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Ein Skilift mit vier Beinen

  • Sa, 08. Februar 2003
    Zisch

     

Skilanglauf mit Hund heißt "Skijöring" und ist norwegischer Volkssport / Jetzt ist in Bernau Weltmeisterschaft.

Magnus und Jonas haben ein außergewöhnliches Hobby. Im Winter nehmen sie ihren Hund Fin mit auf die Langlaufloipe und lassen sich von ihm ziehen. Man könnte denken, die 13-jährigen Zwillinge sind faul. Falsch gedacht. Magnus und Jonas versuchen nämlich mit den Langlaufskiern so schnell wie möglich Fin hinterherzulaufen, damit der so wenig wie möglich ziehen muss.

"Skijöring" heißt das Hobby der beiden Jungs aus dem Schwarzwald. Bei diesem Sport sind Hund und Mensch ein Team. Jeder hilft dem anderen, wenn er müde wird. Am nächsten Wochenende werden die besten Skijöring-Teams aus der ganzen Welt in den Schwarzwald kommen: zur Weltmeisterschaft nach Bernau. Magnus und Jonas würden gerne an den Start gehen. Sie dürfen aber nicht, weil sie noch ein paar Jahre zu jung sind. Und ein eigenes Rennen für Jugendliche gibt es bei den Weltmeisterschaften nicht.

Volkssport in Norwegen

Das Langlaufen mit Hund kommt aus Norwegen. Früher sind die Norweger im Winter auf Skiern zu ihren Jagdhütten gelaufen. Sie haben dabei in einem Rucksack das Essen für sich und ihren Jagdhund getragen. Irgendwann kam einer auf die Idee, dass der Hund sein Essen ja selbst schleppen könnte. Dafür bauten sie einen Schlitten, vor den sie den Hund spannten. Damit der nicht einfach davonrennt, haben sich die Norweger eine Schnur um den Bauch gebunden und am Schlitten befestigt. Dann sind sie mit ihren Skiern hinterhergefahren. Das ging flott voran. Der Hund freute sich, endlich mal rennen zu dürfen. Für die Norweger war das Gespann auch toll, weil sie so schneller zur Hütte kamen.

Die Norweger nannten das Gespann Pulka. Ihnen machte das Fahren so viel Spaß, dass sie anfingen Wettrennen zu veranstalten. Irgendwann wurde der Schlitten weggelassen. Die Langläufer ließen sich direkt vom Hund ziehen. Das nannten die Norweger dann Skijöring. Jöring heißt Ziehen. Heute sind Pulkafahren und Skijöring in Norwegen ein Volkssport. Manche verdienen sogar ihr Geld damit.

Vor drei Jahren haben Magnus und Jonas das Skijöring von ihrem Vater gelernt. Der fährt schon seit 20 Jahren Langlauf mit Hunden: Pulka und Skijöring. "Mein erstes Rennen bin ich mit einem geliehenen Cockerspaniel gelaufen", sagt Magnus. Viele denken, dass man Skijöring nur mit einem reinrassigen Schlittenhund machen kann, erzählt Jonas. Das stimmt nicht. Man kann dafür jeden Hund nehmen, der gerne läuft. "Unser Hund Fin ist ein Mischling und stammt von einem Hof aus der Nachbarschaft", sagt Jonas.

Wenn die Zwillinge mit Fin trainieren, schauen die Leute manchmal komisch. Wer glaubt, damit würde man den Hund quälen, der hat keine Ahnung, sagt Magnus: Die Hunde sind viel gesünder, wenn sie Sport machen und nicht auf dem Sofa rumlungern - wie beim Menschen auch. Die Zwillinge passen auf, dass sie niemanden stören. Sie fahren immer auf der Skatingbahn der Loipe, damit sie die Spur für die Langläufer nicht kaputtmachen. Eine Tüte ist auch dabei, falls Fin mal muss.

Schneller als der Papa

Eines finden die beiden schade: In Deutschland gibt es wenige Jugendliche, die Skijöring machen. Bei der vergangenen deutschen Meisterschaft waren sie nur zu viert. Deshalb gehen sie gerne auf normale Langlaufwettkämpfe. "Da lernen wir viel mehr Kinder in unserem Alter kennen", sagt Magnus. Inzwischen sind die Zwillinge schon so schnell, dass sie manchmal ihren Vater beim Skijöring überholen. Auf die WM in Bernau freuen sie sich. Dort können sie die Profis aus Norwegen bewundern und davon träumen, einmal selbst mit Skijöring Geld zu verdienen. Natürlich werden sie auch ihren Papa anfeuern. Der freut sich, weil er zum ersten Mal mit seinem neuen norwegischen Jagdhund Sammy ein so großes Rennen laufen darf.

Oliver Häußler

Bei der Schlittenhunde-WM, die gestern in Todtmoos begann, gibt es am nächsten Wochenende in Bernau auch Skijöring- und Pulka-Wettbewerbe. Infos: [TEL] 07675/1600-35. Eintritt: 6 Euro; 10 Euro pro Wochenende, Kinder bis 16 Jahre frei.

Ressort: Zisch

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 08. Februar 2003: PDF-Version herunterladen

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