Ungewöhnlicher Job: Bestatterin

"Die Arbeit gibt mir eine innere Ruhe"

Gabriele Pontiggia arbeitet als Bestatterin in Waldkirch. Was sie an dem Beruf fasziniert und wie ein Tag bei der Arbeit aussieht, erklärt sie Zischup-Reporterin Annika Volk.  

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Gabriele Pontiggia Foto: privat
Zischup: Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Pontiggia: Ich glaube, den Beruf wählt man nicht, sondern der Beruf wählt dich. Nach jahrelanger, reiflicher Überlegung habe ich den Mut gehabt zu sagen, ich probiere den Beruf für mich aus, probiere, ob er zu mir passt.

Zischup: Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?

Pontiggia: Ich hatte viele Sterbefälle in unserer Familie und im Umfeld und bin somit recht nahe mit dem Beruf in Kontakt gekommen. Da habe ich für mich gemerkt, dass ich keine Hemmung vor verstorbenen Menschen habe, beziehungsweise es mir nichts ausmacht, bei ihnen zu sein oder sie zu begleiten. Dann wurde mir klar: Das ist eine Begabung, die nicht jeder hat.

Zischup: Wie lange machen Sie den Beruf schon?

Pontiggia: Ich mache ihn schon seit dreieinhalb Jahren.

Zischup: Was finden Sie so besonders an diesem Beruf?

Pontiggia: Das Besondere an dem Beruf ist, das unterschätzen viele: Er beinhaltet eine Vielfalt an Handwerklichem. Der Beruf kommt ursprünglich vom Möbelhandwerk und der Schreinerei – das machen wir nach wie vor viel. Er beinhaltet viel Trauerbegleitung, Beratung, Fürsorge und manchmal sogar Seelsorge, es gibt somit auch einen psychologischen Aspekt. Außerdem gehört sehr viel Organisation mit dazu, ebenso Arbeit am PC und Kreativität, wenn man Angehörige begleitet und ihnen zum Beispiel auch mal alternative Vorschläge macht – fernab von Konventionen. Das macht die besondere Vielfalt aus, dass kein Tag planbar ist und man morgens nicht weiß, was auf einen zukommt.

Zischup: Wie geht es Ihnen bei einer Bestattung?

Pontiggia: Man muss in diesem Beruf, bevor man ihn wählt, ausprobieren, ob man Hemmung hat im Umgang mit Verstorbenen oder ob man es aushalten kann. Bei mir selbst ist es so: Wenn ich mit Verstorbenen arbeite, gibt es mir eine innere Ruhe. Ich gehe sehr würdevoll mit ihnen um. Es ist ein Mensch, der das Leben verlassen hat und der im Übergang ist – zu was auch immer. Somit gehe ich mit ihm als Mensch um und gebe ihm Würde und verleihe ihm noch bis zum Schluss Wertschätzung, Achtung und Respekt. Das macht Freude. Es gibt aber Verstorbene, da ist es schwieriger. Bei Kindern oder Menschen, die man persönlich kennt.

Zischup: Sind Sie Angestellte oder selbständig?

Pontiggia: Ich bin Angestellte in Teilzeit. Ich arbeite bei einem Bestattungsunternehmen in Waldkirch, es ist ein kleines Familienunternehmen. Ich arbeite da jetzt seit dreieinhalb Jahren. Ich bin da gelandet. Das hat mir total zugesagt. Es ist modern, spritzig und ich habe eine Frau als Führungskraft. Das macht total Spaß und wir ergänzen uns wunderbar.
Noch mehr Texte von Zischup-Schülerinnen und Schülern gibt’s hier.

Zischup: Was ist das Herausforderndste in dem Beruf?

Pontiggia: Das Herausforderndste ist, dass du jeden Tag vor neue Herausforderungen gestellt wirst. In den dreieinhalb Jahren waren das verschiedene Dinge, zum einen Bestattungen, die nicht klassisch christlich sind, wie man es hier meist kennt, sondern zum Beispiel buddhistische Bestattungen, orthodoxe Bestattungen und jüdische Bestattungen. Das kennt man vielleicht bei uns auf dem Land weniger, aber das haben wir hin und wieder und das finde ich jedes Mal herausfordernd. Weitere Herausforderungen sind Doppelt-Bestattungen. Wenn zwei Personen zeitgleich gehen oder relativ kurz aufeinander. Das ist eine Herausforderung, weil es einfach nochmal schwerer auch für die Angehörigen ist, den Verlust von zwei Menschen zu verkraften und zu verarbeiten. Natürlich sind Bestattungen von Kindern jedes Mal für uns alle eine Herausforderung, weil es ein ganz besonderes Schicksal ist, wenn ein Kind stirbt.

Zischup: Ist Bestatter ein Ausbildungsberuf?

Pontiggia: Ja, aber leider ist er erst seit 2003 ein anerkannter Ausbildungsberuf. Es ist allerdings immer noch so, dass man ihn nicht erlernen muss, um den Beruf ausüben zu können, aber es wird ganz stark vom Bestatter-Verband empfohlen, diese Ausbildung zu machen. Der Ausbildungsort ist in einem Betrieb oder auch beim Bundesausbildungszentrum in Münnerstadt, das ist ein kleines Dorf in Franken in Bayern. Mit Düsseldorf sind das die zwei Orte, wo die Ausbildung organisiert wird. Ich selbst bin Quereinsteiger. Ich habe schon eine erste Ausbildung und bin gelernte Industriekauffrau. Ich konnte eine zweite Ausbildung machen, die nur eineinhalb Jahre gedauert hat, auch in Münnerstadt. Wenn du es dir als junger Mensch überlegst, dann dauert die Ausbildung drei Jahre.

Zischup: Wie läuft ein typischer Tag ab?

Pontiggia: Es gibt keinen typischen Arbeitstag. Unser Betrieb ist 24 Stunden und jeden Tag erreichbar. Es gibt nachts Einsätze, wenn zum Beispiel die Kriminalpolizei anruft oder wenn in unserem Umfeld ein Verbrechen stattgefunden hat oder wenn ein Verstorbener gefunden wurde. Dann müssen wir vor Ort sein und den verstorbenen Menschen überführen. Ich fange meist um halb acht an und schaue, was so anliegt, und mache Büroarbeit, das heißt Daten eingeben oder Trauerdruck bearbeiten. Dann rufen Menschen an, die eine verstorbene Person melden wollen, und fragen uns, was sie machen sollen. Ich begleite diese Menschen dann meist mit einem Trauergespräch oder übernehme die erste Beratung. Dann leite ich alles Weitere in die Wege, vereinbare ein Gespräch und dann holen unsere Mitarbeiter die verstorbene Person ab. Ich führe Telefonate wegen Trauerfeiern, die anstehen, oder ich plane die nächste Beerdigung. Wir bringen außerdem den Blumenschmuck in die Einsegnungshalle oder Kirche und bereiten diese auf die Beerdigung vor. Viele Trauerfeiern werden von Musik begleitet, daher müssen wir auch das vorher testen.
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