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Soll die BZ Veranstaltungen der AfD ankündigen?

WIR MÜSSEN REDEN: Verschweigen ist auch keine Lösung

Thomas Hauser
  • Mo, 15. Oktober 2018
    Kolumnen

Konflikte müssen ausgetragen werden. Wer versucht, sie totzuschweigen, verschärft sie. Wie also umgehen mit dieser Lesermeinung? "Zum wiederholten Mal fiel mir in der Zeitung ein Veranstaltungshinweis der AfD ins Auge. Völlig unkommentiert wird kostenlos Werbung für eine Hetzveranstaltung gemacht. Warum tut Ihre Redaktion so etwas? Sie sind nicht dazu verpflichtet. Vielmehr sollte sich die Badische Zeitung verpflichtet fühlen, Position gegen Demokratiefeinde und Rassisten einzunehmen."

Der Leser hat recht. Die Badische Zeitung muss sich gegen Demokratiefeinde und Rassisten stellen. Wer diese Zeitung regelmäßig liest, wird bestätigen, dass sie diese Aufgabe ernst nimmt. Doch muss sie deshalb ablehnen, Veranstaltungen der AfD anzukündigen? Nein. Wem wäre damit geholfen? Zunächst einmal würde sie dieser Partei einen willkommenen Vorwand liefern, sich wieder einmal als Opfer zu inszenieren. "Seht her, wie es wirklich um die Meinungsfreiheit steht. Die Systempresse unterdrückt unbequeme Meinungen." Ihre Mitglieder und Anhänger würden zudem ohnehin über die gut ausgebauten digitalen Netzwerke der AfD von den Veranstaltungen erfahren. Alle anderen würden im Unklaren darüber gelassen, was diese Partei wo so treibt.

Freie Medien in demokratischen Gesellschaften aber informieren im Gegensatz zu sozialen Netzwerken nicht nur Gruppenmitglieder darüber, was in ihren Organisationen und Interessensbereichen läuft. Sie machen Gruppen, Organisationen und Institutionen auch für Außenstehende und Andersdenkende transparent. Das ist notwendig, um Konflikte sichtbar zu machen und sie austragen zu können, nicht ungezügelt, sondern nach den gesellschaftlich vereinbarten Regeln. Es könnte ja zum Beispiel jemand auf die Idee kommen, eine Veranstaltung der AfD nicht deshalb zu besuchen, weil er mit ihren Zielen übereinstimmt, sondern deshalb, weil er oder sie sich einen eigenen Eindruck verschaffen will oder weil er Anhänger oder Mitglieder mit seiner oder ihrer anderen Meinung konfrontieren will. Das ist, zugegeben, auf AfD-Versammlungen nicht ganz einfach und womöglich sogar riskant. Aber das wäre freier Meinungskampf. Wenn Angst demokratischen Diskurs bremst oder verhindert, muss man sich Sorgen machen um unsere freie Gesellschaft.

Ein weiteres kommt hinzu. Die AfD, so wirr, abstoßend und gefährlich viele ihrer Funktionäre und Anhänger auch sein mögen, ist keine verbotene Partei. Sie sammelt nicht nur Demokratiefeinde und Rassisten, sondern erschreckend viele Mitläufer. Sie ist, auch wenn ihr Geschrei einen anderen Eindruck nahelegen will, eine Minderheit. Sie kann gewählt werden und ist im Bundestag, aber auch in vielen Landtagen und Kommunalparlamenten vertreten. Wer dies schwer erträglich findet, sollte nicht nach Verboten oder Verdrängen rufen, sondern mithelfen, sie zu demaskieren und ihre politische Basis zu verkleinern.

Eine stabile demokratische Gesellschaft kann von ihren Gegnern eine Zeit lang in die Irre geführt werden, einzelne Bürgerinnen und Bürger vielleicht auch längerfristig. Aber politische Scharlatane entlarven sich zum Glück zuverlässig. Auch wenn es quälend lange dauern kann, bis das alle begriffen haben. Vor allem dann, wenn die demokratischen Kräfte sich nicht in bester Form präsentieren und viele Bürgerinnen und Bürger lieber konsumieren, als einen Leitspruch derer zu beherzigen, die die Herrschaft der SED-Kader in der DDR friedlich beendetet haben: "Entsesselt Euch."

Ressort: Kolumnen

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 15. Oktober 2018: PDF-Version herunterladen

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