Stechmücken-Atlas

Immer mehr exotische Mücken in Deutschland

Wo gibt’s in Deutschland die meisten Steckmücken? Und welche Mücken leben hier? Wissenschaftler arbeiten aktuell an einem Mücken-Atlas für Deutschland.  

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In diesem Sommer vermehrt in Südbaden gesichtet: die Asiatische Tigermücke  | Foto: dpa
In diesem Sommer vermehrt in Südbaden gesichtet: die Asiatische Tigermücke Foto: dpa
Sie summen, sie stechen und können gehörig auf die Nerven gehen: Stechmücken. Um mehr über ihre Verbreitung zu wissen, arbeiten Wissenschaftler an einem Atlas, der genau zeigt, wo in Deutschland die fliegenden Plagegeister bevorzugt leben. Dabei stellte sich heraus, dass die Insekten es 2015 nicht einfach hatten – und dass auch unter Sechsbeinern immer mehr Zuzug aus exotischen Gefilden stattfindet.

2015 gab es weniger Mücken als sonst

Angler und Ausflügler haben es in diesem Sommer bemerkt: 2015 war kein Mückenjahr. "Es war einfach viel zu trocken. Im Frühjahr fehlte nach dem milden Winter die Schneeschmelze und auch später regnete es kaum", erläutert Doreen Walther, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) im brandenburgischen Müncheberg. "Mücken lieben es nass und brauchen Brutgewässer."

Seit vier Jahren arbeitet Walther gemeinsam mit Helge Kampen vom Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit in Greifswald an einem bundesweiten Mückenatlas. Das Portal soll Aufschluss über die Verbreitung heimischer und zugewanderter Stechmückenarten geben. Es basiert auf der Mithilfe von Bürgern: Sie sollen im Umfeld vorkommende Mücken einfangen und an das ZALF schicken.

Walther bestimmt dann die Art und speist die Datenbank mit dem Fund. "Jede Mücke zählt", sagt sie. "Wir brauchen noch viel mehr Einsendungen gerade aus dünn besiedelten Regionen."

Dass es in diesem Jahr kaum Mücken gab, zeigt auch die Zahl der Einsendungen: Nur etwa 3000 Tiere wurden seit Januar in Streichholzschachteln, Pillen- und Filmdöschen eingeschickt. 2013, bei weitaus mückenfreundlicherer Witterung, erhielt Walther 12 000 Exemplare.

Asiatische Tigermücke und Asiatische Buschmücke machten das Mückenjahr spannend

Dennoch sei das Jahr "sehr spannend" gewesen, sagt sie. Während heimische Arten tiefe Wasserflächen brauchen, reichen eingewanderten Exoten wie der Asiatischen Tigermücke und der Asiatischen Buschmücke kleine Gefäße mit geringem Wasserstand. "Sie legen ihre Eier beispielsweise in Untersetzer von Blumentöpfen oder in die kleinste Pfütze", erklärt die Forscherin.

Nachweise, dass beide Arten vor allem im Süden Deutschlands vorkommen, gibt es schon seit einigen Jahren. In diesem Jahr wurden vergleichsweise viele der Exoten eingeschickt. "Weil es so wenige einheimische Mücken gab, haben die Einwanderer einen Entwicklungsvorteil", so Walther. Welchen Einfluss sie auf heimische Arten haben, bleibt noch zu klären.

"Wir gehen davon aus, dass die Asiatische Tigermücke im Raum Freiburg bereits überwintert hat, inzwischen aber auch in Thüringen eine Population zu Hause ist", sagt die Mückenexpertin. Zudem liegen Hinweise aus Nordrhein-Westfalen und Bayern vor. Die Asiatische Buschmücke hat in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen umfangreiche Bereiche erobert. Erste Vorkommen gebe es auch in Hessen und Bayern, so Walther.

Tigermücken sind oft Urlaubsmitbringsel

"Tigermücken kommen immer wieder in Autos über die Alpen und werden an Raststätten freigesetzt", sagt der Parasitologe Egbert Tannich vom Hamburger Bernard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). Auch der Gebrauchtreifen-Handel nutzt dem Mücken-Transfer: Per Schiff kommen Reifen aus Asien nach Europa, wo sie zerschreddert und für den Straßenbau genutzt werden. In kleinen Wasserpfützen in den Reifen legen die Mücken ihre Eier ab, die dann mit auf die Reise gehen.

Was die exotischen Insekten so gefährlich macht, sind laut den Wissenschaftlern nicht die Stiche an sich, sondern die Krankheiten, die so auf den Menschen übertragen werden können – etwa das West-Nil-Fieber, Chikungunya oder Dengue. "Der Mückenatlas ist für uns eine wichtige Arbeitsgrundlage. Er zeigt uns, wo sich welche dieser gefährlichen Exoten bereits in Deutschland angesiedelt haben", sagt die Direktorin des Institutes für Tropenmedizin an der Berliner Charité, Gundel Harms-Zwingenberger. "Wir können so das Gefährdungspotenzial für die Verbreitung von Tropenkrankheiten besser abschätzen."

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