Wird Martin Schulz Kommissionspräsident Barroso beerben? Der Gedanke, dass ein Deutscher an der EU-Spitze stehen könnte, sorgt mancherorts für Schnappatmung.
Auf der dunklen Bühne stehen zehn schwarze Pulte, das in der Mitte ist besonders niedrig eingestellt. Als die Schauspieler und Europaabgeordneten an diesem Abend vor ihr Publikum treten, wird klar, dass das kleinste Pult für den mächtigsten Mann des Hauses bestimmt ist: Martin Schulz, seit mehr als zwei Jahren EU-Parlamentspräsident, leiht im Rahmen einer Lesung seine Stimme Ellie Wiesel, dem jüdischen Schriftsteller und Wissenschaftler: "Never shall I forget ... Nie werde ich diese Nacht vergessen, die erste Nacht im Lager, die aus meinem Leben eine siebenmal verriegelte lange Nacht gemacht hat..."
Im offenen weißen Hemd steht der Parlamentspräsident vor seinem Zwergenpult und liest auf Englisch, mit gepresster Stimme, aus den Erinnerungen des Friedensnobelpreisträgers Wiesel, der in seinem 1958 erschienenen ersten Buch die Deportation als Sechzehnjähriger nach Auschwitz beschreibt. Wer Schulz an diesem Abend zum ersten Mal hört, glaubt vielleicht, dass ihm der düstere ...