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Gewinner-Zisch-Schreibwettbewerb Frühjahr-I 2023

Der Schatz der Yetis

  • bzt

  • Sa, 01. April 2023, 06:08 Uhr
    Schreibwettbewerb

Von Paul Sebastian Schliebitz, Klasse 4a, Turnseeschule, Freiburg

  | Foto: Ferdinando Terelle
Foto: Ferdinando Terelle
Einer von drei Gewinner-Texten des Zisch-Schreibwettbewerbes im Frühjahr-I 2023

Eines Morgens wachte Tim, ein Junge im Alter von zwölf Jahren, auf. Es war noch sehr früh am Morgen. Auf seinem Nachttisch lag ein Buch. Es hieß "Der Schatz der Yetis". Tim fing an, es zu lesen. In dem Buch ging es um einen armen Eismenschen, der auf der Suche nach dem Schatz der Yetis war. Das Buch spielte in einer anderen Welt. Sie war wie der Norden dieser Welt, nur viel, viel größer und etwas kälter, und überall lag nur ewiges Eis und ewiger Schnee. Am kältesten aller Punkte dieser eiskalten Welt lag der Palast der Yetis, der Könige dieser Welt. Dort gab es noch viele andere Wesen, die nur im ewigen Eis vorkamen: Eiseulen, die Eis speien konnten oder zum Beispiel Eisbären, die ihre Opfer vereisten, und viele andere Wesen mehr. Die normalsten Bewohner waren Menschen, deren Beine aus Eis bestanden. Wenn einer dieser Menschen starb, erwachte er oft, wenn er lange im Eis eingefroren war, wieder als vereistes Skelett, allerdings ohne Kontrolle über sich selbst. Er bekam eine Aufgabe, und wenn er sie bewältigte und sein Ziel erreichte, wurde er neu geboren. Doch der Held dieser Geschichte hieß Alex.

Alex war ebenfalls ein Eismensch und lebte in einer sehr armen Familie, und bei Eismenschen gab es keine staatliche Hilfe für Arme! Eines Tages wurde seine Schwester schwer krank, doch sie konnten sich keine medizinische Versorgung leisten. Schließlich beschloss Alex, loszuziehen, um den Schatz der Yetis zu rauben. Da die Yetis Diktatoren waren, und Alex und seine Familie das Geld brauchten, hielt er es für keine schlimme Tat. Doch der Weg war gefährlich und der Schatz gut bewacht. Schon mehrere hundert Eismenschen waren bei dem Versuch, ihn zu stehlen, in den Kerker geworfen worden. Weil Alex seine Schwester über alles liebte, brach er, nur mit einem einfachen Dolch bewaffnet, auf. Mitten an einer Stelle in dem Buch, an der Alex von einem Eisbären an eine Wand gedrängt wurde, hörte Tim plötzlich eine Stimme.

"Hilfe, hilf mir!!" Sie schien aus dem Buch zu kommen. Tim erschrak fürchterlich und schlug das Buch zu. Er hatte die Stimme klar und deutlich gehört. Ein Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Schnell setzte er sich an seinen PC und recherchierte nach einer Liste aller Bücher, die mit einer Sprech- oder Geräuschautomatik ausgestattet waren. Schließlich fand er eine solche Liste, doch sein Buch stand nicht darauf. Er sah bei einer anderen Liste nach, diesmal mit versteckter Sprech- oder Geräuschautomatik, doch auch hier war sein Buch nicht zu finden. Tim konnte es kaum glauben: Konnte dieses Buch wirklich sprechen? War es ein Zauberbuch? Als Tim sich am nächsten Morgen mit seinem besten Freund Max traf, erzählte er ihm von allem. Erst wollte Max ihm nicht glauben, doch dann klappte Tim das Buch noch einmal auf. Wieder hörten sie die Stimme: "Bitte komm und hilf mir! Um zu mir zu kommen, musst Du nur den grünen Smaragd auf der Rückseite des Buches berühren!" Diesmal war sie noch deutlicher zu hören. Zitternd klappte Tim das Buch zu. Jetzt glaubte Max ihm. Am nächsten Morgen kam Max wieder zu Besuch. Als sie allein waren, begann Max zu reden: "Ich habe im Internet nach Sagen über Zauberbücher recherchiert. Es gibt eine Sage um ein Zauberbuch, das ein Portal zu einer anderen Welt ist. Mehr stand da leider nicht. Hast Du das Buch aus einer Buchhandlung?". "Nein, auf dem Flohmarkt gekauft", sagte Tim. "Hmmm, verdächtig!", erwiderte Max. "Wollen wir nochmal recherchieren?", fragte Tim, "vielleicht finden wir noch mehr". "Na gut", erwiderte Max. Tatsächlich fanden sie noch mehr und zwar besagte die Sage auch, dass wer mehr als zwei Wochen in der Nähe des Zauberbuches war, automatisch in dessen Welt hineingezogen wurde, und Tim hatte es schon seit einer Woche und sechs Tagen. Schließlich beschlossen sie, es zu zerreißen (vorsorglich, falls die Sage wahr sein sollte, und falls sie sich wirklich auf dieses Buch bezog). Vorher gingen sie allerdings noch eine Runde draußen spielen.

Als sie anschließend das Buch zerreißen wollten, berührte Max aus Versehen den grünen Smaragd auf der Rückseite und war plötzlich verschwunden. Tim hob das Buch erschrocken in die Höhe, doch dabei berührte er ebenfalls den grünen Smaragd! Tim hatte das Gefühl, sein ganzer Körper würde sich zusammenziehen und durch eine enge Tür gezwängt werden. Dann wurde es schwarz. Wenige Augenblicke später, als er wieder etwas sehen konnte, fiel er durch einen blauweißen Spiralstrudel, immer tiefer und tiefer. Unter ihm segelte sein bester Freund Max. Plötzlich sah er Max nicht mehr, doch da erblickte er das Ende des Strudels. Er endete in der Welt, in der das Buch handelte. Max war schon halb im ewigen Eis versunken, als Tim unten ankam. Eisiger Wind wehte ihm entgegen. Zum Glück hatten sie von draußen noch ihre Wintersachen an, doch normale Winterkleidung war einer Kälte, die je nach Punkt dieser Welt bei minus 68 Grad Celsius oder sogar minus 148 Grad Celsius lag, nicht gewachsen. Doch zum Frieren blieb jetzt keine Zeit! Denn neben ihnen stand ein riesiger Eisbär, der gerade kurz davor war, Alex – die Hauptperson des Buches – zu verspeisen. Der Eisbär hatte sie noch nicht bemerkt. Alex stand dicht an die Wand gedrängt. Gerade wollte der Eisbär Alex mit seinen Vereisungskrallen zerkratzen, da zog Max Alex zur Seite und hinter einen Eisblock. Der Eisbär fragte sich, wo Alex plötzlich war und wartete ab. Nach ungefähr einer halben Minute gab er es auf und lief weg. "Danke! Danke, dass ihr gekommen seid!", sagte Alex zu den beiden Freunden. Tim verschwieg lieber, da sie das Buch ja eigentlich zerreißen wollten. Inzwischen schämte er sich auch dafür, er hätte damit eine ganze Welt für immer zum Stillstand gebracht.

Plötzlich knirschte das Eis vor ihm und zersplitterte. Mit einem Mal stand vor ihnen ein Skelett, an dem noch eine ganze Menge Eis hing. Seine Augen glühten rot auf. Alex flüsterte: "Jetzt erhält es seine Aufgabe! Wenn es sie schafft, wird es als Eismensch neu geboren!". "Ich brauche einen Diamanten aus dem Yeti-Schatz", flüsterte es mit hoher und zugleich bedrohlicher Stimme. "Wir haben Glück! Skelette sind stark. Wir können es verfolgen, es kann uns den Weg frei machen – und einen Diamant aus dem Yeti-Schatz abzugeben, ist nicht schlimm. Er enthält sicher mindestens 80 Diamanten!", flüsterte Alex vorsichtig, damit das Skelett nicht auf die Idee kam, hinter den Eisblock zu blicken, hinter dem sie standen. Denn Skelette waren nicht nur stark, sondern auch extrem angriffslustig und gefährlich. "Übrigens", fuhr Alex fort, "das Portal, um wieder in eure normale Welt zurückzukommen, befindet sich auch in der Schatzkammer". Plötzlich marschierte das Skelett los. "Los, wir verfolgen es – aber leise!", wisperte Alex. Schnell schlichen sie ihm nach.

