Die Riesenkonsole als Schaltzentrale
Nur spielen war gestern: Die Xbox One, die seit zwei Wochen für knapp 500 Euro auf dem Markt, will viel mehr als bloß eine Konsole sein. Stattdessen soll sie mit Gesten- und Sprachsteuerung sowie TV-Anschlüssen zur Schaltzentrale im Wohnzimmer werden – so stellt es sich zumindest Hersteller Microsoft vor.
Tobias Hanraths
Fr, 6. Dez 2013, 9:55 Uhr
Computer & Medien
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Nur spielen war gestern: Die Xbox One, die seit zwei Wochen für knapp 500 Euro auf dem Markt, will viel mehr als bloß eine Konsole sein. Stattdessen soll sie mit Gesten- und Sprachsteuerung sowie TV-Anschlüssen zur Schaltzentrale im Wohnzimmer werden – so stellt es sich zumindest Hersteller Microsoft vor.
Die Einrichtung geht schnell über die Bühne: Wer schon ein Xbox-Live- oder Outlook-Konto bei Microsoft hat, meldet sich damit an, alle anderen können sich direkt auf der Konsole ein neues erstellen. Der Gamerscore genannte Punktestand und Erfolge werden auf Wunsch von der Xbox 360 übernommen. Auch die kostenpflichtige Gold-Mitgliedschaft ist übertragbar. Alte Spiele laufen auf der Xbox One aber nicht.
Vorbildlich: Nach der Account-Einrichtung präsentiert die Xbox One alle Datenschutzeinstellungen mit ausführlichen, leicht verständlichen Texten und ohne vorab gesetzte Häkchen. Wer hier nichts markiert, muss daher keine Werbemails befürchten. Anschließend wird nur noch die Kameraleiste Kinect kalibriert. Sofort loszocken dürfen Ungeduldige danach aber nicht. Das ist allerdings nicht die Schuld der Xbox, sondern der Spiele. Die sind teilweise über 30 Gigabyte groß und brauchen oft, etwa im Fall von "Forza Motorsport 5", zunächst ein mehrere Gigabyte großes Update aus dem Netz. Bis das alles heruntergeladen und installiert ist, kann einige Zeit vergehen. Viele Titel lassen den Spieler aber schon während der Installation mit dem Spielen anfangen. Bei "Forza" stehen dann zum Beispiel nur ein paar Rennstrecken zur Verfügung, ansonsten funktioniert alles wie gewohnt.
Verblüffend gut klappt die Sprachsteuerung der Xbox One. Die Konsole hört aber nur auf bestimmte Kommandos wie "Xbox, Ausschalten!" oder "Xbox, gehe zur Startseite!". Der Wechsel zwischen Betriebssystem, Apps und Spielen geht so erstaunlich schnell – Multitasking wie auf dem PC ist für die Xbox kein Problem. Auf Befehl zeichnet die Konsole sogar die letzten gespielten Minuten als Video auf und lädt sie bei Microsofts Cloud-Dienst SkyDrive hoch. Besonders laut und deutlich muss der Nutzer für die Kommandos nicht sprechen , nur laute Umgebungsgeräusche machen der Spracherkennung zu schaffen .
Ein weiterer Vorteil der Kameraleiste Kinect ist die Möglichkeit, sich ohne Passwort mit dem eigenen Gesicht einzuloggen. Das klappt im Test ganz ohne Aussetzer – erkennt die Xbox ein Gesicht einmal nicht sofort, muss der Nutzer nur die Hand heben, um auf sich aufmerksam zu machen. Einmal registrierte Besitzer einer Xbox können sich so auch auf anderen Geräten anmelden, etwa für Mehrspielerpartien bei Freunden. Wer das nicht will, kann die Gesichtserkennung in den Einstellungen aber auch ausschalten oder die Kameraleiste abkoppeln.
