Zisch-Schreibwettbewerb Frühjahr 2018 I

Das Internat der tausend Gefahren

Von Carmelo Severino und Jascha Beli, Klasse 4b, Turnseeschule, Freiburg  

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Bald sind Sommerferien. Auf der einen Seite freue ich mich, auf der anderen Seite nicht. Als ich fünf war, sind meine Eltern bei einem schrecklichen Autounfall ums Leben gekommen. Nun bin ich auf einem Internat, dort habe ich mit meinen Freunden Jakob und Benjamin ein spannendes Abenteuer erlebt:

Es war am frühen Morgen und ich lag in meinem Bett im Internatszimmer, das ich mir mit Benjamin teilte. Auf einmal schreckte ich hoch. Draußen auf dem Gang hörte ich Schritte. Eigentlich war um diese Uhrzeit noch niemand wach. Deswegen ging ich zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Zunächst sah ich nichts. Doch dann gewöhnten sich meine Augen nach und nach an die Dunkelheit, und ich sah eine weiße Gestalt am Zimmer vorbeihuschen. Ich knallte die Türe zu, fand aber trotz verzweifeltem Suchen keinen Schlüssel, um abzuschließen. Mein Blick schweifte durch das Zimmer und blieb am Wäschekorb hängen. Ich durchwühlte ihn, hörte ein Klimpern, fand den Schlüssel, hetzte zur Tür und schloss sie schnell ab. Ich schnaufte erleichtert. Mein Freund Benjamin war inzwischen aufgewacht und schaute mich verschlafen an. Er murmelte: "Was machst du da?" Ich antwortete: "Ach, ich glaube, ich sehe Gespenster.." Benjamin wurde bleich, und ich sah in seine vor Angst weit aufgerissenen Augen. "Gespenster?", fragte Benjamin. Darauf antwortete ich: "Naja, ich sehe Gespenster heißt eigentlich ..." Benjamin quasselte dazwischen: "Hast du die Tür abgeschlossen?" Ich antwortete: "Ja." Benjamin sprach weiter: "Gespenster ... also, meine Oma hat mir erzählt, dass die einen verschleppen, foltern oder gar töten." Benjamin jammerte noch lange weiter, bis irgendwann der Gong zum Frühstück ertönte. Ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht, Benjamin die Sache mit dem "Gespenst" weiter zu erklären.

Kurz darauf saßen wir an der langen Tafel im Speisesaal. Dann kam Jakob zu uns geschlendert. Als er sich zu uns setzte, ertönte eine raue Stimme. Sie gehörte zu unserem Schulleiter, Herrn Brown. Allerdings nannten ihn alle Schüler Herrn Brownie. Er brüllte in sein Mikrofon: "Heute gibt es ein Wettrennen. Es ist ein sehr besonderes Wettrennen, denn dieses Rennen wird darüber entscheiden, wer im kommenden Schuljahr Schülersprecher werden wird. Außerdem findet es in der Nacht statt. Die ersten drei, die das Ziel erreichen, werden Schülersprecher. Der Wettkampf wird im ganzen Schulhaus und auf dem Schulhof stattfinden. Alle, die mitmachen möchten, treffen sich um Mitternacht in der Aula. Am Morgen nach dem Rennen findet die Siegerehrung statt. Einen schönen letzten Schultag."

Der Job als Schülersprecher war sehr begehrt, und ich sagte: "Ich glaube, ich mache mit." Als ich zu Jakob hinüber schaute, meinte er: "Ich überlege es mir noch." Ich musste Benjamin gar nicht erst anschauen, denn ich wusste seine Antwort schon: "Nein! Nie im Leben!"
Als es dann so weit war, gingen wir eine halbe Stunde vor dem Rennen in die Aula. Jakob hatte sich doch entschieden, mitzumachen. Wir warteten gespannt, bis es so weit war. Der Schulleiter erschien und zählte herunter: "Drei-zwei-eins, und los!" Alle rannten los.

