Netanjahus "starke" Antwort

Israels Regierung kündigt nach den jüngsten Anschlägen Maßnahmen gegen "Familien von Terroristen" an. Zivilisten sollen sich leichter bewaffnen können. Die Palästinenser beschuldigen ihrerseits Israel der Eskalation. .  

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Nach zwei palästinensischen Anschlägen in Ost-Jerusalem will die israelische Regierung künftig härter gegen Angehörige von Attentätern vorgehen. Das Sicherheitskabinett kündigte in der Nacht zu Sonntag an, "Familien von Terroristen, die Terrorismus unterstützen", die Sozialhilfe zu streichen. Auch werde die Regierung über einen Gesetzentwurf beraten, wonach Angehörigen ihre israelischen Ausweise entzogen werden können. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte eine "starke" und "schnelle" Antwort auf die Anschläge in Ost-Jerusalem angekündigt, bei denen sieben Menschen getötet und insgesamt fünf verletzt worden waren.

Die Minister einigten sich zudem auf einen leichteren Zugang zu Waffen für Zivilisten. "Wenn Zivilisten Waffen haben, können sie sich verteidigen", sagte der rechtsextreme Minister für Innere Sicherheit, Itamar Ben Gvir.

Die israelische Armee beschloss am Sonntag, zur Verstärkung der Polizei zwei Kompanien nach Jerusalem und in Ortschaften nahe des Westjordanlands zu verlegen. Aus Sorge vor neuen Anschlägen gilt bei der Polizei höchste Alarmbereitschaft.

Ebenfalls am Sonntag versiegelte israelisches Militär das Haus der Familie des Attentäters, der am Freitagabend vor einer Synagoge sieben Menschen erschossen und mindestens drei verletzt hatte. Die Regierung hatte zuvor mitgeteilt, das Haus werde vor seinem Abriss "unverzüglich versiegelt". Der Attentäter, ein 21-jähriger Palästinenser aus Ost-Jerusalem, war von der Polizei nach einer Verfolgungsjagd getötet worden. Die Polizei nahm nach dem Anschlag 42 Menschen zur Befragung fest, darunter Angehörige und Nachbarn des Attentäters.

Am Samstagmorgen hatte zudem ein 13-jähriger Palästinenser das Feuer im Viertel Silwan in Ost-Jerusalem nahe der Altstadt eröffnet und zwei Israelis schwer verletzt, einen 47 Jahre alten Mann und seinen 23-jährigen Sohn. Laut Polizei kam der Schütze aus dem Ostteil der Stadt. Der Junge sei von Passanten überwältigt und dabei verletzt worden. Am Sonntag erschossen nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums Vertreter eines zivilen israelischen Sicherheitsdiensts einen 18-jährigen Palästinenser in der Nähe einer jüdischen Siedlung im von Israel besetzten Westjordanland. Nach Angaben des israelischen Militärs war er mit einer Pistole bewaffnet gewesen.

Die Palästinensische Autonomiebehörde machte Israel für die neu aufgeflammte Gewalt in Nahost verantwortlich. Israel trage die "volle Verantwortung für die gefährliche Eskalation", erklärte die Behörde. Im Gazastreifen und im Westjordanland hatten Palästinenser den tödlichen Anschlag vom Freitagabend gefeiert.

Einen Tag vor dem Anschlag vor der Synagoge waren bei einer Razzia der israelischen Armee im palästinensischen Flüchtlingslager Dschenin im Norden des Westjordanlands neun Palästinenser getötet worden, darunter auch Mitglieder der militanten Gruppierung Islamischer Dschihad, die sich ein Feuergefecht mit den Soldaten geliefert hatten. Als Vergeltung wurden am Freitag aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel abgefeuert.

Der Angriff vor der Synagoge am Holocaust-Gedenktag hatte international Bestürzung ausgelöst. Die EU und zahlreiche Staaten verurteilten den Anschlag, darunter die USA, Frankreich, Großbritannien, Russland, die Türkei sowie die arabischen Staaten Jordanien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich angesichts "der schrecklichen Attentate in Jerusalem" im Onlinedienst Twitter "zutiefst erschüttert".

Wie zuvor bereits eine Reihe westlicher Politiker mahnte Papst Franziskus am Sonntag ein Ende der sich immer schneller drehenden "Todesspirale" im Nahen Osten an. Er appellierte an beide Konfliktparteien, sich für "aufrichtige Bemühungen um Frieden" miteinander einzusetzen.

US-Außenminister Anthony Blinken will sich am Montag und Dienstag in Jerusalem und Ramallah um Deeskalation bemühen. Zum Auftakt seiner Nahostreise traf er am Sonntag in Kairo den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Ägypten gilt wie die USA traditionell als wichtiger Vermittler im Nahostkonflikt.

In Tel Aviv gingen derweil am Samstagabend erneut Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die umstrittenen Regierungspläne zu einer Justizreform zu protestieren, wonach das Parlament Entscheidungen des Obersten Gerichts mit einfacher Mehrheit widerrufen könnte. Der Anschlagsopfer gedachten die Demonstranten mit einer Schweigeminute.
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