Gemeinsam für den Frieden kämpfen

Mit einer Schulklasse sprachen eine Israelin und ein Palästinenserin über die Situation in Israel - und debattierten Lösungen.  

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Es gibt sie offenbar doch, die Hoffnung im Nahen Osten. An einem der letzten Schultage vor den Sommerferien sitzen Anat aus Israel und Latifeh aus Palästina gemeinsam vor der 10. Klasse des Berthold-Gymnasiums und stellen sich den Fragen der Schüler/innen. Wer eine aufgeheizte Debatte erwartet hat, wie es sie häufig gibt seit dem Ausbruch der zweiten "Intifada", wird eines Besseren belehrt. Die beiden Gäste aus dem Nahen Osten, die in Freiburg studieren, wollen gemeinsam ein Zeichen des Friedens setzen.

In Freiburg haben sich Latifeh und Anat kennengelernt und kämpfen inzwischen als gute Freundinnen für "den Frieden von unten". Trotzdem kann einen dieses Bild einer Freundschaft zwischen zwei jungen Menschen der so verfeindeten Parteien traurig stimmen. Denn es zeigt eine Situation, die derzeit so im Heiligen Land kaum möglich wäre. Beide Frauen erzählen, sie haben sich gesucht und gefunden, allerdings erst hier, weit weg von ihrer Heimat.

Die Schüler/innen können kaum erkennen, welche der beiden aus dem Land Sharons und welche aus dem Land Arafats kommt: Beide verurteilen die aktuelle Nahostpolitik und befürworten einen demokratischen Frieden. Dass eine friedliche "Völkerverbindung", wie die zwischen diesen beiden Studentinnen die Ausnahme ist, stellt sich in der Gesprächsrunde mit den Schüler/innen schnell heraus. Zunächst interessiert vor allem das Empfinden der palästinensischen Bevölkerung. Latifeh ist überzeugt, dass nur eine Minderheit der Palästinenser die Gewalttaten gegen Israel befürwortet. Viele Menschen hätten selbst Angst vor den radikalen Gruppierungen in Palästina. Die demütigende Politik biete aber einen breiten Nährboden für die Radikalen unter den Palästinensern.

Die Menschen aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen leben unter dem Eindruck der Besatzung, sagt Latifeh, manche haben vielleicht in israelischen Gefängnissen gesessen, alle haben die israelischen "Siedlungsfestungen" in ihrem Land gesehen, aber die wenigsten haben je einen israelischen Menschen kennen gelernt. Warum ziehen Israelis freiwillig in Siedlungen, wo sie in ständiger Angst leben, will eine Schülerin wissen. In den Siedlungen leben Menschen aus ideologischen Gründen, sagt Anat, und solche, die sich so einen Standard sonst nicht leisten könnten. Welchen Standard? Die Regierung, erklärt Anat, lockt mit Subventionen sich auf palästinensischem Boden niederzulassen. Und tatsächlich sähen die Siedlungen oft aus wie grüne Oasen mit schönen Häusern und Swimmingpools.

Der Blick ist jetzt mehr auf die israelische Bevölkerung gerichtet. Wie denkt die junge Generation über die Palästinserfrage, möchte ein Schüler wissen. Erst mit der Politik Yitzak Rabins in den achtziger Jahren wurde den Menschen in Israel bewusst, dass man mit den Palästinensern nachhaltig verhandeln kann und muss, erzählt Anat, und die Zustimmung zu Rabins Politik der Aufgabe von Land für Frieden war riesengroß, "aber diesen Fortschritt in den Köpfen verliert die heranwachsende Generation mehr und mehr."

Anat spricht auch von der alltäglichen Angst, die einen immensen Einfluss auf die Einstellung der Menschen nimmt. Die Situation ist verfahren und komplex, das verstehen die Schüler/innen. Aber sie hegen dennoch die Vorstellung, dass Frieden so einfach sein könnte. Nur wie? An dieser Frage sind Politiker aus allen Regionen der Welt gescheitert.Kaum einer der Jugendlichen traut den jetzigen Parteien in Israel zu, die Lage aus eigener Kraft zu beruhigen. Allerdings gehen die Schüler/innen viel rigoroser mit den Politikern ins Gericht. Die 17-jährige Anne-Christin könnte sich vorstellen, dass Deutschland sich einsetzt, Sharon vor ein Gericht zu bringen. Das Vertrauen in Sharon hat Mitschüler Tim Lechler genauso verloren, wie das in Arafat, der seiner Auffassung nach den Terror geschürt hat und die Kontrolle über die radikalen Gruppen verloren hat.

"Deutschland muss Israel vor drohenden Fehlern bewahren." Tim Lechler, 15 Jahre

Die Jugendlichen setzen ganz auf militärische Intervention und humanitäre Hilfe. Bedenken gegen einen deutschen Militäreinsatz halten den Argumenten der Jugendlichen nicht stand. Tim Lechler: "Deutschland muss wegen seiner Geschichte sogar eine besondere Verantwortung übernehmen und Israel vor drohenden Fehlern bewahren." Auch Philipp Reinartz, 16 Jahre, traut der Hilfe von außen die besten Erfolgsaussichten zu. Er schlägt eine Schutztruppe der UNO vor, die Zivilisten schützen soll. Die Deutschen sollten als Abgesandte diplomatischer Delegationen die Grundzüge eines palästinensischen Staates besprechen: "Details des Staates werden nach Neuwahlen in beiden Ländern festgelegt." Der Rückzug der Schutztruppen erfolgt nach dem Aufbau eines Palästinenserstaates und der Ursachenbekämpfung des Terrorismus. Der 16-jährige Michael findet, Israel soll die Siedlungen abbauen. Im Gegenzug müssten die Palästinenser entwaffnet werden und Arafat müsste sich verpflichten, den Terror zu verhindern - bei gleichzeitiger Anerkennung aller arabischen Staaten durch Israel.

Inspiriert von Anat und Latifeh schlagen einige Schüler/innen darüber hinaus eine "Politik von unten" vor, die die Menschen im Nahen Osten mehr einbeziehen muss. Anne-Sophie Brändlin, 16 Jahre, traut den Politikern nicht zu, den Hass jemals beilegen können. Sie stellt sich die Gründung von Begegnungsstätten in und außerhalb Israels vor, wo sich Israelis und Palästinenser akzeptieren lernen und einsehen, dass man gemeinsam mehr erreichen kann. Die zwei Freundinnen aus Israel und Palästina sind am Ende zufrieden: "Die SchülerInnen hatten kluge Fragen und Ideen!"

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