Zischup-Schreibwettbewerb Herbst 2020

Kalter Kaffee

Ein Café, eine Studentin und viele Kellnerinnen, die alles im Blick haben. Eine Geschichte von Helen Duppé, Schülerin der Klasse 9a des Kepler-Gymnasiums in Freiburg.  

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Ein Kaffee oder Espresso sollte warm getrunken werden.   | Foto: Frank Rumpenhorst (dpa)
Ein Kaffee oder Espresso sollte warm getrunken werden. Foto: Frank Rumpenhorst (dpa)
Der Kaffee ist kalt. Ich mag keinen kalten Kaffee. Liebend gerne hätte ich ihn warm getrunken. Ich werfe dem Schild einen bitterbösen Blick zu. Nur mit Maske im Sitzbereich! Danke! Seit das Café Montrella gestern wieder aufgemacht hat, habe ich meine Chance ergriffen, um meine Bachelor-Arbeit, wie alle klassischen Studenten in den Teenie-Filmen, ehrenvoll in einem Café abzuschließen. Natürlich darf das klassische Getränk nicht fehlen!

Es hat sich herausgestellt, dass ich die einzige dumme Kundin bin, die sich etwas in den Sitzbereich hat bestellen lassen. Ich wollte meine Maske abnehmen, um zu trinken, aber eine Kellnerin hatte mir einen warnenden Blick zugeworfen. Sowieso ist es sinnlos eine illegale Tat zu begehen, um diesen Kaffee zu trinken, wenn fünf Kellnerinnen sich strategisch im Raum verteilt haben, um mich im Auge zu behalten. Es ist gruselig! Und scheiße!

Seufzend schaue ich auf die Bläschen vom Milchschaum, die eine nach der anderen zerplatzen: Die Symmetrie des braunen Farns, den die Kellnerin mit Mühe hineingegossen hat, ist zerstört. Mein Blick schweift auf meinen Bildschirm, der auf Standby gegangen ist. Meine Finger klammern sich immer noch an das Aufputschmittel, ohne dass ich diesen blöden Aufsatz über Molekular-Technologie nicht beenden kann. Der Kaffee ist kalt. Er hilft aber, meine grauen Zellen aufzuwecken.

Vorsichtig schiebe ich mich von der gepolsterten Bank. Sofort habe ich die Aufmerksamkeit aller Kellnerinnen. Etwas peinlich berührt, schaue ich weg, als ich so tue, als würde ich aufs Klo gehen, wobei ich eigentlich auf das Sortiment aus Plastikbesteck, Holzstäben und Strohhalmen zusteuere. Die Strohhalme sind mein Ziel.

Zu meinem Glück klingelt die Tür, als eine ältere Dame hereingeschnauft kommt. Ich bin nicht mehr die Mitte der Aufmerksamkeit, nur noch eine Kellnerin schaut mich kurz warnend an, als ob ich etwas Verbotenes tun würde, dann fragt sie die Frau, was sie denn gerne hätte. Mit einer fließenden Bewegung greife ich mir einen der verpackten Halme und kehre an meinen Platz zurück. Ich streife die Papierverpackung ab und lege sie zerknüllt auf die Tischplatte. Ich sehe mich noch schnell um, bevor ich das Ende mit den Rillen unter der Maske in meinen Mund schiebe und den Strohhalm knicke, sodass ich das Gefühl habe einen Schnorchel falsch herum angezogen zu haben. Das andere Ende stecke ich in den kalten Kaffee.

Die Tür klingelt wieder, als die Dame das Café Montrella mit einer Papiertüte verlässt. Fünf Kellnerinnen schauen mich belustigt an – und ich fühle mich wie ein Kind, das beim Süßigkeiten-Stehlen erwischt wurde.

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