Ohrwürmer für die einsame Insel

BZ-UMFRAGE (Teil I): Welches sind für Sie so ziemlich die besten Musiktitel? / Bei vielen Ortenauer Zeitgenossen steht gerade die Klassik ganz hoch im Kurs.  

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ORTENAU. Die besten Musiktitel aller Zeiten? X-mal wurde schon danach gefragt, ob im TV oder im Radio. Das machte uns neugierig. "Welche fünf würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?", fragten wir Frauen und Männer aus der Ortenau. Vorgaben gab's keine. Fazit: Bei vielen steht die Klassik ganz hoch im Kurs. Auch Rock und Pop. Zu einem schönen Volkslied wollte sich niemand bekennen. Sich auf fünf Titel zu beschränken, fiel vielen sehr schwer, wie unser Redakteur Hubert Röderer feststellen konnte. Zu guter Letzt interessierte uns, wer ein Instrument beherrscht.

Klaus Brodbeck, 47, Landrat des Ortenaukreises, in Renchen zu Hause: "Auf die Insel mitnehmen? Mit Sicherheit "La Traviata": Ich bin ein großer Freund von Verdi, habe in Verona wohl alle Opern von ihm gehört. Das hat auch mit meiner Liebe zu Italien zu tun. Ich würde auch den Gefangenenchor aus Nabucco mitnehmen. Außerdem den Titel "Bad Moon Rising" von Creedence Clearwater Revival, eine meiner Lieblingsbands meiner Jugendzeit. Tolle Stücke sind auch "A wonderful world" von Louis Armstrong und "Are you lonesome tonight?" von Elvis Presley. Mir gefallen auch "Hello, Dolly" und die Gregorianischen Gesänge, Titel von Bob Dylan, Deep Purple, Emerson, Lake & Palmer, auch Johnny Cash. Ich selbst spielte als Student in der Dixie-Band der Fachhochschule Kehl Tuba."

Marlis Weitzmann, 62, gelernte Fotografin, Hausfrau, Ehefrau (Horst Weitzmann, Badische Stahlwerke Kehl), Mutter, Großmutter und Vorsitzende des Deutsch-Polnisch-Russischen Freundeskreises in der Ortenau, in Lautenbach zu Hause. Ihre Beziehung zur Musik? "Zuhören". Auf einer Insel würde sie sich "auf das Meeresrauschen konzentrieren, froh, der ununterbrochenen Geräuschberieselung (Belästigung) entronnen zu sein. Sollte dann der Wunsch nach Musik wieder da sein, gibt es Vorlieben, je nach Stimmungslage: Verdi, Mozart, Beethoven, auch mal Wagner, Violin-Klavier-Konzerte, Opern." Aus der Jugendzeit fallen ihr noch ein: Harry Belafonte, Louis Armstrong, der Titel "Catch a falling star" ("Interpret weiß ich nicht"), Frank Sinatra.

Wolfgang Richter, 36, Realschullehrer, in Ettenheimmünster wohnhaft. Seine Beziehung zur Musik? "Rock'n' Roll-Funktionär (Vorstand der Lahrer Rockwerkstatt e. V.), Platten-Käufer. Instrument: Wander-Schrammel-Gitarre (nur zu Hause, ohne Publikum, live können das andere besser). Die fünf besten Songs zu nennen ist eine Aufgabe, die meines Erachtens schier unlösbar ist. Hier meine momentan subjektiv betrachteten (Jahreszeiten-, Stimmungs-etc. abhängigen) Favoriten: Beatles: "A hard day's night" - allein schon wegen des genialen Anfangsakkords ein Brüller, aber welcher Song der Fab Four ist das eigentlich nicht? Eigentlich ungerecht, einen von ihren Songs so herauszuheben. Dann "One" von U 2: Man kann Bono, den Sänger, hassen oder lieben. Ich finde ihn, diesen Song und die Band grandios.

Dann von R.E.M. den Titel "Everybody hurts" - noch so ein Sänger, der die Rockwelt spaltet, aber dieses Lied und das dazu gehörige Album "Automatic for the people" sind ein Meisterwerk! Außerdem: Patent Ochsner mit "Scharlachrot (live)". Kaum jemand kennt diese Band aus der Schweiz, eigentlich schade: schwermütige, dreckige oder böse Lieder auf Schwyzerdütsch. Zu guter Letzt: Lou Reed: "Perfect Day" - ein perfekter Song, obwohl Lou Reed sonst nicht so mein Fall ist."


Christine Elsaeßer, 19, Praktikantin der BZ in Lahr. Sie ist in Kiel zu Hause. Ihre Mutter stammt aus Friesenheim, wo sie derzeit zu Gast ist. Ein Jahr Klavier gespielt, aktiv in A-Cappella-Chören und in der Schulband. Ihre Favoriten: "Tracy Chapman, "The Promise"; Robbie Williams, "Better Man"; The Beatles, "All my Loving"; Sarah McLachlan, "Angel"; Tracy Chapman, "Say Hallelujah".

Tracy Chapman sei zeitlos und eine Klasse für sich: "Auf einem ihrer Konzerte in Hamburg habe ich sie erlebt. Sie füllt - à cappella - einen ganzen Saal mit ihrer Stimme und tritt mit ihren Texten als Gewissen der modernen Welt auf. Sehr bewundernswert und berührend!"

Wolfgang G. Müller, Oberbürgermeister der Stadt Lahr: "Welche fünf Titel aus der Welt der Musik für mich so ziemlich die allerbesten sind? Also: "Gracias a la vida" (Mercedes de Souza); "I did it my way" (Frank Sinatra); "Father and Son" (Cat Stevens); "Über den Wolken" (Reinhard Mey); "Wünsche" (Hannes Wader). Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, weil es nicht darum gehen kann, den Tagesgeschmack aufzulisten, sondern etwas tiefer zu graben.

Dennoch: Musikgeschmack und Vorlieben unterliegen Veränderungen. Dies gilt auch für diese, meine heutige Entscheidung. Mit den Titeln verbinde ich den Dank für mein Leben und meine Möglichkeiten, Dank an meine Eltern und meine Familie, gleichzeitig aber auch den Wunsch, weiterhin beharrlich bleiben zu können.

Meine Beziehung zur Musik? Im Schulorchester spielte ich Tenorhorn."

Christoph Jopen, Bürgermeister in Offenburg und Kreisrat, 52: "Wenn ich in meinen Jugenderinnerungen krame, fallen mir zuerst "Let it be" von den Beatles und "Delilah" von Tom Jones ein. Das waren unvergessliche Party-Hits der 60er Jahre. Aus der unendlichen Weite der klassischen Musik entscheide ich mich als erstes für das Cellokonzert h-Moll op. 104 von Antonin Dvorák in einer alten Aufnahme mit Mstislav Rostropovich und den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan. Diese Aufnahme habe ich auch als Student oft gehört.

Als zweites wähle ich die Streichquartette von Joseph Haydn in einer kompletten Aufnahme des Angeles Streichquartetts aus den 90er-Jahren. Das ist für mich großartige Kammermusik. Zuletzt möchte ich die f-Dur Romanze op. 40 von Beethoven hervorheben. Sie ist Teil einer Aufnahme, die mein Vater am Ende seiner beruflichen Laufbahn als Solobratscher bei den Düsseldorfer Symphonikern als musikalischen Nachlass für seine Kinder einspielte. Das Stück ist für Violine und Klavier geschrieben, in dieser Aufnahme spielt mein Vater die Viola, und Toni Illenberger begleitet ihn am Klavier. Ich erinnere mich genau, dass der Perfektionismus meines kürzlich verstorbenen Vaters diese Aufnahmen beinahe zum Scheitern brachte. Sein Perfektionismus war es auch, der verhinderte, dass ich ein Instrument erlernte. Das Urteil meines Vaters war eindeutig: Christoph ist "stockunmusikalisch". Er lag damit wohl richtig, aber auch unmusikalische Menschen können sich für Musik begeistern."

