Porträt
Mann mit zwei Gesichtern: Sigmar Gabriel will’s wissen

Genosse der Bosse oder Arbeiterführer? Bulldozer oder Dorfpfarrer? Wer ist Sigmar Gabriel? Der SPD-Chef will es nach langem Zweifel nun doch wieder wissen. Ein Porträt.
Unter ihm breitet sich sein Leben aus. Von der Terrasse des Berggasthofs schaut Sigmar Gabriel hinab nach Goslar, diesem 50000-Einwohner-Fachwerk-Flecken am Fuße des Harz – und erzählt von seinen Anfängen. So lange, dass die Zuhörer immer ungeduldiger auf den Grill schauen, auf dem sich schon die fertigen Steaks und Würste stapeln. Ihr Gastgeber aber redet weiter darüber, was dieser Ort mit ihm gemacht hat und noch macht.
Es sind nicht nur schöne Erinnerungen. Politisch aktiv geworden ist der Vorsitzende der ältesten deutschen Partei in der Abgrenzung zum Vater, einem unverbesserlichen Anhänger der Nazis, die ausgerechnet in der alten Kaiserpfalz von Goslar den historischen Stoff für ihren Mythos vom Dritten Reich fanden. Mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit war es Mitte der siebziger Jahre ohnehin noch nicht weiter. Empört erinnert sich Sigmar Gabriel noch heute, wie sich ehemalige SS-Leute auf der nahegelegenen Harzburg treffen konnten und der Staatsschutz lieber ihn beobachtete, als er eine Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof zur Reichspogromnacht organisierte: "Wir waren die Nestbeschmutzer, nicht die Nazis."
Gabriel war Falke, kein Juso, darauf ist er stolz. Kein Parteitagsrevoluzzer, der mit cleveren Anträgen zur Geschäftsordnung und theoriefester linker Weltferne glänzt, sondern ein niedersächsischer Zeltlagerpionier, sturmfest und erdverwachsen. Er war auch nie ein Sofapazifist, sondern einer, der in jungen Jahren – und um die Sandinisten in Nicaragua mit Waffen zu unterstützen – das Motto "Schwerter zu Pflugscharen" umdichtete in den Plakatslogan "Schwerter zum Flughafen". Ein Macher. Ein Raufbold, der sich ganz oder gar nicht ...
Es sind nicht nur schöne Erinnerungen. Politisch aktiv geworden ist der Vorsitzende der ältesten deutschen Partei in der Abgrenzung zum Vater, einem unverbesserlichen Anhänger der Nazis, die ausgerechnet in der alten Kaiserpfalz von Goslar den historischen Stoff für ihren Mythos vom Dritten Reich fanden. Mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit war es Mitte der siebziger Jahre ohnehin noch nicht weiter. Empört erinnert sich Sigmar Gabriel noch heute, wie sich ehemalige SS-Leute auf der nahegelegenen Harzburg treffen konnten und der Staatsschutz lieber ihn beobachtete, als er eine Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof zur Reichspogromnacht organisierte: "Wir waren die Nestbeschmutzer, nicht die Nazis."
Gabriel war Falke, kein Juso, darauf ist er stolz. Kein Parteitagsrevoluzzer, der mit cleveren Anträgen zur Geschäftsordnung und theoriefester linker Weltferne glänzt, sondern ein niedersächsischer Zeltlagerpionier, sturmfest und erdverwachsen. Er war auch nie ein Sofapazifist, sondern einer, der in jungen Jahren – und um die Sandinisten in Nicaragua mit Waffen zu unterstützen – das Motto "Schwerter zu Pflugscharen" umdichtete in den Plakatslogan "Schwerter zum Flughafen". Ein Macher. Ein Raufbold, der sich ganz oder gar nicht ...