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"Dresden ist keine Pegida-Hochburg"

  • Jakob Seidel, Klasse 8b, Kollegs St. Sebastian & Stegen

  • Mi, 23. Dezember 2015, 14:35 Uhr
    Schülertexte

Die Stadt Dresden ist bekannt für die wiederaufgebaute Frauenkirche, aber auch den Zwinger und die Semperoper. Aber nun rückt immer mehr die Bewegung Pegida in das Rampenlicht. Unser Zischup-Reporter Jakob Seidel, Schüler der Klasse 8b des Kollegs St. Sebastian in Stegen, stellt einem Teilnehmer der Gegendemonstration vom 19. Oktober, dem Studenten Stefan Seidel, Fragen zur heutigen Situation der Stadt. Jakob und Stefan Seidel sind Brüder.

Die Stadt Dresden ist bekannt für die wiederaufgebaute Frauenkirche, aber auch den Zwinger und die Semperoper. Aber nun rückt immer mehr die Bewegung Pegida in das Rampenlicht. Unser Zischup-Reporter Jakob Seidel, Schüler der Klasse 8b des Kollegs St. Sebastian in Stegen, stellt einem Teilnehmer der Gegendemonstration vom 19. Oktober, dem Studenten Stefan Seidel, Fragen zur heutigen Situation der Stadt. Jakob und Stefan Seidel sind Brüder.

Zischup: Wie gehen deiner Meinung nach die Dresdner mit Pegida um?
Seidel: Die Dresdner sind nicht positiv zu Pegida eingestellt, aber es wird so langsam zur Gewohnheit, dass jeden Montag eine Pegida-Demonstration ist. Da die Stadt sehr international ist, sind viele nicht für Pegida, sondern dagegen. Die Pegida-Demonstranten kommen eher aus den umliegenden Bezirken von Dresden und nicht direkt aus Dresden. Die Dresdner dulden diese Demonstrationen und nur wenige unternehmen etwas aktiv, außer bei besonderen Anlässen, aber die meisten aus Dresden sind negativ zu Pegida eingestellt.
Zischup: Warum wurde Dresden zur Pegida-Hochburg?
Seidel: Generell ist es so, dass man im Osten von Deutschland sehr viele rechts orientierte Gruppierungen hat. Man versucht auch, seinen schlechten Lebensstandard damit zu erklären, dass man die Schuld bei den anderen sucht. Dies sind meistens Ausländer, weil sie beispielsweise die Arbeitsplätze für sich beanspruchen. Generell ist es aber so, dass man im Osten eine viel größere Angst vor Ausländern hat. Angst und Perspektivlosigkeit sind aber die Grundlage für Hass, und aus diesem Hass kommt der Fremdenhass. Dresden ist eigentlich keine Pegida-Hochburg, die Pegida-Demonstranten treffen sich nur in Dresden. Daraus interpretiert man, dass es eine solche Hochburg ist.
Zischup: Wie hat Pegida Dresden deiner Meinung nach verändert?
Seidel: Pegida hat Dresden einen international und auch national schlechten Ruf gebracht. Eine spürbare Veränderung ist beispielsweise, dass man montags wegen der Demos lieber nicht in die Stadt gehen sollte. Weil Dresden auch sehr vom Tourismus profitiert hat, hat es der Stadt auch sehr wehgetan, so einen schlechten Ruf zu haben.
Zischup: In Dresden gibt es ja auch Anti-Demos. Wie oft sind diese?
Seidel: Jeden Montag.
Zischup: Also kann man sagen, dass es eins zu eins ist?
Seidel: Ja, aber man muss bedenken, dass auf diesen Montags-Anti-Demos nicht so viele Menschen sind. Und dass eher zu großen Ereignissen sehr viele Leute gehen.
Zischup: Wer nimmt an diesen Anti-Demonstrationen teil?
Seidel: Überwiegend Studenten und Antifa-Anhänger, aber auch jüngere Familien laufen dort mit. Aber bei besonderen Anlässen wie die große Anti-Pegida-Demonstration ist das sehr viel gemischter: Da gehen beispielsweise auch ältere Leute und auch Leute aus der Politik mit, wie Leute von den Grünen.
Zischup: Wie findest du die Anti-Demos?
Seidel: Ich finde es sehr wichtig, dass solche Demos stattfinden, weil die Pegida-Leute sagen, dass sie das Volk sind, und durch diese Demos kann man diese Aussage verwerfen und zeigen, dass das nicht stimmt. Ich persönlich hätte es am Anfang besser gefunden, wenn man diese Aufmärsche von Pegida total ignoriert hätte, weil bei diesen Pegida-Demos nur selten 15 000 Leute mitlaufen. Weil man den Demonstranten viel zu viel Aufmerksamkeit von Seiten der Presse gegeben hat, ist es erst zu diesen wöchentlichen Aufmärschen gekommen.
Zischup: Warum hat sich Pegida deiner Meinung nach auch noch den Fremdenhass auf die Fahne geschrieben?
Seidel: Ganz klar ist Pegida ein Sammelsurium von rechten Gruppierungen. Damals hatte man ein sehr schlechtes Bild vom Islam, obwohl es eigentlich total falsch war, weil man den Islamismus auf den Islam übertragen hat. Und man muss bedenken, dass zu dieser Zeit der IS sehr stark in den Medien vertreten war, und man deshalb sehr große Angst vor dem Islam hatte. Die Leute, die gegen den Islam auf die Straßen gehen, sind sehr rechts orientiert. Weil Pegida mehr Leute ansprechen will, haben sie sich auch jetzt noch mehr gegen Ausländer gestellt. Und weil Flüchtlinge ein sehr aktuelles Thema sind.
Zischup: Warum ist so viel Hass in den Pegida-Reihen und warum kann man das Ganze nicht vernünftig regeln?
Seidel: Sehr viele Leute haben zu Pegida gleich gesagt, dass sie mit solchen Leuten keinen Kompromiss schließen können. Beispielsweise Sigmar Gabriel hat gesagt, dass er mit Pegida nicht verhandeln will. Man hat sie sehr provoziert, indem die Presse sie sehr vereinfacht und in eine rechte Ecke gedrängt hat. Und auch wieder wegen der Angst und Perspektivlosigkeit dieser Leute. Was sie auch sehr provoziert hat, war, dass man sehr viel Stimmung gegen sie gemacht hat.
Zischup: Wie lange werden diese Pegida-Demonstrationen noch gehen?
Seidel: Ich denke, sie werden noch sehr lange weitergehen, aber ich denke auch, dass immer weniger Personen auf diese Demonstrationen gehen werden. Ich hoffe aber, dass es keinen zweiten Jahrestag geben wird.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 18. Dezember 2015: PDF-Version herunterladen

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