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Weihnachtsbaum adé

Das Knutfest in Schweden gibt es wirklich

André Anwar
  • Fr, 13. Januar 2017, 00:00 Uhr
    Panorama

Das Knutfest gibt es nicht nur in der Werbung von Ikea. Dann plündern die Kinder die übrig gebliebenen Süßigkeiten. Anschließend werden die Tannen aus den Häusern geworfen.

Tschüss, Tannenbaum  | Foto: rosifan19
Tschüss, Tannenbaum Foto: rosifan19

STOCKHOLM. Hierzulande ist die Weihnachtszeit schon vorbei. In Schweden endet sie erst an diesem Freitag mit dem Knutfest. Dann plündern die Kinder die Weihnachtsbäume, essen die übrig gebliebenen Süßigkeiten, anschließend werden die Tannen aus den Häusern geworfen. Allerdings regnen sie nicht auf Straße und Passanten wie in der Werbung, denn das ist streng verboten. Die Stockholmer Müllabfuhr freut sich hingegen über korrekt entsorgte Weihnachtsbäume.

In großen Teilen des Christentums dauert die Weihnachtszeit maximal 13 Tage. Sie endet mit dem Dreikönigstag. Doch in Schweden, Finnland und Teilen Norwegens ist erst am 20. Tag nach Weihnachten Schluss. Am 13. Januar ist der Namenstag von Sankt Knut. Der posthum heiliggesprochene dänische Prinz Knut wurde im Januar 1131 von einem Thronfolge-Konkurrenten ermordet.

Seit dem 17. Jahrhundert gilt der Knuttag als Endpunkt der Weihnachtszeit. Seit dem heißt es in Schweden "Knut för julen ut!" (Knut bringt Weihnachten zu Ende).

In einigen schwedischen Familien und Kirchen wird der Knuttag noch heute gefeiert. So lädt etwa die Östra Karups Kirche im südschwedischen Bastad am frühen Nachmittag zum Knutgottesdienst mit anschließendem Knutfest ein.

Dann dringen mitten im Januar nochmal "Stille Nacht" und andere von der Orgel und Gesang begleitete Weihnachtslieder aus den Kirchenpforten. "Es ist ein schöner Abschied vom Weihnachtsfest und markiert den Neubeginn. Die Kinder lieben es", sagt die Gemeindepädagogin Karin Frick der Badischen Zeitung. Nach dem Gottesdienst wird im Gemeindehaus gegessen und getrunken und eine Kindertheatergruppe tritt auf. Zu Volksliedern tanzt man um den Weihnachtsbaum, genauso wie im Sommer um die Mittsommerstange.

Es folgt die Weihnachtsbaumplünderung. In bescheideneren Zeiten konnten die Kinder sich dann endlich die im Baum hängenden Süßigkeiten herausklauben. Heute werden kleine Plastikbeutel mit frischem Naschwerk an den Baum gehängt, damit die Kinder sie abpflücken können.

Der folgende Hinauswurf des Weihnachtsbaumes bildet den Abschluss des Knuttages. Glaubt man der deutschsprachigen Möbelwerbung, werfen die Schweden dann ihre Tannen am St.-Knut-Tag einfach aus den Fenstern auf die Straßen und Passanten, um Platz für neue Möbel zu schaffen. Die Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaumwerfen am Knuttag im deutschen Weidenthal in der Pfalz ist vermutlich von dieser Darstellung inspiriert worden.

In Schweden wirft allerdings niemand so weit. Ein Wurf auf die Straße kann Geldbußen und gar eine Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr nach sich ziehen, warnt etwa die Rentnerzeitung Senioren ihre Leser. "Sowas habe ich noch nie gesehen! Entweder die Leute verbrennen ihre Bäume im Garten oder sie bringen sie zu Sammelplätzen der Müllabfuhr", sagt auch Frick und lacht.

Tatsächlich wirbt etwa die Müllabfuhr Stockholm um die ordnungsgemäße Abgabe der Tannen. Denn die werden nach ihrem Dekorationszweck zu Biokohle umgewandelt. "Ein Weihnachtsbaum kann so vier volle Waschmaschinen mit Strom versorgen", wirbt die Müllabfuhr der schwedischen Hauptstadt.

Ein bisschen geworfen wird aber auch in Schweden. "Mein Vater hat den Baum am Knuttag immer in hohem Bogen von der Terrasse in den Garten geworfen", erinnert sich die 26-jährige Stockholmer Köchin Hanna Olsson: "Es war traurig für uns Kinder, da Weihnachten dann zu Ende war, aber den Knuttag fanden wir immer lustig." Sogar ein sich – im Schwedischen hübsch reimendes – Weihnachtsabschlussliedchen singen die Schweden beim Hinauswurf des Weihnachtsbaums: Nun ist das frohe Weihnachten vorbei / Der Weihnachtsbaum wird rausgeworfen."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 13. Januar 2017: PDF-Version herunterladen

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