuerst die Zwillinge Elisabeth und Victoria (18) aus Saalfeld in Thüringen. Elisabeth hat Trisomie 21, ihre Schwester Victoria nicht. Die Mädchen stehen zu Beginn der Dreharbeiten kurz vor ihrem Schulabschluss. Danach werden sich ihre Wege zum ersten Mal trennen, erzählt Schuler. Victoria mit Einserabitur wollte ein Jahr im Ausland verbringen. Wegen Corona absolviert sie nun einen Freiwilligendienst in Hannover.
Elisabeths berufliche Zukunftsaussichten dagegen sind eher schlecht. Der vorgezeichnete Weg für sie wäre ein Platz in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, so Schuler. Doch das sei für Elisabeth keine Option. Ihre Eltern Katharina und Frank wollen beide Töchter auf ein selbstständiges Leben vorbereiten. Sie haben für Elisabeth schon die Regelschule erkämpft. Nun geht es darum, ihr einen Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu ebnen.
Das zweite ungleiche Zwillingspaar sind Benjamin und Magdalena Pfeil (14) aus Eppingen bei Heilbronn. Magdalena habe sich schon im Kleinkindalter für ihren Bruder verantwortlich gefühlt, der von der Behinderung betroffen ist. So erzählt es ihre Mutter Nadine, von Beruf Realschullehrerin: "Wenn du ein Kind hast, das immer nebenher mitläuft, das ist natürlich einfach für einen als Mama". Doch auch Magdalena habe eigene Bedürfnisse, auch sie brauche Fürsorge und Zeit.
Die Eltern Nadine und Stiefvater Klaus achteten darauf, dass die Kinder unterschiedliche Gruppen im Kindergarten hatten und in verschiedene Schulklassen gingen. Als einziges Kind mit Behinderung besucht Benjamin eine inklusive Gesamtschule und wird von einer Sonderpädagogin begleitet. Die Eltern hoffen, dass er die Hauptschule schafft. Seit dem zweiten Lockdown kämpften sie darum, dass seine Inklusionspädagogin auch zum Unterricht nach Hause kommen kann, damit er in seinen Leistungen nicht zurückfällt.
Seine Schwester Magdalena hat andere Probleme. Sie möchte unbedingt ein Jahr vor ihrem Bruder konfirmiert werden, um einmal selbst im Mittelpunkt zu stehen. Doch Corona durchkreuzte diese Pläne. Mutter Nadine meint, die einzige Möglichkeit, die sie jetzt noch hätten, sei, dass beide am gleichen Tag konfirmiert würden. Aber Magdalena möchte das auf keinen Fall: "Ich hab ja extra für mich entschieden, dass ich’s alleine machen will, und das werde ich auch durchziehen", sagt sie bestimmt. Das Verhältnis der Zwillinge habe sich in der Pubertät geändert, erzählt die Filmemacherin weiter; ihre Gefühle füreinander seien ambivalenter geworden.
Filmemacherin Schuler und die "37 Grad"-Redaktion hatten überlegt, die O-Ton-Beiträge der Kinder mit Down-Syndrom zu untertiteln, entschieden sich aber dagegen. So hat der Zuschauer vielleicht manchmal Mühe, den Wortlaut genau zu verstehen. Der Film bietet einen eindrücklichen Einblick in den Alltag von Menschen mit Trisomie 21.
Elisabeth ist jedenfalls optimistisch: "Meine Zukunft besteht aus einer Arbeit mit Geld verdienen, dann irgendwann einen Mann heiraten, dann Kinder bekommen und dann alt werden und dann sterben".
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