Im Gegensatz zur Kinect für die Xbox 360 funktioniert die neue Kamera auch in etwas kleineren Räumen – laut Microsoft beträgt der Mindestabstand 1,40 Meter, näher sollte ohnehin kaum jemand vor dem Fernseher sitzen . Spiele, die die Leiste unterstützen, gibt es zum Start kaum. Videochats über Skype funktionieren dafür sehr gut und ohne Zusatzhardware. Auf Wunsch steuert die Xbox One zudem Fernseher und AV-Receiver. Dafür muss der Konsole nur der Hersteller beider Geräte genannt werden. Danach reicht zum Beispiel ein "Xbox, Ton aus!" für Stille im Wohnzimmer, beim Einschalten der Konsole werden angeschlossene Geräte automatischt aktiviert. Mit einem Receiver am HDMI-Eingang kann die Xbox sogar zur Settop-Box für Kabel- und Satelliten-TV werden. Die OneGuide genannte Funktion ist zurzeit allerdings noch eher auf den US-Markt ausgerichtet. Und wer sein Digital-TV über Tuner im Fernsehen empfängt, kann damit gar nichts anfangen. Beim Controller hat Microsoft im Vergleich zum Gamepad der Xbox 360 nur Details geändert. Auffällig sind vor allem die oberen Schultertasten, die nun mehr Druck und eine andere Fingerhaltung brauchen, die kleineren Analogsticks und die raue Oberfläche. Größte Verbesserung ist aber das neue Steuerkreuz , über das sich vor allem Fans von Prügelspielen freuen werden .
Aus diesem Genre gibt es zum Start der Xbox One "Killer Instinct", ein Remake des Klassikers für den Super Nintendo. Die zwei wichtigsten Launch-Titel sind aber das Rennspiel "Forza Motorsport 5" und "Ryse", ein Actionspiel im alten Rom. "Forza" bietet hübsche Full-HD-Grafik sowie die gewohnt gute und realistische Rennspielkost, die von den neuen Motoren in den Schultertasten des Controllers profitiert.Damit kann der Spieler förmlich fühlen, wenn ihm das Auto aus der Kurve fliegt. "Ryse" ist grafisch eindrucksvoll, spielerisch aber simpel und so übertrieben gewalttätig, dass es auf keinen Fall in Kinderhände gehört.
Die greifen stattdessen eher zum familienfreundlichen "Zoo Tycoon", in dem der Spieler seinen eigenen Tierpark baut. Dazu kommen Downloadspiele wie "Lococycle" und "Crimson Dragon". Übrigens kann der Spieler in fast allen Microsoft-Titeln zum Start der neuen Xbox Geld für spielerische Vorteile ausgeben, selbst in 60-Euro-Spielen wie "Forza" und "Ryse". Und schließlich gibt es viele Spiele für die Xbox One, die auch auf der Playstation 4 und anderen Konsolen erscheinen - darunter das Piratenspiel "Assassin"s Creed 4", "Need for Speed:Rivals" und "Fifa 14" sowie die Shooter "Battlefield 4" und "Call of Duty:Ghosts".
Genug Spielefutter für lange Winternächte also. Allerdings fallen mit der Zeit auch ein paar Kinderkrankheiten der Xbox-Oberfläche auf. So ist zum Beispiel kaum nachvollziehbar, was die Konsole eigentlich gerade herunterlädt und installiert, und wie lange solche Prozesse noch dauern. Selbst die simple Information, wie viel Platz auf der 500-Gigabyte-Festplatte noch vorhanden ist, ist im Einstellungsmenü nicht zu finden. Stattdessen regelt die Konsole vieles automatisch und löscht zum Beispiel lange nicht genutzte Spiele - auf die Finger schauen kann der Nutzer ihr dabei nicht.
Einstellen kann man aber, was beim Ausschalten der Konsole passieren soll. In der ersten Variante wechselt die Xbox One nur in einen Standby-Betrieb, in dem weiter Updates heruntergeladen werden. Auch das Mikrofon der Kinect ist dann noch aktiv - nach einem "Xbox, Anschalten!" fährt die Konsole in Sekundenschnelle wieder hoch, verbraucht dafür aber auch dauerhaft Strom. Beim richtigen Ausschalten ist das nicht der Fall, das Hochfahren der Konsole aus diesem Zustand dauert aber eine gute Minute.
Fazit: Microsoft hat mit der Xbox One viel riskiert: Das wuchtige Design ist gewöhnungsbedürftig, der Fokus auf Sprachsteuerung und die Integration ins Heimkino noch nicht ganz ausgereift. So spielt die Konsole zum Beispiel Blu-rays und Medien aus dem Heimnetzwerk ab, aber zum Beispiel keine Videos und MP3-Dateien von USB-Sticks und Festplatten. Gute Ansätze sind aber da, und Kinderkrankheiten können per Update korrigiert werden – das hat Microsoft in den vergangenen Jahren mit der Xbox 360 hinreichend bewiesen .
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