Tischtennis
Horst Haferkamp: "Ein Patentrezept bei den Mädchen haben wir noch nicht gefunden"
Der gebürtige Offenburger Horst Haferkamp kennt die regionale Tischtennisszene wie kaum ein Zweiter. Der Präsident des Verbandes Baden-Württemberg benennt im Interview Probleme und kündigt das Ende seines Wirkens an.
Mi, 11. Jun 2025, 17:45 Uhr
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Mehr als sein halbes Leben lang war Horst Haferkamp ehrenamtlich im Tischtennis tätig. Bei der Vorstandswahl am 29. Juni in Villingen-Schwenningen wird der Präsident nicht mehr antreten. Der 78-Jährige will Platz machen für "einen jüngeren Nachfolger oder eine jüngere Nachfolgerin mit neuen Ideen". Im Gespräch mit der Badischen Zeitung blickt er auf die schwierigen Coronajahre zurück, benennt Schwierigkeiten im Nachwuchsbereich und verweist auch auf die tollen Ergebnisse der regionalen Athleten bei der deutschen Meisterschaft in Erfurt in der vergangenen Woche.
BZ: Die Corona-Pandemie hat vielen Hallensportarten enorm zugesetzt. Auch im Tischtennis waren die Zahlen der Mannschaftsmeldungen zunächst rückläufig. Wie hat sich das entwickelt?
Das ist für mich nicht so einfach zu beantworten, da ich nicht die kompletten Einblicke habe. Ich kann nicht für jeden Bezirk sprechen, aber im Großen und Ganzen sehen wir mittlerweile keine negativen Einflüsse mehr. Das hat sich aus meiner Sicht heraus erholt. Das sehen wir auch an den einzelnen Kadern, gerade in der Spitze haben wir keinerlei größere Rückläufe oder beispielsweise fehlende Talente. Zumindest in diesem Bereich ist nichts zu erkennen. In meinem Verein, dem TTC Renchen, hat es sich nach einer kurzen Flaute auch wieder auf einen völlig normalen Stand erholt.
BZ: Wie ist Ihr generelles Gefühl, bezüglich der Situation im Nachwuchs?
Die Nachwuchsförderung stand in den zwei Jahren Corona nahezu still. Anschließend hat es sich natürlich gezeigt, dass wir Kinder verloren haben. Das hat sich aber vielerorts und auch in den Vereinen, in denen ich mich erkundigt habe, erholt. Auch die Zusammenarbeit mit den Schulen läuft vielerorts wieder.

BZ: Speziell im Mädchenbereich sind die Probleme aber geblieben. Wieso gelingt es hier nicht, eine große Begeisterung zu entfachen?
Wenn Sie mir sagen könnten, wie wir die Mädchen mehr in die Halle bekommen, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar. Es ist ein grundsätzliches Problem, das keiner an der Wurzel packen oder erkennen kann. Mädchensport im Tischtennis ist seit Jahren rückläufig. Ein Patentrezept bei den Mädchen haben wir noch nicht gefunden. Wir versuchen extrem viel durch diverse Aktionen, aber es ist uns bisher nicht gelungen, an der Basis anzukommen.
BZ: Dabei ist Tischtennis alles andere als ein untypischer Mädchensport. Es gibt aber auch Ausnahmen ...
Richtig. Es gibt Vereine, die es auch aus der Tradition heraus schaffen, Mädchen für sich zu gewinnen und auch zu halten. Aber in der Menge sind das deutlich weniger als bei den Jungs. Ich habe da aber auch keine klare Erklärung für. Man versucht es schließlich seit Jahren äußerst intensiv, um dem entgegenzusteueren.
BZ: Im Verband hat es in den vergangenen Jahren einige Umstrukturierungen gegeben. Wie greifen diese?
Nach der Fusion zwischen Südbaden und Württemberg hat sich bezüglich der Leistungszentren, zu denen auch Freiburg gehört, nicht viel entscheidend verändert. Diese Stützpunktstruktur gab es auch zuvor schon mehr als 15 Jahren. Das läuft insgesamt hervorragend. Zuletzt hatten wir bei der deutschen Meisterschaft in Erfurt auf der obersten Ebene, und dort auch speziell bei den Mädchen, herausragende Ergebnisse inklusive Podestplätzen.
BZ: In Timo Boll hat das deutsche Tischtennis ein Aushängeschild verloren, die internationale Konkurrenz hat auch in Europa aufgeholt. Wie ist Ihr persönliches Empfinden mit Blick auf die kommenden Jahre?
Das ist eine gute Frage. Nicht nur durch das Karriereende von Timo Boll hat sich einiges verändert. Europa ist eng zusammengerückt, die Spitze ist sehr nahe beieinander. Ich sehe in Anette Kaufmann aus Böblingen, die in Erfurt zum zweiten Mal deutsche Meisterin wurde, ein künftiges deutsches Aushängeschild. Sie macht bereits eine ganz tolle Präsenzarbeit.
BZ: Ihr Engagement an der Spitze des Verbandes endet in den nächsten Wochen. Was hat Sie dazu bewegt, nicht mehr zu kandidieren?
Nach vielen Jahren als Präsident im südbadischen Tischtennisverband und nun in Baden-Württemberg werde ich meine Arbeit an der Spitze des Verbandes beenden. Ich sehe mich vom Alter her an der Zeit, den Jüngeren Platz zu machen. Es war für mich eine wunderbare Zeit, aber jetzt ist es an der Zeit, um den Stab weiterzureichen.
Horst Haferkamp (78) ist seit 1981 in allen möglichen Ehrenämtern im Tischtennis tätig. Der Familienvater ist Präsident des Verbandes Baden-Württemberg und trainierte unter anderem die DJK Offenburg in der zweiten Bundesliga der Männer.