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Zischup-Interview

"Mein Ziel ist, meine Frau und mein Kind zu holen"

  • Medea Sprengler, Klasse 8b, Kreisgymnasium (Neuenburg)

  • Fr, 28. April 2023
    Schülertexte

     

Jafar H. kam 2015 aus Afghanistan nach Deutschland. Medea Spengler erzählt er, wie es ihm heute geht. .

Jafar H. und Medea Sprengler  | Foto: Privat
Jafar H. und Medea Sprengler Foto: Privat
Zischup: Jafar, wir haben uns 2015 kennengelernt. Du kamst als Flüchtling aus Afghanistan in die Gesamtunterkunft in Neuenburg. Wie war das damals für dich, neu in einem fremden Land, ohne die Sprache zu können?
Jafar:
Die Zeit war für mich sehr schwierig. Die Flucht war lebensgefährlich. Ich war 40 Tage unterwegs. Manchmal bin ich Tag und Nacht gelaufen. Ich war alleine, ohne Familie. Die Reise war sehr schwierig. Ich bin über Afghanistan, Pakistan und den Iran in die Türkei gereist. Danach über Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn. Eigentlich wollte ich nach Finnland. Über Österreich kam ich nach Deutschland. Dort hat man mich gestoppt. So landete ich schließlich in Neuenburg. Ich habe ein paar Landsleute getroffen, die haben mir dann auch empfohlen, in Deutschland zu bleiben.

Zischup: Meine Mutter hat dir und weiteren fünf Flüchtlingen aus Afghanistan mit Kinderbilderbüchern Deutsch beigebracht. War das für dich ein komisches Gefühl, mit Kinderbüchern zu lernen?
Jafar:
Nein, überhaupt nicht. Das war sehr hilfreich beim Einkaufen. Ich war sehr zufrieden, das hat viel geholfen.
Zischup:
Was waren deine ersten Ziele in Deutschland?
Jafar:
Ich wollte eigentlich Zahnarzt werden. Aber dafür braucht man sehr gutes Deutsch.
Zischup:
Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen Afghanistan und Deutschland?
Jafar: Das kann man nicht sagen. Ich kann das auch nicht sagen. In Afghanistan ist schon 40 Jahre Krieg, hier in Deutschland nicht. Ich kenne dort nur den Krieg, ich weiß nicht, wie Afghanistan ohne Krieg ist. Es ist kein Normalzustand in Afghanistan, das kann man nicht mit Deutschland vergleichen. Vor 60 Jahren hatten wir noch eine Demokratie, das kann vielleicht mein Vater oder Großvater erzählen.
Zischup:
Wie lebst du heute?
Jafar:
Ich habe eine feste Arbeit, einen unbefristeten Vertrag und lebe in Lörrach. Ich habe meine eigene Wohnung. Ich würde gerne den Führerschein machen, aber den muss ich auf Deutsch machen. Das ist sehr schwierig. Es gibt in Deutschland keine Prüfung auf Afghanisch. Auf Arabisch schon, aber nicht auf Afghanisch.

Zischup: Hast du heute noch Kontakt zu Menschen in Neuenburg?

Jafar: Ja, ich habe noch Kontakt zu anderen Flüchtlingen und auch zu Menschen, die ich in Neuenburg kennengelernt habe und die mir auch geholfen haben. Ich besuche die auch manchmal.
Zischup: Wir haben dich kennengelernt als einen zielstrebigen Menschen. Du hast viel erreicht und kannst stolz auf dich sein. Was sind deine nächsten Ziele?
Jafar: Es gibt in Afghanistan ein Sprichwort. Das kann ich jetzt nicht übersetzen. Aber es bedeutet, dass man nicht aufgeben soll, dass es weiter geht. Dass man seinen Weg weitergehen soll. Mein nächstes Ziel ist, meine Frau und mein Kind zu mir nach Deutschland zu holen. Leider warten wir immer noch auf einen Termin in der Botschaft im Iran.

Ressort: Schülertexte

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