Zisch-Schreibwettbewerbgewinnerin Frühjahr 2021 I

Die doppelte Rettung

Von Mara Lay, Klasse 4b, Wilhelm-August-Lay-Schule, Bötzingen  

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Das ist natürlich nicht Lotti auf ihre...ondern Betti Z., die auch gern reitet.  | Foto: Ferdinando Terelle
Das ist natürlich nicht Lotti auf ihrem Zirkuspferd, sondern Betti Z., die auch gern reitet. Foto: Ferdinando Terelle
"Herzlich willkommen im Zirkus Elastico", begrüßte der Zirkusdirektor, Opa Theodor, die wenigen Zuschauer im Zirkuszelt. Oma stand mit besorgter Miene hinter dem Vorhang der Manege, als Mama aus dem Kassenwagen zu ihr trat. "Es sind wieder nur ein Drittel aller Plätze besetzt. Ich weiß gar nicht, wie das so weiter gehen wird. Und wenn das Baby erst mal auf der Welt ist, kann ich auch erst mal nicht so viel mitarbeiten", sagte Mama. Oma nahm ihre Schwiegertochter in den Arm, drückte sie fest und meinte nur, dass das schon wieder wird.

Opas Stimme hallte über die Zuschauerränge: " … und nun begrüßen wir unsere zauberhafte Lotti mit ihrer Ponystute Blümchen! Applaus!!" Lotti musste sich ganz schön zusammenreißen, um nun mit guter Laune in die Manege einzureiten. Denn das, was sie soeben von Oma und Mama hörte, machte ihr ganz schön zu schaffen und sie bekam einen dicken Kloß im Hals, der sich gar nicht lösen wollte. Nach der Vorführung musste sie dringend mit Maxi und Felix den Geschwisterrat einberufen. Aber nun erst mal das Publikum.

Sie ritt in einem Affenzahn in die Manege, schwang sich auf den Rücken von Blümchen und drehte im Stehen zwei Runden durch die Manege. Ganz automatisch und professionell führte sie ihre Choreografie auf. Trotz ihrer Sorgen um den Zirkus und ihre Zukunft gelang ihr die Vorführung einwandfrei und das Publikum belohnte sie mit einem tobenden Applaus für ihre mutige Aufführung auf dem Pony.

Felix und Maxi waren hinter dem Vorhang schon bereit für ihren Akrobatik-Auftritt. Opa moderierte die beiden an. Lotti rauschte an ihren Geschwistern vorbei und zischte ihnen zu: "Nach der Vorführung Geschwisterrat hinter dem Ziegenwagen." Lotti war ganz außer Atem, zog sich erst einmal ihr Kostüm aus, schnappte sich die Kanne von Omas wundervollem Früchtetee und drei Tassen und verschwand damit hinter dem Ziegenwagen, um dort auf ihre Geschwister zu warten.

Wenig später kamen sie schon und waren nicht weniger besorgt. Einen Geschwisterrat während einer Zirkusvorstellung gab es noch nie – da musste schon etwas Besonderes passiert sein. Lotti schenkte sich und den zwei anderen schnell Tee in die Tassen und sie schlürften erst einmal ein paar Schlucke zur Beruhigung. Dann berichtete Lotti ihren Geschwistern, dass sie vorhin Oma und Mama versehentlich belauschte, und was sie hörte. Gemeinsam überlegten sie, wie es ihnen gelingen könnte, den Zirkus zu retten.

Plötzlich wurde ihre Konzentration durch ein lautes Geräusch unterbrochen. Sie schauten über die Wiese, auf der sie ihre Wagen und das Zirkuszelt aufgebaut hatten, auf die Straße. Dort, direkt vor der Druckerei Werter, hielt mit quietschenden Reifen ein dunkler Transporter an und es sprangen zwei dunkel gekleidete Gestalten aus der seitlichen Schiebetür. Kurz darauf hörten die drei ein kreischendes Mädchen. Die Gestalten huschten in den Lieferwagen und fuhren mit aufheulendem Motor davon. Felix zückte sein Handy und versuchte, noch ein Foto zu schießen, das geheimnisvolle Auto war aber zu schnell fort. Die drei waren so aufgeregt, dass sie überhaupt keinen klaren Gedanken mehr fassen konnten und den Geschwisterrat auf den nächsten Tag verschoben.

