Körpergeruch hat einen Namen: Olf

Wissenschaftler können alles messen. Auch den Geruch, der einem an einem heißen Tag in Umkleidekabinen entgegenschlägt.  

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Bikinis fliegen über die Stangen, an denen die Vorhänge der Umkleiden befestigt sind. "Gibt’s das Höschen auch in 36?", schreit Friederike aus Kabine drei und Freundin Sophie reüssiert prompt. Gibt es. Anprobieren ist Schwerstarbeit und bei den sommerlichen Temperaturen erst recht.

Glaubt man Modeexperten, sollte man sich spätestens Ende Juli schon eingehend mit der kommenden Winterkollektion beschäftigt haben. So wie Marcel. Der heißt nicht nur Heizmann mit Nachnamen, er schwitzt auch kräftig in einem Übergangsmantel mit aufgesetzten Fellimitat. Ein süßlicher Geruch breitet sich aus: In einer der Boxen scheint sich ein Turnschuhträger seines allzu gut sitzenden Schuhwerkes entledigt zu haben. Härtefallszenen, die man nur nach einem Deo-Werbespot erahnen kann. Oder wenn man wie Tina für die Umkleidekabinen einer H&M-Filiale zuständig ist. Sie erzählt von T-Shirts, die nach der Anprobe erst trocknen müssen oder gar nicht mehr in den Verkauf gehen können. Von schwitzenden Japanern, die kein Deodorant vertragen und bewollsockten Bayern – bei 34 Grad im Schatten.

Was Tina nicht weiß: Geruch kann man messen. Und zwar in Olf. Keine Erfindung der Deoforscher sondern von Physiologen. Das Olf (von lat. Olfactus = Geruchssinn) ist eine Einheit zur Bewertung der Stärke der Geruchsquelle. Ein Olf, das ist die Geruchsstärke, die von einem Otto-Normalkörperpfleger ausgeht, der sich im Schnitt 0,7 Mal pro Tag badet, 1,8 Quadratmeter Hautoberfläche besitzt und nicht etwa auf einer Baustelle Kisten schleppt, sondern einer sitzenden Tätigkeit nachgeht. Nicht zu vergessen: Damit die Rechnung aufgeht, muss täglich zumindest die Unterwäsche gewechselt werden. Die Geruchsstärke wird von Testpersonen ermittelt, die ein so genanntes Riecherkollektiv bilden. Das ist gar nicht so einfach, denn das Kollektiv bewertet die Intensität des Geruchs im Vergleich zu genormten Geruchsquellen. Ein sitzender Durchschnittsolfer hat somit den Geruchswert von einem Olf. 25 Olf sondert ein starker Raucher ab, ein Athlet kann es gar auf 30 Olf bringen.

Neben der Geruchsabgabe, die in Olf angegeben wird, gibt es auch ein Maß für die Geruchsaufnahme, das Dezipol. Spätestens jetzt wird sich der eine oder andere Leser an den Kopf fassen, sollte aber lieber die Nase zur Zeitung führen. Die riecht nämlich nach Druckerschwärze. Es gibt aber durchaus auch noch andere sinnvolle Einsatzorte für die Olf-Messtruppe: Erfasst werden nicht nur Gerüche von Menschen, Tieren oder Pflanzen, sondern auch Ausdünstungen von Baustoffen. Ein Kunstfaserteppich bringt es auf 0,4 Olf pro Quadratmeter, der klassische Marmorfußboden hingegen schlägt nur mit 0,01 Olf zu Buche.

Doch zurück zur Umkleidekabine: Ob Friederike den Geruch der Turnschuhe in der Nachbarkabine auch so schlimm findet wie Verkäuferin Tina, ist eine andere Frage. Der Olf-Wert sagt nämlich rein gar nichts über die Qualität eines Geruchs aus. Nur zwanzig Fahrradminuten später: Friederike und Sophie liegen am Baggersee. Die Sonne brennt, der Bikini riecht nach fabrikneuem Plastik, die Körper der Mädchen nach Sonnencreme und die Jungs nebenan nach zu viel Alkohol. Olfalarm in Opfingen, mittags um halb drei. Freundin Vanessa kommt vorbei, lobt Friederikes Bikini und die trinkend-triefenden Jungs auf der Nachbardecke. Die Schönheit des Geruchs liegt eben doch in der Nase des Betrachters.

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