Nach wenigen Minuten konnte ich nicht mehr. Ich keuchte und sagte zu Jakob: "Lauf du ohne mich weiter, ich hole dich schon noch ein." Jakob verschwand in der Menge der anderen Läufer. Ich joggte langsam weiter. Nach einer Weile war ich weit zurückgefallen, und schaute zurück. Ich erschrak! Hinter mir lief nur noch ein Mädchen.

Doch hinter ihr war noch etwas anderes: Es war die weiße Gestalt aus der vorigen Nacht! Plötzlich war mir alles egal und ich rannte um mein Leben. Ich überholte einen Läufer nach dem anderen. Bald überholte ich auch Jakob. Er war Sechster. Ich rannte und überholte weiter, bis ich auf der Zielgeraden die zwei vordersten Läufer mit mir zugleich über die Ziellinie riss. Wir hatten gewonnen. Ich wartete auf Jakob und die anderen Läufer. Jakob beglückwünschte mich.
Ich ging mit Benjamin in unser Internatszimmer. Es dauerte keine zwei Minuten, da schlief ich vom Lauf völlig erledigt ein – tief und fest.

In der Nacht wachte ich auf. Es war schätzungsweise ein Uhr morgens. Benjamin schlief seelenruhig. Als ich aus dem Fenster guckte, fuhr ich plötzlich zusammen. Ich sah, wie gerade etwas aus dem Nachbarinternat huschte. Die weiße Gestalt war wieder da. Doch diesmal konnte man ihr Gesicht sehen. Ich traute meinen Augen nicht, ich sah tatsächlich den Direktor des Nachbarinternats. Sollte er das Gespenst sein? Plötzlich schien der Direktor verunsichert und versteckte sich wieder unter seiner Maske und hinter der Mauer. Er lugte vorsichtig um die Ecke und ich sah eine zweite weiße Gestalt. Sie kam direkt auf ihn zu. Er traute sich seinem Versteck und begrüßte die zweite weiße Gestalt, indem er die Hand hob. Die andere Gestalt deutete mit seinen bleichen, weißen Fingern auf mein Zimmer. Ich erschrak und duckte mich schnell. Hatten die beiden mich gesehen? Ich krabbelte schnell wieder unter meine Bettdecke und mein Herz pochte bis zum Hals. An Schlafen war nicht zu denken, also überlegte ich mir, was ich tun könnte.

Als ich mich wieder beruhigt hatte, kam mir nur noch eine Möglichkeit in den Sinn. Ich muss zu Direktor Brown. Ich schlich durch den Flur auf dem Weg zu seinem Zimmer. Schon von weitem hörte ich ein Geräusch. Ich konnte nicht einordnen, was es war. Sollte ich weitergehen oder nicht? Ich nahm all meinen Mut zusammen und ging auf Zehenspitzen weiter. Als ich um die Ecke bog und die Zimmertür des Direktors sah, wusste ich auch, wo das Geräusch herkam. Es wurde nämlich mit jedem Schritt lauter und lauter! Der Direktor schnarchte tatsächlich so laut wie eine Motorsäge. Wie mache ich mich jetzt am besten bemerkbar? Soll ich einfach anklopfen? Ich klopfte dreimal, sehr fest an die Tür und lauschte. Das Schnarchen verstummte, bevor es kurz darauf wieder losging. Noch lauter als vorher. Ich klopfte erneut und noch fester als vorher. Es wurde leise im Zimmer und dann bewegte sich etwas. Ich hörte Schritte, und Mr. Brown öffnete mir doch tatsächlich im Nachthemd die Tür.

Bei dem Anblick musste ich mir das Lachen extrem verkneifen. Doch dann fiel mir wieder ein, warum ich hier war und erzählte ihm von meiner Entdeckung und dass ich das Mädchen nach dem Rennen nicht mehr finden konnte. "John, kann es sein, dass du nur einen schlimmen Albtraum hattest?" "Nein Herr Direktor, ich lüge nicht. Ich werde es ihnen beweisen." Der Direktor schickte mich wieder zurück ins Bett. Dort rollte ich mich zusammen und schlief auf der Stelle ein.