In der Zwischenzeit war die Zirkusvorstellung zu Ende und das Publikum war bereits gegangen. Es trafen sich alle zum gemeinsamen Abendessen. Die drei Zirkuskinder erzählten nichts von ihren Sorgen um den Zirkus. Nach einer unruhigen Nacht, während des Frühstücks, kam Papa und erzählte, dass der Druckereibesitzer Herr Werter da war. Seine Tochter war seit gestern verschwunden. Er fragte, ob es möglich wäre, ein Plakat an den Kassenwagen zu hängen. Paps war damit natürlich einverstanden.

Die drei Zirkuskinder schauten sich das Plakat gleich an. Darauf war ein Foto einer jungen Frau zu sehen. "Hinweise, die zur Auffindung von Julia Werter führen, werden mit 50 000 Euro belohnt." "Hey, wir kennen die Julia doch!", meinte Maxi. Felix und Lotti stimmten zu, und Felix meinte "Wow, 50 000 Euro – damit könnten wir den Zirkus retten!" Und Lotti wurde ganz aufgeregt, als sie meinte, dass das vielleicht mit dem geheimnisvollen Lieferwagen zusammenhängt, den sie gestern Abend sahen. Da ruft Oma, dass sie mit der kleinen Ziegenfamilie einen Morgenspaziergang unternehmen sollen.

Also machten sie sich auf den Weg. Zufälligerweise zur Druckerei. Auf der Wiese vor der Druckerei grasten die Ziegen. Momo, die jüngste, aber bockigste Ziege, knabberte an einem Stück Papier. Felix schnappte ihr das Kärtchen aus dem Maul und betrachtete es. Darauf stand "Transportservice jeder Art" und es war eine Adresse ganz in der Nähe angegeben. "Hey, Mädels! Schaut mal, was Momo gerade fressen wollte", er wedelte mit der Visitenkarte. Schnell war beschlossen, dass sie dort hinmussten.

Eine halbe Stunde später waren sie schon bei der Möhrengasse 5, dort stand in einem verwilderten Garten ein heruntergekommenes Gebäude. In der Hofeinfahrt stand derselbe Lieferwagen, den sie gestern Abend vor der Druckerei Werter gesehen haben. Felix zückte sein Handy und schoss ein paar Fotos von dem Gebäude und dem Lieferwagen und dann rannten sie schnell zur Polizeiwache.

Dort angekommen stürmten sie in die Wache, Momo voran, Felix und die anderen hinterher. Die Polizisten staunten nicht schlecht, als plötzlich drei aufgeregte Kinder und eine komplette Ziegenfamilie in der Wache standen. Momo knabberte genüsslich an einer Polizeimütze, die auf der Theke lag, während Maxi, Lotti und Felix von ihrer Entdeckung berichteten und den Polizisten die Fotos zeigten. Die Polizisten machten sich sofort auf dem Weg und schickten die Kinder zurück zum Zirkus.

Schon zwei Stunden später kamen die Polizisten mit Herrn Werter und seiner Tochter Julia zum Zirkuszelt. Sie riefen alle zusammen und die drei Kinder freuten sich riesig, Julia gesund und unverletzt zu sehen. Opa, der auch dabei stand, machte ein belustigtes Gesicht und fragte den Polizisten, was mit seiner Mütze passiert sei. "Das war Momo", sagte Lotti. Wie auf Kommando kam Momo um die Ecke und gesellte sich zu dem Polizisten. Dieser musste tierisch lachen und alle anderen stimmten in das Gelächter ein.

Herr Werter bedankte sich bei den Zirkuskindern für die Rettung seiner Tochter Julia und versprach, die Belohnung in den nächsten Tagen vorbeizubringen. Außerdem versprach er, zukünftig die Werbeplakate und Flyer für den Zirkus Elastico kostenlos zu drucken.
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