"Freisein für Gott"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Schwester Felizitas vom Günterstaler Kloster St. Lioba darüber, wie es ist, eine Nonne zu sein.  

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Sieht aus wie ein Ferienparadies – das Kloster St. Lioba in Freiburgs südlichstem Stadtteil Günterstal. Foto: Thomas Kunz

Schwester Felizitas ist die Subpriorin der Benediktinerinnen im Kloster St. Lioba in Günterstal. Das Gebäude wurde Ende des 19. Jahrhunderts zum privaten Nutzen einer Familie erbaut und seit 1927 von den Schwestern bewohnt. Über das Leben im Kloster und den damit verbundenen Alltag spricht Schwester Felizitas mit Jana Herr und Sophia Kury, beide Schülerinnen der Klasse 9a des Schulzentrums Oberes Elztal in Elzach.

Zischup: Wann und wie haben Sie beschlossen Schwester zu werden?
Schwester Felizitas: Da kann man nicht wirklich von einem Beschluss reden. Bei mir war es so, dass ich gemerkt habe, dass ich meinen Glauben mit anderen leben möchte und mir da die Gemeinde und der Sonntagsgottesdienst nicht gereicht haben. Ich wollte meinen Glauben intensiver leben. Es kam nicht von jetzt auf gleich. Da ich erst 21 war, und mir alle sagten, ich solle erst mal mein Leben leben, erkannte ich, dass sie dachten, im Kloster habe man kein richtiges Leben mehr, doch für mich war es das Leben, nach dem ich mich sehnte.

Zischup: Wie hat Ihre Familie auf Ihre Entscheidung reagiert?
Schwester Felizitas: Sehr unterschiedlich. Meine Eltern haben gesagt: "Wenn du denkst, das ist dein Weg, dann mach das." Meine drei Brüder konnten es sich überhaupt nicht vorstellen, und meine zwei Schwestern glaubten es erst so richtig, als ich dann dort war. Ich habe gemerkt, viele denken, Kloster sei etwas Abgeschlossenes, etwas Abgesperrtes, und dass man dort nicht leben kann. Doch mittlerweile haben es alle akzeptiert.

Zischup: Was haben Sie gemacht, bevor Sie Schwester wurden?
Schwester Felizitas: Ich machte eine Ausbildung als Hauswirtschaftsleiterin und bin dann direkt nach dem Examen in das Kloster gegangen.

Zischup: Hatten Sie auch mal Zweifel an Ihrer Entscheidung?
Schwester Felizitas: Man hat Höhen und Tiefen, in denen man sich fragt, was mache ich hier eigentlich. Doch insgesamt war es immer ein klares Ja. Für mich war es immer wichtig, nie in einer Krise aufzugeben. Für mich war es hinterher immer klarer, dass es ist, was ich möchte.

Zischup: Wie ist der gewöhnliche Tagesablauf im Kloster?
Schwester Felizitas: Es ist so, dass wir etwa um 5.15 Uhr aufstehen. Der gemeinsame Tag beginnt dann um sechs Uhr mit dem Morgengebet, das eine dreiviertel Stunde lang dauert. Danach ist Zeit zum Frühstücken mit anschließender Schriftlesung, bei der wir uns mit der Bibel beschäftigen. Von 7.45 Uhr bis 8.20 Uhr ist die heilige Messe, und danach beginnt der Arbeitstag. Um zwölf beten wir das Mittaggebet, beim anschließenden Essen schweigen wir und hören die Tischlesung, das heißt, dass eine der Schwestern Teile aus der Benediktusregel, der Heiligenbiographie, wichtige Artikel aus der Zeitung und fortlaufend aus einem ausgewählten Buch vorliest. Bis 14.30 Uhr haben wir dann Mittagspause mit anschließender Zeit der Stille bis 15 Uhr. Bis 17.30 arbeiten wir dann wieder, und um 17.45 Uhr folgt das Abendgebet. Beim anschließenden Nachtessen ist Zeit zum Gespräch. Den Tag beschließt das Nachtgebet, danach ist bis zum nächsten Morgen wieder Zeit der Stille, bei der wir Zeit haben, zu beten und den Tag nachklingen zu lassen, wo und wie sich Gott zeigt.

