Hefeteilchen
Das Fasnachtsgebäck Berliner spaltet Dialekte und Geschmäcker
Sie heißen Krapfen, Berliner, Pfannkuchen und so weiter: gefüllte Hefeteilchen, die in Fett ausgebacken werden. In der Fasnachtszeit gehen wieder Millionen von ihnen über die Bäckertheken.
Gregor Tholl
Mo, 12. Feb 2024, 20:00 Uhr
Panorama
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Die von vielen "Berliner" genannte Backware ist ein süßes Gebäck, das traditionell gern zu Karneval (und außerdem zu Silvester) gegessen wird. Es wird meistens mit Puderzucker oder Zuckerguss verziert. Die jüdische Küche kennt mit "Sufganijot" ein sehr ähnliches Fettgebäck, das zum Chanukkafest gereicht wird.
Neben der üblichen Fruchtfüllung gibt es beim Berliner auch Eierlikör-, Schokosoßen- oder Vanillepuddingfüllung. Fans lieben den hefig-süßen Duft und die goldbraune Farbe – blass darf nur der Kragen sein, das ist der ungefähr daumendicke Rand rundherum, der idealerweise gleichmäßig ist.
Nach Angaben vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks (unter Berufung auf GfK-Zahlen) werden jedes Jahr mehr als 350 Millionen Berliner allein in Deutschland verkauft. Der vorherrschende Name stammt wohl daher, dass nach einer jahrhundertelangen Vorgeschichte unter anderem ein Bäcker aus Berlin im 18. Jahrhundert für eine weitere Verbreitung des Fettgebäcks gesorgt hat.
"Es gibt im Wesentlichen vier verschiedene Bezeichnungen im deutschsprachigen Raum", sagt der Sprachforscher Stephan Elspaß von der Universität Salzburg, der das populärwissenschaftliche Büchlein "Grüezi, Moin, Servus! Wie wir wo sprechen" mitverfasst hat. "Im Osten Deutschlands sagt man ’Pfannkuchen’, im Westen (...) ’Berliner’; in Bayern, Österreich und Südtirol ’Krapfen’ (...) und hauptsächlich in Hessen ’Kräppel’, das eine Lautvariante von Krapfen ist."
"Berliner" und "Pfannkuchen" seien jeweils nur Abkürzungen für "Berliner Pfannkuchen". In Baden-Württemberg sowie im Raum Pfalz/Saarland sagten manche "Fastnachtsküchle". Vergleichsweise wenige Menschen in Nordrhein-Westfalen sagen laut Elspaß noch "Berliner Ballen" oder "Puffel". Doch diese Gebiete seien vom "Berliner" überrollt. "Je nachdem, wie man zählt, kommt man auf bis zu zehn verschiedene Wörter."
Und welchen Begriff im Deutschen benutzen die meisten der etwa 90 Millionen Muttersprachler? "In unserer Umfrage von 2007 gab fast die Hälfte ’Berliner’ an, etwa ein Drittel ’Krapfen’, ’Faschingskrapfen’ oder ’Kräppel’ und gut 17 Prozent ’Pfannkuchen’", sagt Stephan Elspaß.
"Der Wortschatz des Standarddeutschen ist vielleicht zu circa 95 Prozent einheitlich", betont der Germanistik-Professor. "In manchen Bereichen gibt es ein Nebeneinander von verschiedenen Wörtern, die dasselbe bedeuten." Jeder Dialekt habe neben eigener Grammatik einen eigenen Wortschatz. "Im Standarddeutschen hat sich regionaler Wortschatz vor allem bei Ausdrücken erhalten, die in der Alltagssprache verwendet werden."
Ein anschauliches Beispiel sind auch Palatschinken oder Plinsen, wie Elspaß erläutert. "Eine süße Omelette heißt in Deutschland meist ’Pfannkuchen’, aber eben nicht da, wo ’Pfannkuchen’ etwas anderes bedeutet: Da muss man dann ’Eierkuchen’ oder das ursprünglich sorbische Wort ’Plinse’ sagen, um nicht die falsche Leckerei zu bekommen."
Zurück zum Berliner, also dem Krapfen. In einigen Regionen gibt es die Sitte, zum Spaß und als kleine böse Überraschung Exemplare etwa mit Senf oder Zwiebeln statt Konfitüre zu füllen. Manche Bäcker erregten in den vergangenen Jahren mediale Aufmerksamkeit, indem sie zur Karnevalszeit gewöhnungsbedürftige Varianten anboten.
So hatte der Bäcker und Konditor Florian Perkmann aus dem oberbayerischen Miesbach schon einen Leberkas-Krapfen oder einen Wurst-Krapfen im Sortiment. Und im hessischen Nidda hatte die Familie und Bäckerei Rank in den letzten Jahren schon den Mett-Kräppel und den Thunfisch-Kräppel im Angebot. Dieses Jahr gibt es dort den sogenannten Flaaschworscht-Kräppel, also einen Berliner mit Fleischsalat.
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