Kloster-Besetzung

"Jeden Tag Wunder" - Welle der Hilfe für rebellische Nonnen

Ein besetztes Kloster und Zehntausende Instagram-Fans: Viele Menschen unterstützen die Ordensschwestern von Goldenstein. Doch im Hintergrund schwelt ein juristischer Kirchen-Konflikt.  

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Helferinnen und Helfer haben einen Instagram-Kanal für die Chorfrauen eingerichtet. Foto: Noah Hatz/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Elsbethen (dpa) - "Wir erleben jeden Tag Wunder", sagt Schwester Bernadette. Seit sechs Wochen besetzt sie mit zwei weiteren betagten Ordensfrauen das ehemalige Kloster im Schloss Goldenstein in Österreich. Sie berichten von einer Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft - auch aus Deutschland. Ihr Status bleibt zwar ungeklärt, doch eine Zwangsräumung müssen sie vorerst nicht fürchten.

Über den bewaldeten Bergen um Goldenstein in Elsbethen bei Salzburg hängt schon herbstlicher Nebel, doch im Klostergarten blühen noch einzelne Rosen. Hier hatten Schwester Bernadette (88), Schwester Regina (86) und Schwester Rita (82) jahrzehntelang gelebt und in der angeschlossenen Mittelschule gearbeitet, bevor sie in ein Altenheim verlegt wurden - gegen ihren Willen, wie sie der Deutschen Presse-Agentur sagen.

Anfang September nahmen sie aus dem Heim Reißaus, ließen ihr leerstehendes Kloster aufsperren und richteten sich dort wieder ein. Dadurch gerieten sie in Konflikt mit dem für sie zuständigen Ordensleiter und sorgten für internationale Aufmerksamkeit in den Medien.

Hilfe aus Hessen

Bernadette gleitet mit einem Treppenlift hinab zum Gebet in die Kapelle, die zwei anderen Augustiner-Chorfrauen brauchen trotz ihres Alters keine Hilfe. Der Lift wurde von einer Firma aus dem nordhessischen Neukirchen vor Kurzem gespendet und eingebaut. Die Kapelle ist mit Blumen geschmückt. Eine ehemalige Schülerin der Nonnen, die einen Blumenladen betreibt, hat dafür gesorgt.

"Ich bin halt so gerührt", sagt Schwester Rita. Sie wird emotional, wenn sie von der Zuneigung spricht, die den Nonnen von Schülerinnen, Freunden und bislang Unbekannten entgegenschlägt. "Das stärkt halt einfach", sagt die ehemalige Erzieherin der Mittelschule, die die Nonnen in Goldenstein betrieben hatten.

Helferinnen und Helfer haben einen Instagram-Kanal für die Chorfrauen eingerichtet. Etwa 70.000 Follower verfolgen so ihr Leben - vom Beten bis zum Knödel-Kochen von Bernadette, die früher in der Schule Kochlehrerin war. Auf einem Spendenkonto sind mehr als 21.000 Euro eingegangen. Vor wenigen Tagen wurde eine Pflegerin für die drei Frauen organisiert.

Keine Räumung in Sicht

Doch hinter der scheinbaren neuen Idylle in Goldenstein steht ein schwerer Konflikt zwischen den Schwestern und dem Leiter des nahegelegenen Augustiner-Stifts Reichersberg, der für die Nonnen zuständig ist. Der Leiter, Propst Markus Grasl, hat sie dazu aufgerufen, in das Altenheim zurückzukehren; die drei Frauen haben Grasl und einen weiteren Kirchenmann bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

Denkt der Propst jetzt daran, das Kloster räumen lassen? Die Antwort seines PR-Beraters und Sprechers ist eindeutig: "Nein", sagt Harald Schiffl, ein Experte für Krisenkommunikation. "Der Propst ist sehr langmütig und auch sehr gutmütig", sagt Schiffl.

Dennoch hat der Stifts-Leiter seit Anfang der Kloster-Besetzung nicht direkt mit den Nonnen gesprochen. Grasl wäre zwar bereit gewesen, über Lösungen zu reden, doch die Anzeige habe die Möglichkeit eines Dialogs zunichtegemacht, sagt sein Sprecher. "Die Schwestern hätten diesen unfreundlichen Akt seinlassen sollen und sich der Konsequenzen vorher bewusst sein sollen", sagt Schiffl.

Anzeige bei Staatsanwaltschaft

In der Anzeige fordern die Nonnen Ermittlungen zu ihrer Verlegung in das Altenheim vor fast drei Jahren, die aus ihrer Sicht rechtswidrig war. Außerdem solle der Verbleib von Hunderttausenden Euro an Ordens-Vermögen der Nonnen untersucht werden - sowie die Umstände, unter denen die Nonnen 2022 das Schloss Goldenstein unentgeltlich an das Stift Reichersberg und die Erzdiözese Salzburg abgetreten hatten.

Grasl hatte im September in einer Stellungnahme betont, dass die Nonnen aus gesundheitlichen Gründen nicht länger in Goldenstein wohnen konnten. Deshalb seien sie in das Heim übersiedelt, sagte er. Sein Sprecher kommentiert die anderen Aspekte der Anzeige nicht, denn sie liegt ihm bislang nicht vor.

Die Nonnen und ihre Helferinnen sagen hingegen, dass sich der Zustand der drei Damen seit der Rückkehr nach Goldenstein verbessert habe, besonders der von Schwester Regina. "Ja, es ist besser", sagt die 86-Jährige. "Frische Luft, Bewegungsmöglichkeiten", nennt sie als Gründe.


Doch die drei Nonnen denken nicht nur an die Vergangenheit, sondern auch an ihre Zukunft in Goldenstein. Im Frühling will Schwester Rita den Klostergarten samt Gewächshaus mit Blumen und Gemüse reaktivieren. "Ab Februar wächst die Natur wieder, und da werde ich dann wieder starten - so richtig", sagt sie.

© dpa‍-infocom, dpa:251020‍-930‍-182781/1

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