Zischup-Interview

"Die Familie muss Verständnis haben"

Zischup-Reporter Cédric Krein aus Rheinfelden spricht mit seinem Vater Daniel Krein über dessen Arbeit als Rettungssanitäter. Krein arbeitet für das Gesundheitszentrum Fricktal in der Schweiz.  

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Daniel Krein ist Rettungssanitäter am Gesundheitszentrum Fricktal.  | Foto: privat
Daniel Krein ist Rettungssanitäter am Gesundheitszentrum Fricktal. Foto: privat
Zischup: Papa, dein Beruf hat mich ja schon seit meiner Kindheit interessiert. Ich habe daher fünf Fragen dazu. Die erste Frage ist: Was macht den Beruf aus?

Krein: Es gibt ein faszinierendes Wechselspiel zwischen Reaktionsfähigkeit, einer schnellen Einschätzungsfähigkeit der Situation und einer effizienten Organisation der Arbeit im Team. Um ein Rettungssanitäter zu sein, muss man unter Druck für den Betroffenen die richtige Entscheidung treffen und Ruhe bewahren, um diese richtig auszuführen. Wir können eine Stütze in schwierigen Situationen sein. Wir sind deswegen noch lange keine Helden, aber wir haben eine hohe Stresstoleranz und die Fähigkeit, in stressigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren.

Zischup: Wie hoch ist die körperliche und geistige Belastung?

Krein: Die Belastung ist körperlich sehr hoch. Es ist ein Mix aus körperlich sehr anstrengender Arbeit und hoch effizientem Denken. Zum einen ist es notwendig, Entscheidungen zu treffen, aber auch körperlich schwer zu arbeiten, zum Beispiel um die Überlebenschance eines Patienten zu erhöhen, zum Beispiel den Betroffenen eine Treppe heruntertragen, aus dem Auto bergen oder reanimieren. Die Belastung ist das Ergebnis von Tag- und Nachtschichten, die im Wechsel zueinanderstehen. Es gibt aber auch Aufgaben, die die Belastung reduzieren können, wie das Auffüllen der Rettungswagen und die Rückfahrt vom Einsatz. Man muss geistig Einsätze bewältigen können, ein unterstützendes Vorbild ist wichtig, um die Belastungen verarbeiten zu können. Die Situationen können große positive Energiequellen sein, zum Beispiel wenn man den Patienten retten konnte, sie können aber auch das genaue Gegenteil sein, wenn zum Beispiel der Kampf um das Leben des Patienten verloren wurde oder man nichts mehr tun konnte, um ihn zu retten.

Zischup: Was hat dich dazu veranlasst, genau diesen Job zu wählen?

Krein: Ich war in der Ausbildung zum Pfleger und war schon immer fasziniert vom Verantwortungsbereich des Rettungssanitäters. Einerseits war es dann die hohe fachliche Ausbildung in der Schweiz, andererseits, mit Verantwortung die richtige und zeitnahe Entscheidung zur jeweiligen Situation vor Ort zu treffen, die mich an dem Beruf fasziniert haben. Aber auch die Teamarbeit ist sehr wichtig, denn nur als Team kann man solche Situationen bewältigen. Der Erfolg des Teams ist auch abhängig von der Kommunikation untereinander. Außerdem erlebt man Menschen in außergewöhnlichen Lebenssituationen, deshalb fordert der Job eine hohe Kommunikationsfähigkeit sowie die Fähigkeit, in jeder erdenklichen Situation Ruhe zu bewahren und dafür die richtigen Worte zu finden.

Zischup: In deinem Beruf ist ja Schichtarbeit üblich. Wie wirkt sich der Job auf das Alltagsleben aus?

Krein: Für so einen außergewöhnlichen Job muss man auch bereit sein, nachts und sogar am Wochenende zu arbeiten, Vereinsleben oder private Events kann man nicht immer besuchen und für wichtige Termine muss man sich etwas freie Zeit wünschen. Nicht jeder Feiertag ist frei und daher nicht planbar. Es gibt zwei Schichten. Eine geht von 7 bis 19 Uhr und die andere von 19 bis 7 Uhr, es sind also immer Zwölf-Stunden Schichten.

Zischup: Wie wirkt sich der Job auf die Familie aus?

Krein: Die Familie muss Verständnis für die Nacht- und Wochenendschichten habeben, da die Kinder ja sehr oft am Wochenende und nachmittags frei haben, wenn man oft noch selbst arbeiten muss. Ein unterstützendes familiäres Umfeld ist sehr wichtig, denn man nimmt die Belastungen und auch den Stress, der einem bei der Arbeit begegnet, teilweise mit nach Hause.

Zischup: Gibt es bestimmte Zeiten bei Einsätzen, zu denen du vor zwingend Ort sein musst?

Krein: Ja, beim Rettungsdienst müssen wir bei 90 Prozent aller P1- oder S1-Einsätze innerhalb von 15 Minuten am Unfallort und beim Verunglückten sein. Daher gibt es klare Regelungen, wie schnell wir mit dem Rettungswagen losfahren sollen: Bei P1/S1 müssen wir tagsüber unter einer Minute und nachts unter zwei Minuten starten. Bei P2 sind es drei Minuten. Bei P3 sind es fünf Minuten. Primäreinsätze beinhalten erste Maßnahmen und den Transport der Patienten. Alle Einsätze werden in der Notrufzentrale entgegengenommen, und werden dann in Art des Transportes und Dringlichkeit sortiert. Man unterscheidet zwischen P – Primär – und S – Sekundär –, wobei man nur bei P1-/S1-Einsätzen das Blaulicht und die Sirene anmachen darf, und sich sonst bei allen anderen Notfällen an das Straßenverkehrsgesetz halten muss. Bei Einsätzen, die nicht P1/S1 sind, ist die Zeit des Ankommens egal.

Die Notfallstufen in der Schweiz

  • P1: Hier geht es um Menschen in kritischer Lage die sofortige Hilfe brauchen.
  • S1: Sofortige Verlegung eines Patienten in kritischer Lage in ein anderes Spital.
  • P2: Das betrifft Patienten, die zwar stabil sind, aber bei denen dennoch ein Risiko besteht.
  • S2: Das sind schnelle Verlegungen für stabilisierte Patienten mit Risiken.
  • P3: Das sind planbare Einsätze für Patienten ohne akute Gefahr.
  • S3: Planbare Verlegung von stabilen Patienten mit geringem Risiko.
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