Annette Lipowsky, Pressereferentin der Stadt Kehl: "Was ich mag? Rock und Pop, manchmal Blues oder französische Chansons, selten Klassik. Wenn ich entscheiden sollte, was ich auf die berühmte Insel mitnehmen würde, würde ich zu den CDs greifen, die ich - teilweise seit Jahren - immer wieder am liebsten höre:

- R.E.M., "Automatic for the people" (bevorzugte Titel: Drive, The Sidwinder sleeps tonite, Sweetness follows, Man on the moon, Nightswimming.

- Cowboy Junkies, "Cresent Moon" (bevorzugte Titel: Cresent Moon, First Recollection, Ring on the Sill, Anniversary Song)

- Herbert Grönemeyer, "Mensch" (bevorzugte Titel: Demo - Letzter Tag, Unbewohnt, Zum Meer, Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht, Neuland)

- Alan Stivell, "The best of" (Marig Ar Pollanton, Pop Plinn, Tri Martolod, Ian Morrisson Reel). Oft ist mir aber auch nach Dire Straits, nach Neil Young und Crosby, Stills & Nash.

Welche Musik ich gerne höre, hängt von meiner Stimmung ab, von der Jahreszeit und vom Wetter. Für mich gibt es Musik für laue Sommernächte und für trübe Novembertage. Wenn ich zu Hause bin, läuft in der Regel auch Musik. Ich arbeite gerne mit Musik im Hintergrund. Ich wünschte, ich könnte richtig gut Gitarre spielen - aber zu mehr als zu Lagerfeuermusik in der Jugendleiter- und Ferienlager-Zeit hat es nie gereicht." Die 39-Jährige hat vier Kinder, die alle auch gerne Musik hören - von Nena bis Shakira .

Werner Bock, Chef der Messe Offenburg-Ortenau, wohnt in Oberweier: "Musik ist selbstverständlich ein wichtiger Teil meines Lebens, aber dieser Satz gilt wohl ausnahmslos für alle Zeitgenossen. Also nichts Spektakuläres oder Berichtenswertes. Was meine Vorlieben anbetrifft, so ist das auch relativ einfach. Ich war (schon als Jugendlicher) mehr auf E-Musik ausgerichtet denn auf U-Musik. Der Besuch meines ersten Popkonzerts ereignete sich im hohen Alter von 25, Oper hingegen viel früher. Erstaunlicherweise also E-Musik, obwohl ich als Kind kein Instrument lernte und somit bis heute in diesem Punkt passiv bin.

Im Laufe meines Lebens kam ich über Mozart, Bach, Beethoven und den üblichen Klassikern dann eines Tages (leider erst viel zu spät, nämlich in meinen 40ern) zu Mahler und Strauss (Richard, nicht Johann). Und an diesen hänge ich heute noch mit großer Leidenschaft (die "üblichen" Klassiker sind deswegen aber nicht verbannt worden). Mahler, Strauss, das ist "Zuhörmusik" vom Feinsten und keine "Hintergrundmusik". Diese Vorliebe hat nun dazu geführt, dass ich mir bisweilen spezielle Einspielungen besorge, wie z. B. Mahlers "Zweite" mit Kaplan am Pult. Übrigens: Kaplan ist ein ehemaliger amerikanischer Manager, der als Pensionär dirigieren lernte und heute ausschließlich (!) Mahlers "Zweite" mit den verschiedensten Orchestern in der ganzen Welt spielt. Ob's eine Marotte ist oder nicht, kann dahingestellt bleiben. Die Interpretation jedenfalls ist unglaublich schön."

Eberhard Roth, 50, Diplom-Verwaltungswirt, Geschäftsführer des evangelischen Verwaltungsamtes in Offenburg und Ortsvorsteher von Kippenheimweiler, verheiratet, drei Kinder, eine Enkelin: "Die Versuche meiner Mutter, mir ein Musikinstrument beibringen zu lassen, sind alle kläglich gescheitert.

