Wahlkampf

Parteien machen vor Präsidentenwahl in Polen mobil

Bei zwei Großkundgebungen in Warschau demonstrieren die Anhänger der Präsidentschaftskandidaten Rafal Trzaskowski und Karol Nawrocki. Beide kämpfen vor der Stichwahl am 1. Juni um jede Stimme.  

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Der proeuropäische polnische Präsidentschaftskandidat Rafal Trzaskowski beim "Großen Marsch der Patrioten" in Warschau. (Foto aktuell) Foto: Leszek Szymanski/PAP/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Warschau (dpa) - Dichtgedrängt stehen die Menschen auf dem Platz vor dem Warschauer Rathaus. Sie schwenken rot-weiße Fahnen und rufen: "Ganz Polen ist für Rafal". Mehr als Hunderttausend sind aus dem ganzen Land zusammengekommen, um eine Woche vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen ihren Kandidaten zu unterstützen: Rafal Trzaskowski, liberaler Warschauer Oberbürgermeister und Bewerber aus dem Lager von Regierungschef Donald Tusk. 

Anderthalb Kilometer weiter am Charles-de-Gaulle-Platz ein ähnliches Bild. Auch hier ein Meer an weiß-roten Fahnen, nur dringt wuchtige Musik aus den Lautsprechern, und die Rufe sind anders: "Karol, Karol" und "Hier ist Polen!" Hier demonstrieren die Anhänger von Karol Nawrocki, dem parteilosen Kandidaten der oppositionellen PiS.

Vor der Stichwahl am 1. Juni steht es Spitz auf Knopf: Laut Umfragen können beide Kandidaten mit 47 Prozent der Stimmen rechnen. Beide Lager hoffen, mit den Großdemos noch etwas herauszuholen. Regierungschef Tusk schrieb, auf die Demo zur Unterstützung Trzaskowskis seien eine halbe Million Menschen gekommen. Das Portal Onet kam nach der Auswertung von Luftaufnahmen auf 130.000 bis 160.000 Teilnehmer. Die PiS gab die Zahl der Teilnehmer auf der Demo für Nawrocki mit 150.000 an. Nach Schätzungen von Onet waren es 70.000.

 

Wahlausgang auch für Deutschland wichtig

Polen ist ein politisch tief gespaltenes Land, und das Ergebnis dieser Präsidentenwahl wird den Kurs des EU- und Nato-Mitglieds maßgeblich bestimmen. Mit Auswirkungen für Deutschland und Europa.

Tusk braucht den Sieg seines Kandidaten Trzaskowski, um seine Reformpolitik umzusetzen und den von der PiS demolierten Rechtsstaat wieder herzustellen. Der bisherige Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, hat die meisten Gesetzentwürfe von Tusks Regierung mit seinem Vetorecht blockiert. Wird Nawrocki neues Staatsoberhaupt, dürfte er diese Blockadepolitik fortsetzen. Tusks Mitte-Links-Bündnis hat im Parlament nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit, um das Veto des Präsidenten aufzuheben. 

"Der Präsident sollte mit der Regierung zusammenarbeiten", findet der Abiturient Bartlomiej Morawiek, der aus Krakau gekommen ist, um für Trzaskowski zu demonstrieren. "Wir wollen eine Zukunft haben, und die sehe ich in der weiteren Integration in Europa." 

Buhlen um die rechtsextremen Wähler

Beim Marsch für den nationalkonservativen Kandidaten Nawrocki steht Patryk Pilus und hält seinem Baby die Ohren zu wegen der lauten Musik. "Ich bin gegen Trzaskowski, denn ich möchte nicht, dass alle Macht in den Händen einer politischen Kraft ist", sagt der 36-jährige Programmierer aus Torun. Es ärgere ihn auch, dass die Tusk-Regierung wichtige Projekte wie den Bau eines Atomkraftwerks oder eines Großflughafens verschleppe. Dass Nawrocki nur wenig Erfahrung in der Politik hat, sieht er eher als Vorteil.

 

Vor der Stichwahl blickt Nawrocki scharf nach rechts. Denn dort gibt es für den 42-jährigen Kandidaten der PiS die meisten Wähler zu holen. Die erste Wahlrunde offenbarte einen für viele schockierend hohen Zulauf für zwei rechtsextreme Kandidaten. Der 38-jährige Unternehmer Slawomir Mentzen, der mit einem MAGA-ähnlichen Programm ("Make America Great Again" war der Wahlkampf-Slogan von US-Präsident Donald Trump) vor allem bei jungen Männern punktete, bekam fast 15 Prozent der Stimmen. Der Antisemit Grzegorz Braun landete bei mehr als sechs Prozent.

Rechtsextremer will Zünglein an der Waage spielen

Beide schieden zwar aus dem Rennen aus. Doch Mentzen möchte nun das Zünglein an der Waage spielen. Er hat Nawrocki und Trzaskowski einzeln in seine Youtube-Show eingeladen und ihnen seinen Acht-Punkte-Plan zur Unterschrift vorgelegt. Davon macht er seine Wahlempfehlung abhängig.

Nawrocki schmeichelte Mentzen und setzte am Ende seine Unterschrift unter dessen Acht-Punkte-Plan. Darin verpflichtet er sich unter anderem, kein Gesetz zu unterschreiben, dass den Beitritt der Ukraine zur Nato ratifiziert, die nationale Währung Zloty zu verteidigen und keine Kompetenzen der polnischen Regierung an Brüssel abzugeben.

Trzaskowski dagegen lieferte sich mit Mentzen ein spannendes Rededuell und weigerte sich, dessen Acht-Punkte-Plan zu unterzeichnen. Es komme für ihn nicht infrage, die Perspektive eines Nato-Beitritts der Ukraine abzuschreiben, sagte er: "Putin versteht nur die Sprache der Stärke. Wenn die Ukraine keine Sicherheitsgarantien bekommt, sind wir als nächstens dran." Auf die Stimmen der Mehrheit von Mentzens Wählern wird Trzaskowski bei der Stichwahl nun wohl verzichten müssen.

Unterstützung vom Wahlsieger aus Rumänien

Unterstützung bekam der proeuropäische Kandidat bei der Demonstration in Warschau aber vom Wahlsieger der Präsidentenwahl in Rumänien, Nicusor Dan. "Das rumänische Volk hat Isolationismus und russischen Einfluss abgelehnt und sich für Ehrlichkeit, Integrität und die Achtung der Gesetze entschieden", sagte der künftige Präsident und gelobt gute Zusammenarbeit mit Trzaskowski. Der proeuropäische Dan hatte sich am 18. Mai bei der Stichwahl in Rumänien gegen den Rechtspopulisten George Simion durchgesetzt.

© dpa‍-infocom, dpa:250525‍-930‍-587770/3

Schlagworte: Karol Nawrocki, Rafal Trzaskowski, Slawomir Mentzen

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