Zisch-Schreibwettbewerb Frühjahr 2014

Das Rotkehlchenmädchen

Von Ronja Pietsch, Klasse F2, Clara-Grunwald-Schule  

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Es war Nachmittag, als der Redakteur Joel am Fluss spazieren ging. Er schaute auf seine Uhr und merkte, dass er schon längst bei der Arbeit sein müsste. Also beeilte er sich in die Redaktion zu kommen.
Zur gleichen Zeit kreuzte am Fluss eine alte Frau mit einer Warze auf der Nase auf. Sie führte ein blondes Mädchen an der Hand. Die Frau sagte: "Hier ist der Platz, auf dem du so gern spielst. Bleibe hier bis ich wieder zurückkomme." Dann verschwand sie im Wald. Doch das Mädchen dachte gar nicht daran dort sitzen zu bleiben und schlich ihr nach. Bald erreichten sie eine kleine Holzhütte. Die Frau ging hinein und öffnete ein Fenster zum Lüften. Das Mädchen setzte sich unter das Fenster und lauschte. Sie hörte die Frau murmeln. Es ertönte ein Zischen, ein Knistern, ein Schrei und ein Knall. Plötzlich spritzten dem Mädchen zwei Tropfen von rotgrünem Gebräu ins Gesicht und sie schrie: "Iiiiiiiiiiiiiiiiiih!" Sofort kam die alte Frau aus der Hütte gerannt und murmelte ein paar unverständliche Worte. Das Mädchen erschrak und spürte wie ihre Arme zu Flügeln wurden und sie schrumpfte. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.

Sie fand sich wieder auf einem Stein liegend. Aber der war so groß – oder war sie so klein? So merkte sie, dass die alte Frau sie in ein Rotkehlchen verwandelt hatte. Sie setzte sich auf und flog in den Apfelbaum mit weißen Knospen, in dem sie früher als Mädchen immer so gern geklettert war. Als sie sich an ihre neue Gestalt gewöhnt hatte, flog sie zu ihrem Lieblingsplatz am Fluss und setzte sich dort auf einen Stein. Sie schlief vor Erschöpfung ein und wachte erst wieder auf, als der Vollmond über die Gipfel der Berge kroch. Sie öffnete die Augen und merkte, dass sich jemand auf einen großen Stein neben sie gesetzt hatte. Sie erkannte in ihm den Redakteur Joel, den sie schon öfter am Fluss wandernd beobachtet hatte. Joel schaute in den Fluss und sah das Spiegelbild eines wunderschönen, blonden Mädchens, das auf einem Stein saß. Dann schaute er wieder neben sich, doch dort sah er nur das Rotkehlchen, das ihn mit traurigen Augen ansah. Er fragte sich, ob er träumte. Doch als das Rotkehlchen ein trauriges Liedchen pfiff, wusste er, dass dem Vogel etwas Grausiges passiert war. "Wie kann ich dir helfen?", wollte der Redakteur wissen.

Das Rotkehlchenmädchen flatterte hin und her und gab so Joel zu verstehen, dass er ihr folgen sollte. Sie führte ihn zur Hütte der Hexe. Dort flog sie zu einem Stein und versuchte ihn umzudrehen. Joel half ihr und fand eine alte Rolle Pergament mit einem Siegel. Das Pergament enthielt eine Darstellung zum Zurückverwandeln eines Rotkehlchens in einen Menschen, darauf stand: "Vom Rotkehlchen zum Mensch"

Nach der Verwandlung in ein Rotkehlchen trägt der Lieblingskletterapfelbaum des Menschen nur noch bei Vollmond weiße Blüten. Eine Blüte jedoch hat rosa Spitzen. In dieser Blüte befindet sich eine Perle, die innerhalb von zwei Vollmondnächten nach der Verwandlung zerstört werden muss. Dies kann der Vogel selbst nicht tun, denn dafür benötigt man drei Kristalle aus der Höhle des Eises. In einer Vollmondnacht muss man den größten Kristall in die Mitte des Flusses legen, damit sich das Rotkehlchen darauf stellen kann. Danach legt man die Perle auf den zweitgrößten Kristall in den Sand und, wenn der Mond direkt über dem Rotkehlchen auf dem Kristall steht, sodass sich das Licht darin bricht, muss die Perle mit dem kleinsten Kristall zerschlagen werden. Wenn das nicht geschieht, behält das Rotkehlchen seine Gestalt ein Leben lang.

Joel zweifelte: "Das klingt ziemlich schwierig. Glaubst du, das schaffen wir? Und weißt du überhaupt, wo die Höhle des Eises liegt?" Das Rotkehlchen nickte, denn ihre Tante hatte ihr diese Höhle schon einmal gezeigt. Sie waren den Rest der Nacht und einen Tag unterwegs. Als sie an der Höhle ankamen, war die Sonne schon untergegangen und man sah nur noch einen roten Schimmer am Himmel. Das Rotkehlchen setzte sich auf einen Stein und der Redakteur ging in die Höhle. Als er wieder raus kam schnaufte er: "Puh, das war schwierig die Kristalle aus der Wand herauszubrechen. Ich würde vorschlagen hier zu übernachten." Doch da war das Rotkehlchen schon eingeschlafen.
Als sie wieder aufwachten, stand die Sonne schon hoch am Himmel und sie wanderten los. Beim Apfelbaum angekommen, forderte der Redakteur das Rotkehlchen auf, die weiß-rosa Knospe zu suchen, damit sie die Perle bei Vollmond gleich finden würden. Damit trennten sie sich und trafen sich beim nächsten Vollmond wieder. Der Apfelbaum blühte prächtig. Das Rotkehlchen flog zur Blüte, holte die Perle heraus und ließ sie in Joels Hand fallen. Joel legte den größten Kristall in den Fluss und das Rotkehlchen landete darauf. Dann legte er den zweitgrößten Kristall in den Sand und die Perle gleich obendrauf. Als das Licht genau auf das Rotkehlchen und den Kristall traf, hob der Redakteur die Hand und zerschlug die Perle mit Wucht. Sofort spürte das Rotkehlchen ein Prickeln am ganzen Körper und plötzlich stand das Mädchen mit triefendem Kleid und nassen Schuhen im Fluss. Sie schrie vor Freude und bedankte sich bei Joel. Der Redakteur fragte: "Was ist dir denn passiert? Wie bist du zu dieser Gestalt gekommen?" Und das Mädchen erzählte die ganze Geschichte. Am Schluss sagte es: "Wir sollten die Hexe nicht verraten, denn die Polizei kann ja sowieso nichts gegen sie unternehmen."

Der Redakteur aber beschloss aus der Geschichte ein Märchen zu machen und dieses in seiner Zeitung zu veröffentlichen. Das Mädchen ging nach Hause und sie sahen sich nie wieder. Doch die Geschichte war eine Erinnerung für den Redakteur und er vergaß das Rotkehlchenmädchen nie.

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