Am nächsten Morgen weihte ich meine Freunde Benjamin und Jakob in die Geschehnisse der Nacht ein. Am Ende vom Frühstück verkündete der Direktor, dass seit dem Wettkampf ein Mädchen vermisst würde. Sie hieß Lilli und war 13 Jahre alt. Die Schule sollte in drei Tagen schließen, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholen würde. Alle Schüler würden auf die Nachbarschulen und Internate verteilt. Jakob, Benjamin und ich gingen in die Bibliothek, um die Lage zu besprechen. Ich sagte: "Ich werde mich heute Nacht noch einmal auf die Lauer legen." Jakob wollte direkt mitmachen. Benjamin war zuerst unsicher, aber schließlich ließ er sich doch überreden. Wir gingen auf unsere Zimmer und bereiteten uns auf das nächtliche Abenteuer vor.

Am Abend postierten wir uns in der Nähe der Bibliothek hinter einer Ritterrüstung. Jetzt brauchten wir nur noch zu warten. Ich guckte auf meine Uhr, als es gerade zwölf wurde. Wir hatten den Fotoapparat von Benjamin dabei, um diesmal einen Beweis zu erstellen. Ein Seil von Jakob diente zu unserem Schutz. Nach weiteren zehn Minuten hörten wir Schritte. Die zwei weißen Gestalten näherten sich der Bibliothek. Ich zählte leise rückwärts: Drei, zwei, eins und los. Ich und meine Freunde sprangen aus unserem Versteck. Jakob hielt das Seil an einem Ende und ich am anderen. Jakob lief blitzschnell um die beiden Gestalten herum und wir zogen das Seil fest. So überwältigten wir sie und fesselten sie zusätzlich an Händen und Füßen. Sie sahen aus wie ein zusammengeschnürtes Paket. Dann endlich rissen wir ihnen die Masken vom Gesicht. Wie erwartet waren es der Schuldirektor von der Nachbarschule und sein Freund, der Hausmeister. Benjamin schoss mit seiner Kamera direkt drei Beweisfotos.

Jakob sprintete direkt los, um Direktor Brown zu holen. Die beiden kamen kurz darauf zusammen zurück.
Der Direktor traute seinen Augen nicht. Wir erzählten ihm alle Einzelheiten. Es dauerte eine Weile, bis er alles verstand. Direktor Brown rief: "Betrug!", und ich fragte das eingeschnürte Paket, warum sie das getan hatten. Der Schulleiter des Nachbarinternats antwortete: "Mein Freund hier und ich haben vor Jahren einen Bankraub begangen und die Beute damals hier in diesem Internat versteckt. Wir wollten, dass das Internat geschlossen wird, damit wir unser Geld unbemerkt wiederbekommen. Danach wollten wir in der Südsee ein neues Leben anfangen." Der Hausmeister brabbelte daraufhin ganz aufgeregt: "Recherchieren, recherchieren, recherchieren – wir haben die ganze Nacht überlegt, ob es in der Südsee einen abgelegenen Platz gibt." "Es tut uns leid was wir alles angestellt haben", sagte der Direktor wiederum. Herr Brown fragte daraufhin sehr ernst: "Habt Ihr etwa auch das Mädchen entführt? Wo ist sie???" "Ja, das waren wir, das gestehe ich. Wir haben sie geknebelt und gefesselt in der ersten Kabine von der Mädchentoilette des zweiten Stocks eingesperrt", sagte der Schulleiter vom Nachbarinternat.

Kurze Zeit später, als Lilli längst wieder frei war, saßen wir drei auf einem ziemlich harten Sofa im Lehrerzimmer. Unser Geschichtslehrer Herr Ulrich saß neben uns und guckte uns mit großen Augen an. Die Polizei kam und verhaftete die zwei Gestalten vom Nachbarinternat, den Schulleiter und den Hausmeister. Wir brauchten zur Belohnung einen Monat keine Hausaufgaben machen und alle Schüler konnten doch im Internat bleiben.

Am Abend saßen wir drei in meinem Zimmer zusammen und lasen uns gegenseitig gruselige Geschichten vor. Wir alle lachten, bis auf Benjamin, der sich schon wieder unter seiner Bettdecke verkrochen hatte.

Zum Schluss merkt euch eins: GESPENSTER GIBT ES NICHT!!!

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