Nach zwei Stunden Verfolgung waren Max und Tim völlig durchgefroren. Das Skelett hatte noch nichts bemerkt. Da Eismenschen nach fünf Stunden in der Kälte einen natürlichen Kälteschutz entwickeln, gab Alex ihnen seine beiden dicken Jacken. Nach einer weiteren Stunde wurde es noch kälter. Gerade als sie sich hinter einem Eisklotz versteckten, trat Max aus Versehen auf ein bröseliges Stück Eis. Ein nicht besonders lautes Knacken ertönte, aber Skelette können sehr gut hören. Es drehte sich um und fragte mit seiner seltsam hohen Stimme: "Ist da jemand?". Als niemand reagierte, ging es zu einem anderen Eisblock (zum Glück zu einem anderen als demjenigen, hinter dem Tim und seine Freunde sich versteckten), berührte ihn, und ein blauer Schimmer durchfuhr ihn und er zersprang in tausend Eisplitter. "Wow! Dieses Skelett hat außergewöhnliche Kräfte! So etwas kommt selbst bei Skeletten nur einmal unter tausend vor!", sagte Alex aufgeregt. Sie hatten Glück – das Skelett war offenbar der Ansicht, es hätte seine Verfolger (wenn es welche gab) beseitigt.

Nach weiteren drei Stunden Verfolgung konnten sie schon die Dächer des eisigen Yeti-Palasts sehen, allerdings war dies zugleich der kälteste Punkt dieser sowieso schon eisigen Welt. Max und Tim waren schon ganz bleich und hatten Husten, Schnupfen und leichtes Fieber. Außerdem hatten beide schon leichte Erfrierungen an den Händen und ohne die Gesichtsmasken, die Alex ihnen unterwegs noch gegeben hatte, wäre ihr Zustand noch ernster. Das Skelett ruhte sich ungefähr 100 Meter vor dem Palast aus und schien nochmal Kraft zu sammeln. "Alex, wenn wir im Yeti-Palast Abschied nehmen, wie erfahren wir dann eigentlich, ob Du Deiner Schwester helfen konntest? Und wie soll es mit dem Buch weitergehen?", fragte Tim. "Das alles erfahrt ihr, wenn ihr das Buch weiterlest", antwortete Alex, "übrigens: Da das Buch eine ganze Welt in sich versteckt, erschafft es immer wieder neue Seiten. Außerdem: Wer einmal in der Welt war, wird nicht noch einmal hineingezogen. Und noch etwas: Es ist keineswegs selbstverständlich, dass das alles klappt und ihr Euch verabschieden und in eure Welt zurückkehren könnt. Es ist alles sehr riskant". "Woher weißt Du überhaupt so viel über das Zauberbuch und die Portale?", fragte Max und blickte Alex verwundert an. "Und woher weißt Du, dass dies hier nicht die einzige Welt ist?". "Irgendjemand hat mit normalen Menschen, die hierher gekommen sind, geredet, und alles in einem Buch aufgeschrieben. Das Buch gibt es bis heute noch. Und übrigens: Bitte erzählt, wenn ihr zurückkehrt, niemandem von dieser Welt", flüsterte Alex leise, denn das Skelett war soeben wieder aufgestanden.

