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"Das sollte jeder mal machen"

  • Franca Lingenfelder, Klasse 9, Theodor-Heuss-Gymnasium (Freiburg)

  • Do, 20. Dezember 2018
    Schülertexte

     

ZISCHUP-INTERVIEW mit Paulina Henning von Lange über ihre plastikfreie Woche, in der sie selbst Shampoo hergestellt hat.

Eine Plastiktüte zerstört das Bild vom Unterwasserparadies.   | Foto: adobe.com
Eine Plastiktüte zerstört das Bild vom Unterwasserparadies. Foto: adobe.com

Die 19-jährige Studentin Paulina Henning von Lange hat im Sommer sieben Tage lang plastikfrei gelebt. Dieses Projekt hat sie über das Freiburger Stadtmagazin Chili gemacht und anschließend darüber geschrieben. Über ihre Erfahrungen hat sie Zischup-Reporterin Franca Lingenfelder aus der Klasse 9d des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Freiburg erzählt.

Zischup: Was hat Sie in Ihrer plastikfreien Woche am meisten überrascht?
Henning von Lange: Am meisten überrascht hat mich, dass man trotz Vorbereitung immer etwas vergisst. Selbst wenn man sich bemüht und extra Gläser kauft, muss man feststellen, dass ein Plastikdeckel unter dem Verschluss ist. Aufgefallen ist mir auch, dass man eben nicht mehr so flexibel ist, zum Beispiel wenn du einkaufen gehen willst, musst du immer irgendetwas einpacken, eine Dose oder so etwas. Es gibt weit mehr Plastik, als man denkt – in allen Sachen, die man konsumiert.

Zischup: Und was fanden Sie besser gegenüber den sonstigen Lebensgewohnheiten?
Henning von Lange: Auf jeden Fall, dass man viel bewusster konsumiert. Das, was du kaufst, ist qualitativ hochwertiger, das Gemüse, das Brot, die Kleidung ist besser. Das fand ich ziemlich gut.

Zischup: War es eigentlich teurer in dieser Woche des Projekts?
Henning von Lange: Es wird am Anfang auf jeden Fall ein bisschen teurer sein, du musst natürlich erstmal alles kaufen, also zum Beispiel, wenn du bei Kosmetikprodukten umsteigst, musst du statt eines Rasierers so einen Rasierhobel holen, das wird dann bestimmt ein bisschen teurer sein als ein normaler Rasierer. Oder wenn du ein eigenes Deo herstellst, dann musst du erstmal die ganzen Zutaten kaufen, aber du kannst es dann im Prinzip sehr lange benutzen.

Zischup: Haben Sie etwas aus den sieben Tagen gelernt, oder nehmen Sie Erfahrungen mit, die Ihnen im weiteren Leben helfen?
Henning von Lange: Ich habe auf jeden Fall gelernt, dass ich unbewusst sehr viel Plastik konsumiere. Außerdem denkt man dann schon zweimal darüber nach, ob man dieses eine Ding jetzt wirklich braucht oder nicht. Aber ich bin in solchen Fällen kein gutes Vorbild, ich kaufe mir viel zu viele Sachen.

Zischup: Sie haben einen Artikel über Ihren Selbsttest geschrieben und darin Fakten über das viele Plastik aufgelistet. Waren Sie erschrocken, als Sie die Zahlen gesehen haben? Deutschland produziert zum Beispiel überdurchschnittlich viel Müll.
Henning von Lange: Nein, dass es so schlimm ist, habe ich definitiv nicht erwartet. Man denkt ja, dass ein Land wie Deutschland sich das Problem bewusst macht und dagegen angeht. Aber dem ist nicht so, und das hat mich wirklich erschreckt. Und worüber ich auch sehr erschrocken war, ist, dass im Jahr 2050 mehr Plastik als Fische im Ozean schwimmen soll. Damit habe ich definitiv nicht gerechnet.

Zischup: Würden Sie das Projekt wiederholen?
Henning von Lange: Doch. Es wäre interessant, es im Winter durchzuführen, denn im Sommer ändern sich einige Faktoren. Wenn du zum Beispiel unterwegs bist und Durst hast, dann kannst du dir halt nicht mal schnell irgendetwas holen.
Zischup: Hatten Sie oft das Gefühl, wenn zum Beispiel jemand neben Ihnen eine Tüte Chips gegessen hat, dass Sie es nicht mehr aushalten?
Henning von Lange: Also, ich glaube, eine Woche ist noch in Ordnung, aber es war jetzt nicht so, dass ich dachte, ich schaffe es nicht mehr.

Zischup: Haben Sie nach dieser Erfahrung etwas geändert in Ihrem Leben, oder haben sie alles gleichbleiben lassen?
Henning von Lange: Unmittelbar nach dem Experiment habe ich auf jeden Fall mehr darauf geachtet. Ich habe zum Beispiel Joghurt und Milch nicht mehr in Plastikbechern, sondern in Glasflaschen gekauft. Strohhalme oder Plastikverpackungen lasse ich auch meistens weg.

Zischup: Haben Sie eine Idee, wie viel Plastik man als Mensch so verbraucht?
Henning von Lange: Genaue Zahlen weiß ich nicht, aber ich glaube, ein Erwachsener in Deutschland verbraucht im Jahr durchschnittlich 37 Kilogramm Plastik. Aber ich denke, wenn man hundertprozentig plastikfrei lebt, dann macht man natürlich einen Unterschied. Und wenn man einmal angefangen hat, dann ist es auch relativ leicht, sich ein bisschen weiter reinzuarbeiten, weil man halt super viel ausprobiert und sich auch daran gewöhnt. Manche Produkte sind auch einfach besser, zum Beispiel Haarseife oder so etwas.
Zischup: Wären die verpackungsfreien Läden, von denen Sie im Artikel geschrieben haben, eine gute Lösung?
Henning von Lange: Einige von denen waren sehr viel teurer, die müssen ihre Produkte natürlich auch hertransportieren lassen und dadurch wird dann CO2 ausgestoßen und so weiter und sofort. Die Idee finde ich gut, aber die Organisation ist nicht so ganz durchsichtig gewesen. Ich denke aber auf jeden Fall, dass das ein guter Schritt in die richtige Richtung ist. Was ich aber auch sehr gut finde ist, wenn zum Beispiel gängige Drogerieketten Plastiktüten verbieten.

Zischup: Würden Sie sagen, wenn Sie auf die Woche zurückblicken, dass es eine gute Erfahrung war, oder waren Sie eher froh, als es vorbei war?
Henning von Lange: Ich finde, es war eine sehr gute Erfahrung, und jeder sollte so etwas mal gemacht haben. Selbst wenn man sein ganzes Leben danach nicht umstellt, das wäre auch ein bisschen viel verlangt. Aber einfach dieses Bewusstsein ist wichtig, dass man zweimal darüber nachdenkt, was man da gerade kauft, und ob das sein muss. Von dem her finde ich das eine sehr gute Erfahrung und ich würde es jedem empfehlen. Ich war aber trotzdem froh, als es vorbei war, weil zum Beispiel die Zahnpasta, die ich mir selber gemacht habe, ekelhaft war, aber ich glaube, wenn ich das länger gemacht hätte, hätte ich die auch nochmal neu gemacht.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 20. Dezember 2018: PDF-Version herunterladen

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