Regatta

Deutscher segelt allein um die Welt

Als erster deutscher Solosegler startet Boris Herrmann beim Vendée Globe, dem härtesten Segelrennen der Welt – durch Stürme, Flauten und haushohe Wellen.  

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Boris Herrmann  | Foto: JEAN-FRANCOIS MONIER (AFP)
Boris Herrmann Foto: JEAN-FRANCOIS MONIER (AFP)

. Es ist so verrückt wie atemraubend: Am Sonntag um 13.02 Uhr startete Boris Herrmann in seine erste Solo-Weltumseglung. Der Wahl-Hamburger ist einer von 18 Neuen in der Rekordflotte der 33 Boote aus acht Ländern. 27 Männer und sechs Frauen stellen sich den Herausforderungen der neunten Auflage der Vendée Globe. Die Besten erwartet ein 70-Tage-Ritt durch brutale Stürme, Flauten, haushohe Wellen und eisige Temperaturen.

Die Regeln für das Rennen mit dem Start- und Zielhafen Les Sables-d’Olonne sind so einfach wie brutal: ein Mensch, ein Boot, einmal um die Welt, keine Zwischenstopps, keine Hilfe von außen.

Warum der Vater einer viereinhalb Monate alten Tochter das Abenteuer auf See sucht, beschreibt Herrmann am liebsten mit einem Vergleich: "Rund 8000 Menschen haben den Mount Everest bezwungen. Etwa 500 waren im All. Aber weniger als 100 haben die Welt alleine und nonstop umsegelt. Ich will einer von ihnen sein." Der studierte Wirtschaftswissenschaftler hat einen langen Anlauf zur Regatta seines Lebens genommen, scheiterte zuvor mehrmals am Versuch, als erster deutscher Skipper dabei zu sein. "Ich hatte Rückschläge wegzustecken", erzählt der 39-Jährige, "jetzt bin ich stolz, es an die Startlinie geschafft zu haben. Ich bin bereit."

Boris Herrmann weiß, worauf er sich einlässt: Mit Teams hat er die Welt schon dreimal umsegelt, kennt das Südpolarmeer und andere Klippen des 24 296 Seemeilen (44 996 Kilometer) langen Kurses entlang der drei berühmt-berüchtigten Landmarken: Kap der Guten Hoffnung, Kap Leeuwin und Kap Hoorn.

Mit Familienhund Lilly hat sich Hermann eine Woche vor dem Start zurückgezogen. Die Wohnung in Les Sables-d’Olonne im Département Vendée, nach dem das Rennen benannt ist, hat Ausblick auf die Atlantikwellen. "Lilly hat mich beruhigt", sagt Herrmann, der auf die mitfiebernde Familie im 1150 Kilometer entfernten Hamburg verzichten muss. Eigentlich ist alles erledigt. Aber: Die letzte verbliebene Sorge, beim finalen Corona-Test positiv aufzufallen und für das Rennen gesperrt zu werden, die teilt er mit allen Startern.

Gesegelt wird auf rund 18 Meter langen Hightech-Yachten der Imoca-Klasse. Herrmanns "Seaexplorer – Yacht Club de Monaco" ist eines von insgesamt 19 Booten der jüngeren Foil-Generation, die mit Tragflächen ausgestattet sind. Sie verwandeln die Yachten geradezu in Flugmaschinen mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 40 Knoten (74 Stundenkilometern), die von Autopiloten gesteuert werden. Die Skipper arbeiten als Navigatoren in beweglichen und gepolsterten Pilotensitzen unter Deck. Sie ernähren sich von gefriergetrockneter Nahrung aus Tüten und schlafen nur drei, vier Stunden pro Tag.

Das Rennen gilt mit einer Ausfallquote von etwa 50 Prozent als "Demolition Derby" (Abbruch-Derby). Drei Todesopfer gab es in der 31-jährigen Geschichte zu beklagen. Herrmann ist dennoch optimistisch: "Ich vertraue meinem Boot. Es ist so sicher, wie es nur sein könnte." Ehefrau Birte Lorenzen-Herrmann sagt: "Ich sorge mich nicht um Boris, wenn er auf dem Boot ist." Oberste Priorität hat für Herrmann bei der Premiere das Ankommen. Ohne Ehrgeiz ist er dennoch nicht: "Ein Platz in den Top Ten wäre schön." Der Slogan von Herrmanns Team Malizia bezieht sich auf die zweite Mission des Skippers: "A Race we must win – ein Rennen, das wir gewinnen müssen" gilt dem Kampf gegen den Klimawandel. Herrmann wird während des Rennens Meeresdaten sammeln und sie Wissenschaftlern zur Verfügung stellen. 2019 hatte Herrmann Klimaaktivistin Greta Thunberg über den Atlantik gesegelt. "Sie hat mir Glück gewünscht und gesagt, dass auf dem Boot noch versteckte Botschaften von Ihr sind."
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