Es ging auf den Palast der Yetis zu. Der Palast war wirklich aus purem Eis, stellten sie staunend fest. Leise folgten sie dem Skelett, das zur Tür ging. Als es sie berührte, zersprang sie sofort mit einem lauten Klirren. Sofort gingen zwei große, kräftige Yetis mit zotteligem Fell, die offenbar Wache gehalten hatten, auf das Skelett los. Doch als es sie berührte, brachen sie sofort bewusstlos zusammen. Plötzlich brüllte ein weiterer Yeti von hinten mit tiefer und seltsam rauer Stimme: "Gebt ihm doch einen Diamanten aus dem Schatz! Vielleicht ist seine Aufgabe dann erfüllt, und wir sind ihn los!". "Mist", flüsterte Alex, "lasst uns reingehen solange hier noch Aufruhr herrscht!" Sie waren gerade in der Tür verschwunden, als ein Yeti dem Skelett einen Diamanten reichte. Um sie herum waren mehrere Gänge. "Wo geht es hier zur Schatzkammer?", fragte Max Alex. "Weiß auch nicht! Komm, wir nehmen diesen Gang dort", flüsterte Alex zurück und zeigte auf den nächstbesten Gang. Sie hatten Glück – an einer Tür des Gangs stand ein Wegweiser, auf dem ein Pfeil nach unten zeigte, neben dem "zur Schatzkammer" stand.

Als sie die Tür öffneten, sahen sie eine riesige Treppe, die nach tief unten führte. Plötzlich hörten sie Stimmen. "Da war doch was!", hörten sie eine der rauen Yeti-Stimmen sagen. "Komm wir schauen lieber mal bei der Schatzkammer nach", sagte eine andere. So schnell sie konnten, rasten sie die Treppen hinunter. Doch Yetis sind groß und haben lange Beine. Die Tür ging auf und zwei Yetis folgten ihnen dicht auf den Fersen, und sie hatten kaum eine Chance. Ein muskulöser Fellarm mit kräftigen Krallen griff bereits nach Tim. Er hatte nur eine Wahl: Mit letzter Kraft warf er sich über das Treppengeländer und sprang in das ungewisse Dunkel unter ihm! Kurz spürte er, wie Fahrtwind an ihm vorbeirauschte, während er fünf Meter in die Tiefe fiel. Doch dann spürte er nicht den befürchteten Aufprall, sondern landete in etwas Weichem, Biegsamem und zugleich Struppigem. Als er sich benommen umsah, stellte er fest, dass er auf zwei weiteren Yetis gelandet war, die vermutlich die Schatzkammer bewacht hatten. Ihr Fell war dick wie eine Turnmatte und ihre Speckschicht war sehr elastisch. Das musste ihn gerettet haben. Vor ihm befand sich eine Tür mit der Aufschrift "Schatzkammer". Doch um Max und Alex stand es derweil nicht gut. Ein Yeti griff bereits nach Alex, der zu rennen aufhörte und Max zurief: "Lauf weg, ich halte sie auf!". Und Max lief so schnell er konnte. Gerade wollte der Yeti Alex packen, da rannte Alex hinter die Yetis und stach ihnen seine beiden Dolche in den Rücken. Der Stich machte ihnen wegen ihres dichten Fells und ihrer Speckschicht nicht viel aus, aber sie waren kurz gelähmt. Alex nutzte die Zeit und rannte nach unten, wo Max und Tim bereits warteten. Gemeinsam öffneten die Freunde die Tür zur Schatzkammer. Der Anblick war überwältigend: Überall lagen Diamanten! Die Decke der Kammer war vergoldet. In der Mitte der Kammer stand ein weiß blau schimmernder Rahmen so groß wie eine Tür. Das musste das Portal zurück in die normale Welt sein! Alex reichte jedem eine Hand Diamanten, und dann verabschiedeten sich die Freunde voneinander. Tim und Max dankten Alex für seine Hilfe und wünschten ihm viel Glück, doch dann musste Alex los, bevor die Wachen wieder zu sich kommen würden. Er steckte so viel Diamanten ein wie er konnte, während Max und Tim durch das Portal traten.

Wieder bewegten sie sich durch einen weiß-blauen Spiralstrudel, diesmal nach oben. Er endete in Tims Zimmer, genau auf dem Buch. Sie schlugen es sofort auf und lasen den letzten Satz: "Alex’ Wunden waren gut verheilt, und seiner Schwester ging es wieder gut." Erleichtert ließen sie das Buch sinken und standen auf. Erst jetzt meldeten sich die Schmerzen ihrer eigenen Verletzungen und Erfrierungen zurück, aber auch diese waren nach zwei Wochen gut verheilt. Ende gut, alles gut!

Ressort: Schreibwettbewerb

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