Bezirksfussball

Immer mehr Schiedsrichter fühlen sich auf dem Platz wie Freiwild

Schiedsrichter im Bezirk sind bei den Spielen immer häufiger Anfeindungen ausgesetzt. Immer mehr Unparteiische fühlen sich auf dem Platz wie Freiwild – und denken darüber nach, ihr Hobby an den Nagel zu hängen.  

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Die Lust zu pfeifen ist vielen Schiedsrichtern vergangen. Foto: Patrick Seeger/ Matthias Kaufhold
Am Freitag richten die Schiedsrichter des Bezirks Freiburg in Wyhl ihre jährliche Hauptversammlung aus. Die üblichen Berichte stehen an, Ehrungen werden eingestreut, Beförderungen verkündet und die Stimmung unter den Referees ausgelotet. Doch bei der Stimmung hakt es: Immer mehr Unparteiische fühlen sich auf den Plätzen wie Freiwild.

"Mit der Tätlichkeit gegen einen Schiedsrichter wurde nun endgültig eine Grenze überschritten", erklärt Matthias Fesenmeier. Seit über 20 Jahren ist er als Unparteiischer in den Amateurligen unterwegs, unter anderem auch in der Verbandsliga. Ein alter Hase, kann man sagen. Ein Erfahrener, der schon viele heikle Situationen erlebt hat. Er bezieht sich auf einen Vorfall am letzten Bezirksligaspieltag in Ballrechten-Dottingen. Dort soll ein Schiedsrichter in der Kabine ins Gesicht geschlagen worden sein. Daher schlägt Fesenmeier Alarm. Denn es rumort unter den Referees.

Wegen rassistischer Beleidigungen Spiel unterbrochen

Im April unterbrach ein Schiedsrichter eine Bezirksligapartie, nachdem er Mitte der zweiten Hälfte von Zuschauern rassistisch beleidigt worden war. Ließ durch den Stadionsprecher informieren, dass er bei einer Wiederholung die Begegnung gemäß des Regelwerks abbrechen würde. So weit so gut. Doch nach Wiederanpfiff erntete er für seine Entscheidung keineswegs Verständnis vom Publikum. Vielmehr wurden die letzten Minuten für den Unparteiischen zum Spießrutenlauf, Schmähungen ergossen sich über ihn – und am Ende zeigten die beteiligten Vereine nur Unverständnis für seine Entscheidung.

Verbale Beleidigungen gehören mittlerweile zum schlechten Ton auf dem Platz. Kasper, Witzfigur oder Blinder sind noch die harmlosesten Bezeichnungen, die sich Schiedsrichter jede Wochenende anhören müssen. Die erfahrenen Unparteiischen, mit vielen Jahren und Spielen auf dem Buckel, haben sich mittlerweile ein dickes Fell zugelegt, versuchen die Beleidigungen der Zuschauer zu ignorieren.

Schiedsrichter opfern jede Menge Freizeit

Die Schiedsrichterei ist für alle in den unteren Ligen ein Hobby. Es gibt lediglich eine Aufwandsentschädigung, Fahrtkosten werden erstattet. Dafür opfern sie jede Menge Freizeit. Sie stehen allein auf dem Platz, haben von Beginn an 22 Akteure und das Publikum gegen sich. Sie sind fehlbar, treffen auch mal falsche Entscheidungen und sind sich dessen bewusst.

"Ärgerliche Äußerungen über unsere Entscheidungen kann ich ja verstehen, da sind Emotionen im Spiel, aber wenn dir dann ein Spießrutenlauf durchs Publikum zur Kabine ansteht, dann ist dies nicht mehr akzeptabel", sagt Fesenmeier. So erging es ihm diese Saison schon ein paar Mal, er macht sich daher Sorgen. Immer mehr Kollegen denken darüber nach, ihr Hobby an den Nagel zu hängen. "Gefühlt sind von 50 Neulingen nach zwei Jahren noch zehn dabei. Die fragen entgeistert nach ihren ersten negativen Erfahrungen: ’Könnt ihr nichts dagegen machen?’", so Fesenmeier. Doch es sind nicht nur die Neuen, auch genug Altgediente an der Pfeife verlieren mittlerweile die Lust. Der Verband, aber vor allem auch die Vereine sind nun gefragt. Die Grenze des Erträglichen sei längst erreicht.

"Der Respekt ist nicht mehr vorhanden." Anton Dixa
Das Problem hat auch Bezirkschiedsrichterobmann Anton Dixa erkannt: "Sprüche von Außen gab es schon immer, doch in den letzten Jahren haben sie eine neue Qualität erreicht." Die Kommentare sind nicht mehr allgemein gehalten. Mittlerweile wird es persönlich. "Neulich kam ein Vater zu mir und erklärte, seine Tochter würde nicht mehr als Schiedsrichterin zur Verfügung stehen", erzählt Dixa. Die Unparteiische war von Zuschauern als Hure beschimpft worden. "Der Respekt ist nicht mehr vorhanden", hat Dixa festgestellt.

Das ist in seinen Augen auch mit ein Grund für die große Fluktuation. "Wenn wir über einen Zeitraum von fünf Jahren 150 neue Referees dazu gewinnen, verlassen uns gleichzeitig 150." Dixa erklärt, das in den ersten zwei Jahren 40 Prozent wieder abspringen. Eine richtige Lösung, wie man das Problem in den Griff bekommen kann, hat er auch nicht parat. "Hier sind die Vereine gefragt, auf ihr Publikum einzuwirken. Auch sollten wir die Bezirksaktion ’Gewalt gehört ins Abseits’ wieder stärker in der Vordergrund rücken." Dixa und sein Führungsteam kandidieren bei der Versammlung am Freitag für eine Wiederwahl.

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