Zischup: War es eine Umstellung vom normalen Leben in den Klosteralltag?
Schwester Felizitas: Am Anfang war der strukturierte Tagesablauf schon eine große Umstellung. Inzwischen habe ich jedoch gelernt, meine Arbeit liegen zu lassen, wenn die Kirchenglocke läutet. Es ist zwar eine Umstellung, doch man gewöhnt sich daran.

Zischup: Gibt es für die Schwestern auch Aktivitäten außerhalb des Klosters?
Schwester Felizitas: An diesem Sonntagabend zum Beispiel geht eine kleine Gruppe von uns ins Konzert und eine Gruppe geht montags immer zur Gymnastik, und ich zum Beispiel gehe einmal in der Woche zum Schwimmen. Es ist nicht so, dass wir nur auf das Kloster beschränkt sind. Alle Aktivitäten sind eine Sache der Absprache, und jede Schwester muss auch eigenverantwortlich entscheiden, was für sie passt. Das geistliche Leben und die gemeinschaftlichen Zeiten haben aber Vorrang vor Einzelaktivitäten.

Zischup: Haben Sie auch mal Urlaub?
Schwester Felizitas: Ja. Jede Schwester hat drei bis vier Wochen Urlaub im Jahr, wobei die meisten zu ihrer Familie gehen oder verreisen.

Zischup: Tragen Sie dort auch Ihren Habit oder normale Kleidung?
Schwester Felizitas: Es kommt ganz darauf an, wie man es selbst möchte. Früher war es vorgeschrieben, den Habit immer zu tragen. Doch heute können wir im Urlaub auch normale Kleidung tragen. Manche möchten auch mal nicht als Schwester erkannt werden, aber nicht, weil es ihnen peinlich ist, sondern weil sie auch mal nicht ständig darauf angesprochen werden möchten. Schwester sein hängt nicht von Habit und Schleier ab. Es ist es ein wichtiges Zeichen nach außen, doch eigentlich findet das meiste im Herzen statt.

Zischup: Gibt es auch Möglichkeiten einmal unverbindlich an dem Klosteralltag teilnehmen zu können?
Schwester Felizitas: Wir bieten zweimal im Jahr "eine Woche mittendrin" an, bei der fünf, sechs Frauen das Klosterleben die ganze Woche miterleben können. Allerdings sollte dies nicht aus reiner Neugierde stattfinden, sondern es geht darum, neue Erfahrungen zuzulassen.

Zischup: Was glauben Sie, was junge Menschen dazu bewegt, in das Kloster zu gehen?
Schwester Felizitas: Eine Berufung. Der Wunsch, den Glauben und die Gottesliebe in einer Gemeinschaft zu leben. Wenn sich heute jemand für diese Lebensform entscheidet, dann zieht es viele junge Menschen eher in sehr streng geregelte Klöster, da sie der Meinung sind "Wenn ich das lebe, dann richtig radikal".

Zischup: Würden Sie die Vorstellung vieler Jugendlicher bestätigen, dass es bei Ihnen einen strengen Tagesablauf gibt, an den Sie sich halten müssen?
Schwester Felizitas: Nein. Wir haben gemeinsame Lebensregeln und Abläufe, an die wir uns nicht halten müssen, sondern wollen. Es hat nichts mit Zwang zu tun, sondern ich habe mich dafür entschieden. Nicht, weil jemand es von mir verlangt, sondern weil ich es möchte.

Zischup: Könnten Sie das Leben im Kloster in ein paar Worten beschreiben?
Schwester Felizitas: Freisein für Gott. Das ist für mich die Kurzform, um was es hier geht.

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