Erinnerungskultur
Die Zielgruppe muss empfänglich sein
Mischa Weiss (Freiburg)
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Aus dem Leserbrief ist fast schon ein Schrei der Verzweiflung zu hören. Fehlende, fehlerhafte oder – ganz schlimm – automatisierte Erinnerungskultur, was lässt sich verbessern? Herr Marks stellt die berechtigte Frage, wann ein Erfolg sichtbar sein wird beziehungsweise warum er bisher nicht sichtbar war. Dazu gibt es zwei ernüchternde Antworten:
Die Zielgruppe muss empfänglich sein. Das ist sie nicht und war sie nie. Und zweitens ist es zu spät dafür. Jeder Generationswechsel entfernt die Erinnerung mehr und mehr von einem Ursprung, der nie ein Interesse ausgelöst hat, sondern organisierte Verdrängung. Der Erinnerungsgenerator ist nie angesprungen.
Margot Friedländer hat sich bemüht, die Jugend zu erreichen. Sie war glücklich, wenn sie gehört wurde. Ob die Jugendlichen auch glücklich waren, wenn sie von einem Auschwitz-Besuch nach Hause kehrten? Kaum. Und wie haben sie es umgesetzt? Wenn die BZ Fotos von Erinnerungsveranstaltungen mit stets sehr beschränkter Personenzahl zeigt, dann ist auffällig, dass an der "Kranzabwurfstelle" immer Personen 60+ stehen, selten ein Jugendlicher. Ist das der Erfolg von Frau Friedländer, dem "Gewissen der Nation?" Und welcher Nation, der jüdischen oder der deutschen? Sieht man sich um in der Welt, dann kann man verzweifeln. Überall Krieg und Terror. Wo bleibt da Gelegenheit zur Erinnerung an alte Zeiten? Und wo bleibt die Scham und Würde im Sinne von Herrn Marks? Und Russland? Hier werden Erinnerungen staatlich unterdrückt und verhallen wie die kläglichen Versuche der Polen, Erinnerung an Katyn wach zu rufen. Damit könnte ja der moralische und militärische Erfolg des "Vaterländischen Krieges" in Frage gestellt werden. Dann lieber eine Militärparade auf dem Roten Platz – gleichzeitig mit der Bombardierung von Kliniken, Kirchen und Supermärkten in der Ukraine.
Mischa Weiss, Freiburg