Ein Dorf verliert sein Geschäft

Wegen stagnierender Umsätze und hoher Euro-Umrüstungskosten wird der Edeka-Markt in Langhurst geschlossen.  

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SCHUTTERWALD-LANGHURST. Die Schutterwälder Bäckerei Armbruster schließt zum 31. Oktober ihr Stammgeschäft im Ortsteil Langhurst. Nach der Postschließung vor vier Jahren hat der Ortsteil nun auch keinen eigenen Lebensmittelladen mehr. Als Gründe für die Schließung gibt die Firmenleitung gesetzliche Änderungen und die Umstellung auf den Euro an.

Noch herrscht reges Treiben vor der Langhurster Bäckerei Armbruster. Kunden kommen und gehen.Viele Kunden kaufen noch schnell für das Mittagessen ein, Handwerker besorgen sich ein Vesper für die Mittagspause. Noch geht das. Am 31. Oktober  ist Schluss damit. Lediglich noch zwei Tage Ausverkauf mit reduziertem Sortiment sind danach vorgesehen. Die Langhurster Kunden werden sich umstellen müssen, wenn es den Laden "nebenan" nicht mehr gibt. "Wir hängen an dem Geschäft, das tut niemandem mehr weh als uns", bedauern Anita und Herrmann Armbruster, die zusammen mit ihren Töchtern 58 Backshops betreiben. Sie führen das fast 100 Jahre alte Geschäft seit 1969 in dritter Generation.

Nach der Post verschwindet der letzte Lebensmittelladen

Eine Schließung sei aber unumgänglich, da die Euroumstellung und die Verpflichtung zur Grundpreisauszeichnung hohe Investitionen notwendig machen. Diese verpflichtet dazu, neben dem Verkaufspreis immer auch den Liter-oder Kilo-Preis anzugeben, damit der Kunde direkt vergleichen kann. Demnach müssten neue Regale, EDV-Anlage, Scannerkassen und neue Wagen angeschafft werden. Etwa 150 000 Mark würden fällig, um den 300 Quadarmeter großen, 1983 neu gebauten Laden auf den erforderlichen technischen Stand zu bringen.

Diese Kosten seien, so Anita Armbruster, mit einem Lebensmittelgeschäft in dieser Größe nicht mehr zu erwirtschaften. Zudem stagniere der Umsatz seit drei Jahren. 20 000 Mark mehr im Monat müssten es sein, damit sich die Investition rechnet. "Die Bevölkerung hat treu zu uns gehalten. Viele, vor allem ältere Langhurster haben bei uns ihren gesamten Lebensmittelbedarf gedeckt,"  bedankt sich Anita Armbruster besonders bei ihren Stammkunden.

Für die meisten jedoch war der Edeka-Laden "nebenan" eine Möglichkeit, das eben schnell noch zu holen,was man anderswo vergessen hat. Bei der Edeka Baden-Württemberg bedauert man die Schließung, betrachtet diese aber als Privatsache der Firma Armbruster, auf die die Genossenschaft keinen Einfluss habe, so deren Pressesprecher Duschan Gert. "Der deutsche Lebensmittelhandel ist der härteste in Europa, der harte Konkurrenzkampf lässt wenig Spielraum für Investitionen," erklärt Gert.

Auch der Schutterwälder Bürgermeister Jürgen Oßwald bedauert die Schließung außerordentlich: "Vor allem für ältere Menschen tut mir das sehr leid". Aus unternehmerischer Sicht sei die Entscheidung aber zu respektieren. Sorgen bereitet ihm diese Schließung aber, weil damit die Infrastruktur im 1200 Einwohner zählenden Ortsteil Langhurst immer schlechter wird. Es gibt nun weder Post noch Lebensmittelladen. Seine einzige Hoffnung setzt der Bürgermeister auf das anvisierte Neubaugebiet an der geplanten neuen Ortsumfahrung. "Wenn es gelingt, hier ein kleines Geschäftszentrum anzusiedeln, wäre es denkbar, auch wieder einen Betreiber für einen Lebensmittelmarkt zu finden", denkt Oßwald laut.

Gertrud Geppert, 67, nützt das im Moment wenig. Wie alle anderen Langhurster auch, ist sie nun auf das Auto für den täglichen Einkauf angewiesen. Oder darauf, dass sie jemand zum Einkaufen mitnimmt, wenn sie mal nicht mehr selbst fahren kann. "Man verliert an Selbständigkeit, wenn man auf andere angewiesen ist" beschreibt sie das Dilemma, das alle älteren Leute betrifft. Auch ein sozialer Treffpunkt fällt mit der Schließung des Ladens weg. "Hier hat man sich getroffen und alles Neue erfahren, das wird mir fehlen," sagt Sabine Kopp, die hier mit ihren beiden Kindern regelmäßig eingekauft hat.

Glück im Unglück für die vier Mitarbeiterinnen: Sie haben alle vom Inhaber ein Übernahmeangebot in andere Geschäftsbereiche. Das Nachsehen haben junge Familien und ältere Menschen. Glücklich kann sich schätzen, wer ein Auto hat - oder hilfsbereite Nachbarn.

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