Neues Label für Tierwohl
Orientierung für Verbraucher in fünf Stufen / Kritik an fehlendem Finanzierungskonzept.
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Mit einem fünfstufigen staatlichen Label zur Tierwohlkennzeichnung will Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) für mehr Transparenz, Tierwohl und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft sorgen. Zunächst soll das Label im kommenden Jahr für frisches Schweinefleisch eingeführt werden, weitere Tierarten sollen folgen. Unklar ist bisher, wie die finanzielle Unterstützung von Landwirten für den Umbau ihrer Ställe finanziert werden soll. Tier- und Umweltschützer forderten Nachbesserungen sowie ein tragfähiges Finanzierungssystem.
Eingeführt werden sollen die Haltungsstufen "Stall", "Stall+Platz", "Frischluftstall", "Auslauf/Freiland" und "Bio" als Extrakategorie. Die Verpflichtung soll im Laufe des kommenden Jahres für Schweinefleisch eingeführt werden, später sollen weitere Tierarten wie Rinder, Milchvieh und Geflügel hinzukommen.
Unklar blieb insbesondere die Finanzierung des Stallumbaus in den landwirtschaftlichen Betrieben. Laut Özdemir steht dem Landwirtschaftsministerium zunächst eine Milliarde Euro als "Anschubfinanzierung" zur Verfügung. Dieser Betrag reiche aber "ganz sicher nicht, wenn wir die Landwirtschaft zukunftsfest verändern wollen", sagte Özdemir. Innerhalb der Koalition gebe es da "noch Klärungsbedarf".
Kritik kam vom Koalitionspartner FDP. "Özdemir verteilt ungedeckte Schecks und lockt Bauern in die Investitionsfalle", kritisierte der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker. Er forderte ein "Auflagenmoratorium anstatt unsicherer Finanzierungszusagen der Politik". Bei Detailfragen des vorgelegten Konzepts gebe es "keineswegs Einigkeit, sondern zahlreiche offene Punkte".
Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte die vorgestellten Eckpunkte, äußerte jedoch Kritik insbesondere an der FDP, die eine zusätzliche staatliche Förderung des Stallumbaus ablehne. "Der Markt alleine wird es nicht schaffen, die bisher zugesagte eine Milliarde reicht nicht", erklärte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder. Nötig seien neben mehr Geld auch verbindliche Regelungen für Transport und Schlachtung sowie engmaschige Kontrollen.
Auch die Umweltorganisation BUND forderte ein tragfähiges Finanzierungssystem für den Umbau der Landwirtschaft. "Eine Kennzeichnung allein macht noch keinen Umbau", erklärte Bundesgeschäftsführerin Antje von Broock. Die "Verweigerungshaltung" der FDP gefährde "die Zukunft der tierhaltenden Betriebe", kritisierte sie. Broock forderte zudem die Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf alle Tierarten.
Özdemirs Vorschlag "schafft beim Einkauf kaum Orientierung darüber, wie die Tiere gehalten werden", kritisierte auch der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. Aspekte wie Transport, Schlachtung oder Tiergesundheit seien in den Kriterien nicht berücksichtigt. Özdemir müsse zudem für eine ausreichende finanzielle Unterstützung der Landwirte sorgen.
Verbraucherschützer begrüßten die Vorschläge, forderten aber ebenfalls Nachbesserungen. So forderte die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) Jutta Gurkmann engmaschige Kontrollen. Finanziell unterstützt werden sollten zudem nur Landwirte, die sich an die höchsten Tierschutzstandards hielten.
Die Organisation Foodwatch mahnte eine Reduktion der Anzahl der gehaltenen Tiere an, zudem müssten diese so gehalten werden, dass sie nicht erkrankten. "Ein Siegel, das nur auf die Haltungsform guckt, ist irreführend und blendet die entscheidenden Probleme aus − nämlich den Gesundheitszustand der Tiere", erklärte die Organisation.
Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, forderte eine zeitnahe Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf alle Tierarten. "Wir dürfen mit der Schließung der Lücken und der Einführung einer wirklich flächendeckend verbindlichen Herkunftskennzeichnung nicht bis zum Ende der Legislaturperiode warten", warnte Rukwied. Die Kennzeichnungspflicht müsse zudem "mit einem tragfähigen langfristigen Finanzierungskonzept flankiert werden".
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