Wenn mich irgendwann das Glück auf eine einsame Insel verschlagen sollte, stelle ich mir neben vielen anderen Dingen (teils lebensnotwendig oder auch nur zum Relaxen) im musischen Bereich die Beatles oder Elvis Presley als Dauerohrwürmer vor. Einerseits also "Yesterday", "Help", "Let it be", "All you need is love", andererseits "Surrender", "You'll never walk alone", "Are you lonesome tonight", "In the ghetto" und "Love me tender".

Reinhard Schemel, 58, Rechtsanwalt, Chef der CDU-Fraktion im Offenburger Gemeinderat, Kreisrat. Bis zum Abitur hat er als Cellist im Orchester des Grimmelshausen-Gymnasiums in Offenburg gespielt. Danach nur noch Musikkonsument ("leider"). Sich selbst bezeichnet er als "ganz miserablen Sänger", mit einigen Bierchen aber als "kräftigen Mitsänger von Studentenliedern". Auf die Insel würde Schemel mitnehmen: Beethoven, die 5. und 9. Symphonie (Berliner Philharmoniker), das Weihnachtsoratorium von Bach (Freiburger Bach-Chor), dazu "Let it be" und "Hey, Jude" von den Beatles - "alles von "Stimmung und Wetter auf der Insel abhängig".

Joachim Gottschalk, 51, Redakteur der Burda-Zeitschrift "Freizeit Revue", Ressortleitung Aktuelles/Unterhaltung. Chef der Ortenauer Band "Jimmy's Soul Attack": "Hier meine Lieblingsnummern, die ich auf eine Insel mitnehmen würde, obwohl die Zahl fünf sehr begrenzt ist. Deswegen nenne ich neun:

- Klassik: Beethovens "Mondscheinsonate", "Die Unvollendete" von Schubert und das Klavierkonzert 1 B-moll von Tschaikowsky.

- U-Bereich: "Try A Little Tenderness" von Otis Redding, "Spinning Wheel" von Blood Sweat & Tears, "The Wind Cries Mary" von Jimi Hendrix.

- Jazz: "Country Preacher" von Cannonball Adderly Quintett, "A Night In Tunesia" von Dizzy Gillespie, "Ralphs New Blues" vom Modern Jazz Quartett.

So viel zu einigen meiner Lieblingsstücke. Wobei ich bei längerem Überlegen sicher die eine oder andere Nummer austauschen würde - zumindest im U-Bereich. Schließlich gab es noch die Beatles, die Animals, die Stones und, und, und."


Harald B. Schäfer, 1972 bis 1992 Mitglied des Bundestages, 1992 bis 1996 Umweltminister von Baden-Württemberg, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in Offenburg, 65 Jahre: "Leider gab es für mich als Kind und Jugendlicher keine Möglichkeit, ein Instrument zu erlernen. Ich höre viel, am liebsten Barock - und Klassik, sehr gerne Kurt Weill, vor allem in Verbindung mit Bertolt Brecht, dann mag ich Volkslieder, hier vor allem Freiheits- und Arbeiterlieder, ganz oben "Die Gedanken sind frei".

Auf eine Insel würde ich mitnehmen: Ludwig van Beethoven, "Sinfonie F-Dur op. 68, Pastorale", dirigiert von John Eliot Gardiner. Diese Sinfonie ist für mich ein Glanzstück, das die Natur musikalisch beschreibt und intensiv erleben lässt, ein einziges Dankgebet an die Natur.

Weiter: Joseph Haydn, "Die Schöpfung", Chor und Symphonie-Orchester des Bayrischen Rundfunks (Leonard Bernstein). Die Einheit von Musik, Chor und Arie besticht, der Schwung und die Freude stecken mich an. Zuletzt: Kurt Weill/Bertolt Brecht, "Die Dreigroschenoper".

Das epische Theater Brechts in Verbindung mit den Songs von Kurt Weill ist und bleibt zeitlos."

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