Born to be wild

Keine Weibchen: Einsamer Luchs wird umgeleitet

Naturschützer haben den Luchs "Cyril" aus Rheinland-Pfalz daran gehindert, in eine Gegend ohne Aussicht auf Sex abzuwandern: In Baden-Württemberg gibt es keine Weibchen.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
1/2
Ein Luchs auf der Lauer Foto: dpa
Wer beim Wildtier an Freiheit und Selbstbestimmung denkt, muss umdenken. Gerade Experten, die grundsätzlich ins Schwärmen geraten, wenn das Partygespräch auf den Wolf, den Luchs oder den Bären und auf deren Rückkehr ins zersiedelte Deutschland kommt, sehen im Einzelfall die Freiheitsliebe dieser Einzelgänger gar nicht so gern.

Das musste "Cyril" erleben, der jetzt binnen weniger Wochen erneut in Gefangenschaft kam und in eine Kiste gesperrt wurde, wenigstens zu Transportzwecken. Man wolle für ihn ja nur das Beste, behaupten seine Bewacher.

"Cyril" ist ein Luchs, der aus den slowakischen Karpaten stammt und in den Pfälzerwald entführt worden war. Er sollte dort, wie es im Behördendeutsch heißt, "eine Luchspopulation mitbegründen" – bei einem Date mit Rosa aus der Schweiz zum Beispiel oder mit Luna, die wie Cyril aus der Slowakei stammt, allerdings schon länger in der Pfalz untergetaucht ist. Man weiß nicht, ob es an Rosa lag – Sprachbarriere? – oder an der eigenwilligen Luna oder daran, dass er generell desinteressiert ist am anderen Geschlecht. Vielleicht hatte er auch einfach Heimweh, jedenfalls ging Cyril Anfang Juni auf Wanderschaft nach Südosten, querte den Rhein und kam nach Baden-Württemberg. Da die Experten einen Sender an seinem Hals befestigt hatten, wussten sie stets, wo er war – so viel zur Selbstbestimmung. Der Vergleich mit der elektronischen Fußfessel ist abwegig, die sitzt ja nicht am Hals. An einem von ihm gerissenen Reh im Auwald nahe dem Rhein baute man Cyril eine Schlingenfalle, er tappte hinein, wurde vom Tierarzt narkotisiert, und zurück ging es per Kiste in die Pfalz.

Warum der Aufwand? Ist es föderale Eifersucht, die den Badenern einen Luchs nicht gönnt, den die Pfälzer angeschafft haben? Oder hadern die "Wildtiermanager" damit, dass so ein Wildtier sich nur sehr ungern managen lässt? Glaubt man ihnen, war es nur Fürsorge: In Baden-Württemberg, sagen Cyrils Entführer, hätte er nach jetzigem Wissensstand keinen Sexualpartner gefunden. An Versuche im Zoo, die müden Insassen an ihre Arterhaltungspflichten zu erinnern, war man gewöhnt. In Stuttgart haben sie es bei Orang-Utans mit Fotos probiert, in Berlin extra ein Pandapärchen aus China eingeflogen. In der Wildnis wirken solche Zuchtversuche noch peinlicher.

"Wir hoffen sehr", sagt Projektleiterin Sylvia Idelberger, "dass Cyril diesmal die Anwesenheit der Luchsweibchen registriert und sich ein Revier im Pfälzerwald sucht." Wir dagegen würden ihm eine Liedzeile der Gruppe Steppenwolf ans einsame Herz legen: "Born to be wild".

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel